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Produktionsnotizen
DIE HERZOGIN basiert auf Amanda Foremans Buch „Georgiana – Das lustvolle Leben der Herzogin von Devonshire“, das 1997 mit dem Whitbread Prize für die beste Biografie ausgezeichnet wurde und in Großbritannien monatelang auf den Bestsellerlisten stand. Produzentin Gabrielle Tana sicherte sich die Filmrechte an dem Buch kurz nach seiner Veröffentlichung 1998. „Ich kannte Amanda schon, ehe sie das Buch schrieb, und als ich es dann las, war ich restlos fasziniert und überzeugt, dass es eine großartige Vorlage für einen Film bot. Dass wir befreundet waren, erwies sich als hilfreich, denn es bestand von vielen Seiten Interesse an dem Stoff. Amanda war mit meiner Vision des Projekts einverstanden, und sie erwies sich auf sämtlichen Etappen als wichtige Beraterin, denn sie kennt die Helden der Geschichte in- und auswendig. Wenn man sich mit ihr über die Figuren unterhält, hat es den Anschein, als wären sie eins mit ihr.“
Die Geschichte der Georgiana hat Tana sofort begeistert. „Die Herzogin ist eine außergewöhnliche, unglaublich beeindruckende Person. Obwohl sie auf den ersten Blick alles hatte, was sich ein Mensch nur wünschen kann, wird bei näherer Betrachtung deutlich, dass dies nicht der Fall war. Ihre Privilegien erwiesen sich als ungeheure Last, und selten waren die Dinge so, wie sie schienen. Sie war eine einzigartige, kluge Frau. In gewisser Weise war sie eine Vorläuferin der emanzipierten Frau – sie war am politischen und gesellschaftlichen Leben interessiert und engagierte sich auch. Auf der anderen Seite war sie diese dekadente Adlige, deren Spielsucht sie in unvorstellbare Schulden trieb. Sie war ein Bündel an Widersprüchen, und genau das macht ihre Geschichte so interessant. Ihre inneren Kämpfe machen aus Georgiana eine überraschende, sehr reizvolle Figur.“
Foremans Buch deckt Georgianas Leben von der Geburt bis zum Tod ab. Tana hatte jedoch kein Interesse, eine Film-Biografie zu drehen. „Die Buchvorlage ist phantastisch, trotzdem wollten wir Georgianas Leben nicht vollständig nacherzählen. Letztendlich konzentrierten wir uns auf ihre Ehe, und auch da auf eine bestimmte Phase dieser Ehe. Obwohl die Geschichte im 18. Jahrhundert spielt, sind die Parallelen zur heutigen Zeit sehr auffällig – im Grunde ist es eine zeitlose Geschichte. Das hat uns so daran fasziniert, und deshalb sind wir überzeugt, dass sich auch das heutige Kinopublikum dafür begeistern wird.“
Die Produzenten Gabrielle Tana und Michael Kuhn schlugen Saul Dibb als Regisseur vor. „Als wir uns zu einer ersten Besprechung trafen, wurde deutlich, dass er genau das wollte, was wir auch wollten – nämlich einen Kostümfilm mit aktueller Relevanz drehen.“ Saul Dibb entdeckte sogar Parallelen zwischen diesem und seinem gefeierten ersten Film Bullet Boy (2004). „Es handelt sich in beiden Fällen um eine Tragödie, deren junge Helden an einem bestimmten Punkt ihres Lebens die Ketten der Gesellschaft sprengen wollen. Als man mir das Drehbuch schickte, war ich nicht gerade erpicht darauf, einen Kostümfilm zu drehen. Die britischen Kostümfilme, mit denen ich aufgewachsen bin, sind keineswegs mein Lieblingsgenre. Doch diese Geschichte erschien mir frisch und neu: Die komplexe und düstere Vita einer Frau, die in einer Vernunftehe gefangen ist. Das hatte emotionale Kraft und blickte nicht nostalgisch verklärt auf die britische Vergangenheit – eine Falle, in die viele Kostümfilme tappen.“
Dibb erschien es wichtig, die Kulissen in den Hintergrund treten zu lassen und sich auf den emotionalen Kern der Geschichte zu konzentrieren. „Ich wollte den Film ausschließlich aus Georgianas Blickwinkel erzählen, alles konsequent auf ihre Geschichte, ihren Werdegang verdichten, damit der Zuschauer sich mit ihr identifizieren und ihre Situation nachvollziehen kann. Ich wollte einen intimen Film drehen. Ich komme vom Dokumentarfilm, deshalb war es mir wichtig, diese irreale Welt der Vergangenheit so realistisch wie möglich zu schildern. Dazu mussten sämtliche Ebenen – Sprache, Kulissen, Kostüme und Make-up – auf das Wesentliche reduziert werden. Ich wollte echte Menschen und ihre komplizierten Beziehungen zeigen.“
Die Produzenten schätzten sich glücklich, dass sie Keira Knightley für die Titelrolle gewinnen konnten. Gabrielle Tana erinnert sich: „Um ein paar Ecken herum hatte ich erfahren, dass Keira zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich aktiv nach einer Rolle suchte. Da so etwas äußerst selten vorkommt, ergriffen wir sofort die Gelegenheit. Es war das richtige Projekt zur rechten Zeit, denn das Thema sprach sie sofort an. Man hatte mir zugetragen, dass Keira Amanda Foremans Buch am Set des Films las, den sie gerade beendete, und sie war für uns natürlich die Idealbesetzung.“ Das Drehbuch, die Rolle und die Buchvorlage weckten Keira Knightleys Interesse. „Das Drehbuch war außerordentlich interessant und enthielt eine starke Frauenrolle. Wenn einem so etwas angeboten wird, wäre man schön dumm, es auszuschlagen. Ich habe Filme gedreht, die auf Romanen basierten, aber noch nie auf einer Biografie. Das Buch ist großartig, es enthält so viele Informationen, dass man daraus mehrere Filme machen könnte. Das Drehbuch war insofern geschickt gemacht, dass es einen roten Faden enthielt: die Geschichte einer zum Scheitern verdammten Ehe. Ich bin überzeugt, dass jede Schauspielerin begeistert wäre, Georgiana spielen zu dürfen, denn sie ist eine einzigartige Figur mit einer unbändigen Lust aufs Leben.“
Für Regisseur Dibb steht und fällt der Erfolg eines Films mit der Besetzung. „Exakt die Schauspieler zu finden, die einer Figur Leben einhauchen, ist bei jedem Film die größte Herausforderung. Wir stellten hohe Anforderungen. Es war uns unglaublich wichtig, zwei Darsteller zu finden, die dieselbe Chemie miteinander haben wie damals der Herzog und die Herzogin. Als sich Keira und Ralph bei den ersten gemeinsamen Probeaufnahmen trafen, füllten sie die Rollen sofort hundertprozentig aus, und es lief mir eine Gänsehaut über den Rücken. Sie geben ein seltsames Paar ab, und genau das ist die Grundidee des Films.“
Dibb lobt seine Hauptdarstellerin in den höchsten Tönen: „Keira verkörpert auf natürliche Weise einige von Georgianas Charaktereigenschaften. Sie ist klug, sie ist schön, und sie ist eine Berühmtheit. Keira hat eine verletzliche Seite, aber zugleich ist sie offen und voller Leidenschaft. Sie ist sehr belesen, und sie kann Georgianas Ideen und Argumente gut nachvollziehen. Es ist schwierig, jemanden zu finden, der all diese Dinge in sich vereint. Und es ist eine große Herausforderung, das Publikum dazu zu bringen, sich für eine reiche, schöne junge Frau aus der britischen Oberklasse zu interessieren, die vor 200 Jahren lebte. Keira hat diese Aufgabe meiner Meinung nach ganz phantastisch bewältigt.“
Keira Knightley ihrerseits war von Dibbs Talent und Überzeugungskraft beeindruckt. „Ich hatte Bullet Boy gesehen – ein wunderbar gespielter und inszenierter Film. Ich fand es spannend, dass ausgerechnet er, der einen so authentischen, modernen Film über die Waffenkultur in Süd-London gedreht hatte, dieses Projekt übernehmen sollte. Ich las das Drehbuch, traf ihn, mochte ihn auf Anhieb – und dann schickte er mir drei riesige weiße Straußenfedern. Ich dachte, jemand, der dirStraußenfedern schickt, die mit einem goldenen Band verziert sind, lohnt definitiv die Zusammenarbeit.“
Was die Rolle des Herzogs von Devonshire angeht, entschied man sich für Ralph Fiennes. Die Produzenten gaben sich große Mühe, ihn davon zu überzeugen, die Rolle anzunehmen, erinnert sich Gabrielle Tana. „Für uns war er von Anfang an die Idealbesetzung des Herzogs. Aber Ralph war zum damaligen Zeitpunkt nicht sehr erpicht darauf, einen weiteren Kostümfilm zu drehen. Deshalb kostete er uns mehr Überredungskunst als die anderen Schauspieler. Wir waren fest entschlossen, eine Absage seinerseits nicht ohne weiteres hinzunehmen.“
Ralph Fiennes legte Wert darauf, erinnert sich Dibb, dass der Herzog als facettenreiche Figur gezeigt wird. „Die Gefahr bestand, dass der Herzog zum einseitigen Charakter gerät, diesem typisch britischen, verklemmten bösen Macho-Aristokraten, und als ich Ralph das Drehbuch schickte, war das tatsächlich seine größte Sorge. Aber ich glaube, er fand das Drehbuch sehr gut und erkannte, dass seine Figur viele Gestaltungsmöglichkeiten offen ließ. Er wollte sicher sein, dass er beim Drehen die Freiheit hatte, unterschiedliche Dinge auszuprobieren, um zu zeigen, was für ein Mensch sich hinter dieser schwierigen Person verbirgt. In keiner Szene tat er das Offensichtliche, und jede Wahl, die er traf, diente dazu, die Figur des Herzogs und seine Interpretation vielschichtiger und subtiler zu gestalten.“
Ralph Fiennes beschreibt die Beziehung des Herzogs zu Georgiana folgendermaßen: „Sie ist eine unbefangene junge Frau, die ihre Gefühle teilen möchte, muss aber eine arrangierte Ehe eingehen. Vermutlich empfindet der Herzog tief im Innersten sogar etwas für sie, doch er orientiert sich am Benimmkodex seiner Zeit, den er für lebenswichtig erachtet. Auf die Menschen des 21. Jahrhunderts mag er heuchlerisch wirken, und es fällt tatsächlich leicht, ihn in eine bestimmte Schublade zu stecken. Trotzdem habe ich versucht, ihn mit den Augen seiner Zeitgenossen zu sehen und zu verstehen.“
Die beiden Hauptdarsteller arbeiteten eng zusammen, um die Vielschichtigkeit ihrer Film-Beziehung herauszuarbeiten. „Wir wollten verhindern, dass man sich gleich sagt, dass diese Ehe auf keinen Fall funktionieren kann“, erklärt Keira Knightley. „Hätten wir den Herzog ausschließlich als den Bösen und Georgiana als die Gute gezeigt, wäre die Geschichte eher nicht so interessant ausgefallen. Bei den beiden handelt es sich um zwei Menschen, die nicht zusammen passen und einander nicht verstehen. Georgiana kann ein echter Alptraum sein, und dem Herzog ist es ein Rätsel, wie er damit umgehen soll. Die sich daraus entwickelnde Dynamik zwischen zwei Menschen, die nicht miteinander harmonieren, ist äußerst interessant.“
Ralph Fiennes war von seiner jungen Filmpartnerin begeistert. „Ich hatte gerade Abbitte gesehen und Keiras unglaubliche Ausstrahlung bewundert. Was mich beim Dreh stark beeindruckt hat, sind ihr wacher Geist und ihre Präsenz, ihre Disziplin und ihr Einsatz. Sie ist privat ein unglaublich liebevoller Mensch, gleichzeitig arbeitet sie sehr konzentriert und hat Zugang zu einer wunderbar breit gefächerten Gefühlspalette. Sie besitzt dieses seltene Talent, scheinbar nichts zu tun, und doch überfluten Gefühle dabei ihr Gesicht, durchströmen ihre Augen. Es ist ein großes Vergnügen, mit ihr zu arbeiten.“
Regisseur Saul Dibb verfolgte ein ganz bestimmtes Ziel bei der Besetzung der Hauptfiguren. „Für Georgiana, den Herzog und Lady Spencer brauchten wir drei Schauspieler-Ikonen, schließlich sollten sie Ikonen ihrer Zeit darstellen. Charlotte Rampling besitzt eine ungeheure, leicht verstörende Leinwandpräsenz, außerdem fand ich, dass sie große Ähnlichkeit mit Keira hat – ihr Auftreten und ihre Haltung gleichen einander sehr. Für Bess und Grey brauchten wir dagegen Schauspieler, die man als Newcomer bezeichnen könnte. Das Publikum sollte jedenfalls nicht auf Anhieb mit ihnen vertraut sein. Ich hatte bei „The Line Of Beauty“ mit Hayley Atwell zusammen gearbeitet, und ich war von Anfang an der Meinung, dass sie für die Rolle der Bess perfekt wäre. Hayley ist eine tolle Schauspielerin. Ihre Augen verraten nie genau, was sie denkt, und ich wollte, dass man auch bei Bess nie genau weiß, welche Pläne sie verfolgt. Hayley ist sehr attraktiv und besitzt diesen teuflischen Charme, der die Menschen anzieht.“ „Ich mochte das Drehbuch sehr“, sagt Hayley Atwell, „und fand die Geschichte sehr bewegend – gerade, weil sie wahr ist. Bess ist jemand, der schnell wie eine verschlagene, berechnende Person wirken kann. Aber ich stieß auf ein Buch namens „Elizabeth and Georgiana“, das sich sehr verständnisvoll mit Bess‘ Privatleben beschäftigt. Bess war eine komplizierte, problembeladene Frau, die in ihren Kreisen überleben wollte. Vor allem wollte sie ihre Kinder wiederhaben. Sie war eine Frau, die alles für ihre Kinder getan hätte, und das fand ich wunderbar.“
Saul Dibb erzählt von der Vorbereitung der Schauspieler auf ihre Rollen: „Keira opferte viel freie Zeit, um sich gedanklich in Georgiana hinein zu versetzen und ihre Geschichte glaubwürdig zu verkörpern. Sie arbeitete hart und recherchierte viel. Amanda Foremans Buch hat sie mehrfach gelesen, darüber hinaus studierte sie viele andere Bücher, die sie auf eigene Faust entdeckt hatte. Bei Ralph war es das Gleiche: Wenn man in seinen Wohnwagen kam, hingen dort Bilder von Herzögen des 18. Jahrhunderts, und er hörte nur Musik aus jener Zeit. So etwas hilft Schauspielern nachzuempfinden, wie es war, damals zu leben.“ Keira Knightley konnte sich einen Teil der Georgiana-Archive ansehen, die in Chatsworth geführt werden. „Das war ein großes Glück. Während wir in Chatsworth filmten, zeigte mir die aktuelle Herzogin von Devonshire Briefe, Schmuck, Gemälde und all die Schreiben der Gläubiger, die belegen, wie hoch Georgianas Schulden waren. Vor ihrem Tod hatte sie schreckliche Angst, dass ihr Mann erfährt, wie verschuldet sie ist. Sie war überzeugt, dass er sich von ihr scheiden lassen oder sie fortschicken würde.
Als sie tatsächlich starb, und der Herzog die Höhe ihrer Schulden erfuhr, sagte er nur: „So wenig?“ In mancher Hinsicht war Georgiana ein bedauernswerter Mensch. Sie war einerseits ihr eigenes Opfer, ein Opfer ihrer Naivität, aber auch ein Opfer der Menschen, die sie für ihre Zwecke ausnutzten. Was ich an ihrer Geschichte so schön finde, ist, dass sie einen Weg fand, damit zu leben. Es gelang ihr, über Widrigkeiten zu triumphieren und eine gewisse Macht zurückzuerlangen – in einer Epoche, in der Frauen grundsätzlich wenig Macht besaßen.“ Auch Ralph Fiennes stürzte sich in Lektüre, um den Kern des Herzogs zu entschlüsseln. „Natürlich habe ich Amanda Foremans Buch gelesen, das phantastisch ist, aber darin bleibt der Herzog für mich rätselhaft. Ich entdeckte zwei weitere Bücher über ihn und Bess Foster und konnte so mehr über ihn herausfinden. Er war ein selbstbeherrschter, wenig expressiver Mensch, weder privat noch in der Öffentlichkeit. Menschen, die ihn gut kannten, wussten jedoch zu berichten, dass er unglaublich klug und belesen war. Bei Debatten in Londoner Clubs galt seine Meinung stets als das letzte Wort.“
Der Film wurde im Herbst 2007 über einen Zeitraum von neun Wochen gedreht und spielt an drei Hauptschauplätzen: Devonshire House, Georgianas Londoner Residenz; Chatsworth House, ihrem Landsitz; und in der Kurstadt Bath. Um die verschiedenen Devonshire-Häuser und andere Kulissen wiederaufleben zu lassen, wurde an den unterschiedlichsten Orten und auf prunkvollen Adelssitzen auf dem Land gedreht, darunter in Kedleston Hall in Derbyshire, im Old-Vic-Theater in Bristol, in den Assembly Rooms von Bath, in Holkham Hall in Norfolk, im Osterley Park, in Clandon Park in Surrey, Basildon Park in Berkshire, am Greenwich Naval College und in Somerset House in London. Gefilmt wurde auch in Chatsworth, dem Stammsitz der Devonshires, der aktuelle Herzog und seine Frau leben noch immer dort.
Dass die Dreharbeiten auf einigen der spektakulärsten Landsitzen Englands stattfanden, half den Schauspielern bei ihrer Rollenfindung. Umgeben von jahrhundertealter Geschichte, fiel es ihnen leichter, den Hintergrund ihrer Figuren nachzuvollziehen. „In Originalkulissen drehen zu können“, sagt Ralph Fiennes, „ist großartig – zu spüren, woraus die damalige Zeit buchstäblich gemacht war. Abgesehen von dem Raum, in dem man gerade dreht, gibt es überall diese Bücherregale, Korridore, Gemälde, Gärten, Ausblicke, Decken. All das nimmt man in sich auf. Die eigene Phantasie wird schon allein dadurch beflügelt, dass man sich an jenem Ort befindet, an dem das historische Vorbild der Figur, die man gerade spielt, tatsächlich gelebt hat.
Instinktiv eignet man sich den Stolz und die Selbstsicherheit an, die die Räumlichkeiten ausstrahlen. Chatsworth wird seit Generationen vererbt, doch sich vorzustellen, dass man soviel Land, ja sogar Menschen, Diener, erbt, erfordert eine Mentalität, die sich von der heutigen radikal unterscheidet. Deshalb hilft es ungemein, an Originalschauplätzen zu drehen.“ „Für mich war es wichtig, in den Häusern der Devonshires zu drehen“, sagt Keira Knightley. „Beispielsweise zu merken, wie kalt es dort sein kann. Wenn man im Studio dreht, ist das ganz anders. Hier bekommt man ein Gefühl dafür, wie die Menschen wohnten, für ihren Lebensstil, für die Realität ihres Alltags. Und die Häuser sind natürlich atemberaubend schön.“
Nicht nur die Schauspieler empfanden so, erinnert sich Gabrielle Tana. „Wir drehten in halb England in diesen wunderbaren Schlössern und Herrenhäusern, und dabei hatten wir das Gefühl, etwas wiederaufleben zu lassen, etwas nachzuleben. Denn unsere Figuren sind tatsächlich durch diese Hallen gegangen, unsere Geschichte hat sich tatsächlich in diesen Räumen abgespielt. Das war eine sehr authentische, aufregende Erfahrung.“ Georgiana, Herzogin von Devonshire, ist die Urururgroßtante von Lady Diana Spencer, spätere Prinzessin von Wales – und in mancher Hinsicht weisen ihre Biografien Parallelen auf. „Diese Parallelen“, sagt Gabrielle Tana, „sind nicht von der Hand zu weisen – insbesondere, was die Art und Weise angeht, wie beide die Presse manipulierten. Ich glaube, Georgiana wusste ganz genau, wie sie die Dinge für sich nutzen konnte, etwa um ihre politischen Ziele zu verfolgen. Georgiana war gewissermaßen der erste Superstar – so wie wir das Wort heute definieren. Wenn die Zeitungen über sie berichteten, verkauften sie sich wie warme Semmeln, Karikaturisten – das Pendant zu unseren heutigen Paparazzi – folgten ihr auf Schritt und Tritt. Sie war eine Mode-Ikone, und sie regte die Phantasie der Menschen an.“ „Georgiana war eine Mischung aus Marilyn Monroe und Lady Di“, sagt Amanda Foreman. „Sie war ein Star, eine Berühmtheit, aber auch eine sehr tragische Figur. Einerseits war sie extrem schüchtern, andererseits gierte sie nach Aufmerksamkeit. Sie war intelligent und hatte viele Talente.
Georgianas Geschichte ist heute noch relevant: Es geht um eine Frau, die verzweifelt versucht sich zu definieren, während die Männer um sie herum, vor allem in der Presse, ein Bild von ihr kreieren, in dem sie sich nicht wiedererkennt. Lady Di und Georgiana waren kluge, mächtige Frauen, die von der Presse um ein Haar vernichtet worden wären – und die kämpfen mussten, um zu der Frau zu werden, die sie sein wollten. Ein Aspekt von Georgianas Leben, der heute noch aktuell ist, ist die Tatsache, dass die Öffentlichkeit rund um die Uhr daran teilnahm. Nun wird Georgiana von Keira gespielt, und was mich bei den Dreharbeiten erstaunt hat, ist Keiras Gemütsruhe, denn die Presse lässt auch sie nicht eine Minute in Ruhe. Das ist eine leidvolle Erfahrung, die beide teilen.“
Produktion: Die Kostüme
Bis ins 18. Jahrhundert gab es eine streng reglementierte Kleiderordnung: Es war je nach Stand genau definiert, wie Stoffe, Muster, Schnitte und Accessoires auszusehen hatten. Die Kleidung der Damen bestand aus Reifen-, Unter-, und Überrock, Korsett und Mieder. Die entscheidenden Elemente der höfischen Mode waren allerdings die Accessoires und die Ausstattung mit Schmuck, Stickereien, Pelzbesatz und Bändern. Guter Geschmack zeigte sich an deren geschickter Zusammenstellung. Vor allem die Verziehrungen an den Dekolletés mit Blumen, Schleifen, Bändern, Federn, Borten, Spitzen, Rüschen oder an Taille und Ärmel wurden als Ausdrucksmittel benutzt.
Die lebenslustige Georgiana war der Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in England. Sie war eine der großen Schönheiten ihrer Zeit und wurde bewundert und beneidet. Ihre Kreativität und ihr Gespür für modischen Schick machten sie schnell zu einer Trendsetterin und Stil-Ikone. Doch die Herzogin war nicht nur modebewusst, sie setzte ihre Kleidung gezielt ein, um bei öffentlichen Auftritten zu beeindrucken. Was Georgiana trug, wurde sofort von der besten englischen Gesellschaft kopiert und schließlich auch vom gemeinen Volk auf der Straße. Der erste Trend, auf den Georgiana setzte, waren kunstvoll geschmückte Hochsteckfrisuren, die bis zu drei Fuß (ca. 91 cm) hoch waren.
Die Perücken wurden bereits durch den Einfluss des französischen Hofes sehr hoch getragen. Georgiana ging aber noch einen Schritt weiter. Ihre Frisuren benötigten eine spezielle Pomade und es waren mindestens zwei Haarstylisten nötig, um die Kunstwerke zu gestalten. Zur Verstärkung der Pracht verwendete Georgiana Pferdehaarteile. Die Frisuren wurden von kleinen Stilleben gekrönt, z.B. von Segelschiffen, ausgestopften Vögeln, Ornamenten und künstlichen Blumen. Die Frisuren waren so hoch, dass Georgiana in ihrer Kutsche nur auf dem Boden sitzen konnte und oft gebückt gehen musste, damit ihre Haare nicht an Kerzenleuchtern an der Decke Feuer fingen. Ihre nächste Innovation, die fürGesprächsstoff sorgte, waren lange Straußenfedern, die sie in großen Bögen in ihr Haar drapierte. Esbegann eine hysterische Jagd nach diesem seltenen und teuren Accessoires und Straußenfedern wurden zum „Must Have“ für alle Society-Ladies. Georgiana setzte auch Farbe gezielt als politisches Statement ein. Sie lies sich zum Beispiel Jacken im Militärstil oder Kostüme in blau, der Farbe der Whig-Partei, die sie unterstützte, schneidern. Dazu trug sie Fuchsschwänze.
Für Kostümdesigner Michael O’Connor stellte DIE HERZOGIN eine besondere Herausforderung dar: Immerhin musste er eine Mode-Ikone einkleiden. „Saul Dibb wollte den Schwerpunkt auf die Beziehungen der Figuren untereinander legen, weniger auf den geschichtlichen Kontext. Deshalb habe ich versucht, die Charaktere der Figuren in ihrer Kleidung zu spiegeln.“ Als Inspiration für die Kostüme dienten O’Connor unter anderem die zahlreichen Georgiana-Porträts, insbesondere das berühmte Gemälde von Thomas Gainsborough O’Connor war es wichtig, Georgianas Gefühlswelt in ihrer Kleidung auszudrücken, und dabei unterschied er drei Lebensphasen: ihre unschuldige Jugend; die Herzogin als starke Frau und Berühmtheit; schließlich die betrogene Ehefrau, die ums Überleben kämpft. Außerdem differenzierte er zwischen der Kleidung, die Georgiana bei öffentlichen Auftritten und im privaten Rahmen trug.
„Georgiana war eine Frau“, sagt O’Connor, „die mit ihren Kleidern auf eine ganz bestimmte Wirkung abzielte. Ihr war bewusst, dass sie im Mittelpunkt des Interesses steht und von der Öffentlichkeit beobachtet wird. Zu Hause kleidete sie sich deutlich schlichter.“ Auch Keira Knightley sieht eine Verbindung zwischen Kleidung und Persönlichkeit: „Als Georgianas Selbstbewusstsein wuchs, wurden die Perücken höher und die Korsetts enger. Ich denke, ihre Kleidung war eine Art Rüstung. Damit erschuf sie den Menschen, der sie sein wollte. Je schlechter es ihr beispielsweise ging, desto weiter und ausladender wurden ihre Kleider. Als wollte sie sagen: ‘Seht her, mir geht es gut!‘“ Einen ihrer spektakulärsten öffentlichen Auftritte hatte Georgiana bei einem Ball in der Kurstadt Bath. „Dort war sie wirklich das Stadtgespräch“, sagt O’Connor. „Sie trug gewaltige Straußenfedern und auffällige Farben, so dass sich ihr Äußeres vor dem marmornen Hintergrund und den anderen Kleidernauf dem Ball deutlich abhob. Sie war die Erste, die riesige Straußenfedern trug. Wenig später waren sie das wichtigste Mode-Accessoire jener Zeit.
Außerdem kreierte sie die ersten Umstandskleider, verzierte sie unter anderem mit Kristallen.“ Keira Knightley trägt im Laufe des Films dreißig verschiedene Kostüme. Dabei achtete Michael O’Connor darauf, Georgianas Kleidung und die ihrer Rivalin Bess augenfällig kontrastieren zu lassen. „Ich wollte, dass die beiden sich optisch eindeutig unterscheiden. Georgiana trägt anfangs helle Farben, Bess hingegen dunkle. Nachdem sie sich angefreundet haben und einander wie Schwestern zugetan sind, tragen beide weiße Kleider. Zum Schluss kehrt sich das Verhältnis um: Georgiana trägt dunkle Roben und Bess helle, um zu verdeutlichen, dass sie die Rolle der Herzogin übernommen hat.“ Auch das Verhältnis von Georgiana zu ihrer Mutter Lady Spencer drückt sich in ihrer Kleidung aus: „Da sich Mutter und Tochter sehr ähnlich sind, war es wichtig, dass auch die Kostüme einander gleichen.“ Um die Arroganz und Unnahbarkeit des Herzogs zu verdeutlichen, entwarf Michael O’Connor Kleider für ihn, mit denen er sich deutlich von seiner Umgebung abhebt. „Damals waren Schnitt und perfekter Sitz der Kleidung von zentraler Bedeutung. Deshalb achteten Ralph Fiennes und ich zum Beispiel darauf, dass die Westen des Herzogs exakt die richtige Länge hatten.“
O’Connor arbeitete auch eng mit der Haardesignerin Jan Archibald zusammen, denn die hohen Turmfrisuren stellten eine besondere Herausforderung dar: „Sie mussten gewagt und außergewöhnlich sein und trotzdem geschmackvoll.“ Für Keira Knightley erwies sich das Tragen der schweren Perücken als Belastungsprobe: „Sie waren sehr schwer, aber sie erinnerten mich auch ständig daran, in was für außerordentlichen Zeiten die Herzogin lebte – und dass Georgiana es liebte, im Mittelpunkt zu stehen, und zwar in jeder Beziehung.“
Die Kostüme machten Keira Knightley noch in anderer Hinsicht zu schaffen: „Mich wundert es nicht, dass Frauen früher als das schwache Geschlecht galten. Denn in den Korsetts, die ich für DIE HERZOGIN trug, konnte ich kaum atmen. Wie soll man sich in emotionalen Stresssituationen wieder beruhigen, wenn man keine Luft holen kann, um sich zu sammeln? Kein Wunder, dass die Frauen damals ständig in Ohnmacht fielen.“
Michael O’Connor und Jan Archibald ist es gemeinsam mit ihren Kollegen und Mitarbeitern gelungen, DIE HERZOGIN zu einem opulenten Kostümfilm zu machen, in dem die Kleidung die Wirkung der bewegenden Geschichte eindrucksvoll verstärkt.