Die Legende von Aang ist ein missglückter Film, und das ist schade, zumal er noch nicht mal soviel Eigensinn aufweist wie M. Night Shyamalans Das Mädchen aus dem Wasser, dem skurrilen Fanatsy- und Märchenfilm, dessen unbedingter Stilwille, berückende Ästhetik und konsequentes Verrennen in Botschaft und Weltsicht ohne Rücksicht auf Verluste noch originell und sympathisch waren.
Die Legende von Aang ist der erste fremde Stoff für Shyamalan. Eigentlich ließ das hoffen. Zum einen, weil der Regisseur und Drehbuchautor, der vor allem mit dem bestechenden sanften Gruseldrama The Sixth Sense zu Hollywoods neuem Wunderkind wurde, deutliche Ermüdungs- oder Verwirrungserscheinungen zeigte, wenn es darum ging, seine humanistisch-spirituellen Themen und Botschaften überzeugend weiter zu entwickeln oder zumindest neu zu verpacken. Zum anderen aber bot die Nikelodeon-Zeichentrickserie Avatar: The Last Airbender neben ganz eigenem Witz und Esprit eine fernöstlich-orientiere Element-Mythologie, ein Ausgleichdenken Mensch / Natur und allerlei spiritueller Energie, Zauberwesen, guten Kindern, Bestimmung, Glaube und Erlösung soviel Ansatzpunkte für den indisch-stämmigen Shyamalan, das eigentlich bei oberflächlicher Betrachtung wenig hätte schief gehen müssen.
Doch es sollte nicht sein; das große Spektakel und die epische Breite haben ihn nicht mit-, sonder runter gezogen. Shyamalan hat dem anvisierten Fantasy-Abenteuer seine ansonsten reizvolle inszenatorische Statik, das gedankenräumlich Umgrenzte, das ja auch der TV-Serie mit ihren einzelnen Stationen, der klaren Einteilung in Feuer-, Wasser-, Erde- und Luftnationalitäten und -Völker schon ein bisschen eingeschrieben ist, übergeworfen und sich dabei heillos verheddert.
Die vernichtenden Kritiken aus den USA und denen, die zweifellos hierzulande erscheinen werden, haben so unrecht leider nicht: Steif wie bei einer Schulaufführung schauspielern die jungen Akteure, sagen Floskeln auf, dass einem die Haare zu Berge stehen oder deklamieren bierernst den Text, um das Publikum schnell mit Informationen zu versorgen. Man fühlt sich wie vor der Bühne eines Filmstudiofreizeitparks, auf der weit vorne ein Fantasy-Stück mit überdeutlich sprechenden Darstellern aufgeführt wird. Ebenso gestelzt oder zumindest für unsere schnittgewitterversauten Action-Sehgewohnheiten seltsam gestellte , sind die teilweise gar in nur einer Einstellung inszenierten Kampfszenen, in denen bis zur Ermüdung in lustigen Kung-Fu-Verrenkungen Wasser, Erde und Feuer beschworen und aufeinander gespritzt, geschleudert, geschossen wird.
Das alles wäre nun nicht so schlimm, wäre da nicht das Hauptproblem und -manko von Die Legende von Aang, das alle anderen Unzulänglichkeiten potenziert: die schiere Masse an dem, was Shyamalan erzählen will oder zu erzählen hat. Die komplette erste Staffel, das Buch des Wassers, in der Serie ganze 20 Folgen je 30 Minuten lang, werden in der Kinoversion in gerade mal 100 Minuten gepresst. Stellen Sie sich vor: Alle drei Herr der Ringe-Filme von Peter Jackson zusammengeschnitten auf eine solche Länge.
Die Legende von Aang wirkt denn auch wie ein überlanger Trailer, und zwangsläufige wird das Pathos peinlich, weil es nicht eingebunden ist in eine große kohärente Fabel. Dem Zuschauer wird nicht erlaubt, ein Gefühl zu entwickeln für diese fantastische Welt. Statt dessen bleibt in dem eiligen Abklappern von Stationen und Orten und angesichts des knappen Hinwerfens oder Nachreichens von Bruchstückinformationen zu Elementargeistern und einzelnen Völkern allzu vieles bloß angerissen, sprunghaft, konfus oder schlicht behauptet, alles ist nur funktional im Sinne von Erklärung, Handlung oder, hier und da, Referenz an die Vorlage. Deren Einzelepisoden mit ihren jeweiligen Dramaturgien, den Höhe- und Wendepunkten kommen belastend hinzu. Ihr Humor oder jener trockene, selbstironische, mit dem Shyamalan Das Mädchen aus dem Wasser oder sogar seinen Katastrophenfilm (im doppelten Sinne) The Happening noch ausstattete, vermisst man schmerzlich.
So bleibt keine Zeit für den Sense of Wonder, den die VFX- und Kulissenkünstler ansonsten vorzüglich mit ihren Tempeln, Städten und Kriegsschiffen vorbereitet haben. Aangs fliegendes Bison oder sein erzählerisch nutzloser, nur der Vollständigkeit halber kurz eingeführter geflügelter Lemuren-Freund kommen nicht mal annähernd zu ihrem Recht, ebenso wenig die menschlichen Figuren. Einzig Slumdog Millionär Dev Partel als tragischer Gegenspieler Prinz Zuko erhält ein bisschen Background- und damit Charaktergestaltung, darf entsprechend wenn auch leicht forciert sich Interesse erspielen.
Ansonsten bleibt der Film aus seiner Distanz des extrem raffenden und summierenden Erzählens echte Figuren schuldig, zumindest solche, an die man sich halten könnte und die einem emotional etwas bedeuten. Dass sich Sokka mit der hübschen Eisprinzessin anfreundet, erklärt in einem Halbsatz Kataras Off-Erzählung, und wenn es am Ende zum Selbstopfer kommt, verpufft dieses tragische Moment angesichts des unsäglichen Stakkatoerzählens ebenso wie die Endschlacht und sonstige erhabene Momente. Was wiederum den gelungenen akustischen Bombast von Shyamalans Hauskomponisten James Newton Howard unterstützungslos im Regen stehen lässt.
Die Legende von Aang für viele sicherlich ein Ärgernis oder langweilig, letztlich aber vor allem ein Jammer angesichts des Potentials von Shyamalan, der sich als Kinoerzähler immer mehr verirrt und verbrennt, und dem des Airbender-Stoffes. Beide hätten einzeln und gemeinsam einen besseren Film verdient.
P.S.: Der Film ist in 3D. Was nicht sonderlich toll, aber auch nicht so misslungen geraten ist wie Kampf der Titanen. Nach fünf Minuten zuschauen fällt es einem allerdings ohnehin nicht mehr auf.
Fazit: Ich kann tote Filme sehen! Die Zeichentrickserien-Realfilmadaption von M. Night Shyamalan böte eigentlich eine packende Fantasy-Welt, aber vor allem aufgrund der albern großen Stoffmenge, daraus resultierendem dramaturgischem Achselzucken sowie allerlei Hölzernheit erwacht sie nicht zum Leben.