Anzeige
Anzeige
© Wild Bunch

Les Misérables: Hartes Polizeisozialdrama über drei junge Polizisten, die während einer Festnahme in eine prekäre Situation geraten.

Erfahre mehr zu unseren Affiliate-Links
Wenn du über diese Links einkaufst, erhalten wir eine Provision, die unsere redaktionelle Arbeit unterstützt. Der Preis für dich bleibt dabei unverändert. Diese Affiliate-Links sind durch ein Symbol gekennzeichnet.  Mehr erfahren.

Handlung und Hintergrund

Stéphane (Damien Bonnard), der zuvor in Cherbourg seinen Dienst leistete, schließt sich der Anti-Verbrechen-Brigade von Montfermeil an. Er lernt seine neuen Teamkollegen, den aggressiven Chris (Alexis Manenti) und den ruhigen Gwada (Djibril Zonga) kennen, mit denen er erste Erfahrungen in dem Problemviertel machen wird.

Die Spannungen in dem multikulturellen Banlieue liegen klar auf der Hand. Sowohl Polizei als auch der Gangster und selbsternannte Bürgermeister des Viertels (Steve Tientcheu) versuchen, die meist aus dem Maghreb stammenden Bewohner in Schach zu halten. Doch als ein Löwe entführt wird, droht sie Situation schon bald zu eskalieren. Ein Junge wird dabei von einem Gummigeschoss der Polizei verletzt, alles aufgezeichnet von einer Drohne. Stéphanes moralischer Kompass, die Loyalität gegenüber seinen Kollegen und die Verantwortung gegenüber den Bewohnern des Banlieus werden auf eine harte Probe gestellt.

„Die Wütenden“ — Hintergründe

Bis auf den Handlungsort, dem Pariser Vorort Montfermeil, hat Ladj Lys „Die Wütenden“ nur wenig mit dem im Original gleich betitelten und vielfach verfilmten Roman „Les Misérables“ von Victor Hugo gemein. Ly, der sich bereits in einem Kurzfilm mit dem Thema der Unruhen von 2005 auseinandergesetzt hat und selbst in ebenjenem Vorort aufgewachsen ist, verarbeitet den Stoff nun für seinen ersten Langfilm. Dabei loben Kritiker*innen den halb-dokumentarischen Stil des Films, der zwar weniger als Sozialstudie fungiert, stattdessen aber umso mehr als ungestüme Parabel für die Klassenunterschiede im modernen Frankreich gelesen werden kann.

Anzeige

Die drei Hauptdarsteller sind im deutschen Sprachraum noch weitestgehend unbekannt. Neben Damien Bonnard („Dunkirk“) sehen wir Alexis Manenti und Djibril Zonga als Polizei-Kollegen, Issa Perica spielt den jungen Löwendieb und Steve Tientcheu den selbsternannten Bürgermeister und Schutzgelderpresser des Viertels.

Der bei den Filmfestspielen in Cannes mit dem Jurypreis ausgezeichnete Film startet am 23. Januar 2020 in den deutschen Kinos, die FSK hat eine Altersfreigabe ab 16 Jahren erteilt. Bei den Oscars 2020 geht der Film für Frankreich ins Rennen um den Preis für den Besten Internationalen Film.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Ladj Ly
Produzent
  • Toufik Ayadi,
  • Christophe Barral
Darsteller
  • Damien Bonnard,
  • Alexis Manenti,
  • Djibril Zonga,
  • Issa Perica,
  • Al-Hassan Ly,
  • Steve Tientcheu,
  • Almamy Kanoute ,
  • Nizar Ben Fatma,
  • Raymond Lopez,
  • Luciano Lopez
Drehbuch
  • Ladj Ly,
  • Giordano Gederlini,
  • Alexis Manenti

Kritikerrezensionen

    1. Mitreißend kraftvolle und autobiografisch gefärbte Milieustudie von Ladj Ly über das Pariser Viertel Montfermeil, in dem Bandenkriminalität und Gewalt zu harten Auseinandersetzungen mit der Polizei führen.

      Als der Polizist Stephane sich nach Paris versetzen lässt, ahnt er noch nicht, was sein Einsatzort im Pariser Vorort Montfermeil für ihn bedeutet. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen der Bewohner der engen Sozialbauten und der Polizei. Doch auch innerhalb der multikulturellen Gemeinschaft sind die Konflikte zahlreich, das Areal ist streng unter diversen Clans aufgeteilt. Zunächst ist Stephane noch irritiert von der zynischen Haltung, mit der seine Kollegen in Montfermeil ihren Job verrichten. Doch nach und nach bekommt er zu spüren, mit wieviel Hass, Härte und Misstrauen der Alltag aufgeladen ist. Immer stärker kocht die Wut der Menschen hoch. Und die Situation im Viertel droht zu eskalieren. DIE WÜTENDEN - LES MISÉRABLES entfaltet als spannender Thriller mit dokumentarischem Hintergrund eine unfassbar körperliche Sogwirkung. Atemlos verfolgt man als Zuschauer das ausweglos scheinende Schicksal der Figuren, für die man immer stärker Empathie entwickelt. Diese Nähe zu seinen Protagonisten liegt auch in der Biografie des Ladj Ly begründet, der sich schon 2007 in einem Dokumentarfilm mit den Problemen des Viertels beschäftigte, aus dem er selbst stammt. Eine Binnenperspektive, die das kraftvolle Drama vom ersten symbolträchtigen Bild an auszeichnet, in dem ein Junge ein heruntergekommenes Haus im Viertel verlässt, eingehüllt in eine französische Fahne und auf dem Weg zum Public Viewing des WM-Finales 2018. Seine Wucht zieht der Film aus seiner semi-dokumentarischen Wirkung und der glaubwürdigen Interaktion herausragender Schauspieler und Laiendarstellern. Ly und seine Co-Autoren Giordano Gederlini und Alexis Manenti beleuchten dabei beide Seiten und malen kein Schwarz-Weiß-Bild. Die Bewohner des Viertels werden in ihrer ausweglosen Situation zwischen Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung und kriminellen Vergehen ebenso ernstgenommen wie die Polizisten, die zwischen all der Härte inzwischen selbst abstumpfen und glauben, nur noch mit Gegengewalt agieren zu können. Der Film verurteilt keine Seite und zeigt deutlich die Gräben, die ein Miteinander erschweren. Die musikalische Auswahl vermeidet klassischen Hip Hop und damit jedes Klischee, der Score ist dominiert von basslastigen und elektronischen Klängen, die häufig eingesetzte Handkamera entlässt die Protagonisten nie aus dem Blick, die Schnitte sind schnell und hart. All dies trägt zu einem unmittelbaren und körperlich spürbaren Seherlebnis bei, das den Zuschauer oft atemlos zurücklässt.

      Jurybegründung:

      Der in einem sozialen Brennpunkt von Paris aufgewachsene Regisseur Ladj Ly hat sich bereits dokumentarisch mit den sozialen Problemen des Migrantenviertels auseinandergesetzt, in dem unterschiedliche Kulturen auf engem Raum in einer fragilen Balance koexistieren. Nun hat er mit seinem großen Spielfilm DIE WÜTENDEN eine intensive Spielfilmvariante des Themas inszeniert.
      Aus der Sicht des neu in das Migrantenviertel Montfermeil versetzten Stéphane Ruiz (Damien Bonnard) erzählt Ly von den Auseinandersetzungen zwischen Gesetz und Verbrechen, zwischen Männern, die zwar auf verschiedenen Seiten stehen, sich jedoch erschreckend ähnlich sind. An jenem Ort begannen 2005 die gewalttätigen Unruhen der Banlieus. Seine Kollegen Chris (Alexis Manenti) und Gwada (Djibril Zonga) erweisen sich als erfahrene aber auch korrupte Straßencops, die auch vor sexueller Belästigung nicht zurückschrecken. Im Fond des Dienstwagens erlebt Ruiz das Viertel, in dem er nun für Ordnung sorgen soll. Die Schule des Viertels ist nach Victor Hugo benannt, der hier Les Misérables geschrieben hat. Der Titel spielt nicht nur auf diesen Umstand an, sondern legt nahe, dass sich seitdem nicht viel verändert hat in Paris.
      Als ein Junge aus dem Viertel das Löwenjunge eines durchreisenden Zirkusdirektors stielt, kommt es zum Konflikt zwischen den Zirkus-Roma und den Männern des lokalen Paten, des „Bürgermeisters“. Die Polizisten stellen den Dieb und befreien das Tier, doch in der Auseinandersetzung verletzt Gwada den Jungen mit einem Gummigeschoss. Obwohl sich die Polizisten reuig zeigen und zu vermitteln versuchen, eskaliert die Situation immer mehr, und am Ende stehen sich Ruiz und der Junggangster gegenüber.
      In der Tradition von Bruno Dumonts sozialrealistischem DAS LEBEN JESU, Bob Swaims Copdrama LA BALANCE, dem Gangfilm LA HAINE oder auch dem brasilianischen Gegenstück TROPA DE ELITE beschreibt der Film eine destruktive maskuline Welt, eine hermetische Gesellschaft der Rituale und Demütigungen, in der nur die Stärksten zum Ziel kommen. Ly knüpft aus seiner Sicht auch an das Cinéma beur der 1980er Jahre an, das der nordafrikanischen Bevölkerung Frankreichs erstmals eine eigene Stimme schenkte. Doch die Qualität von DIE WÜTENDEN liegt gerade im Umstand, dass seine Protagonisten nicht polarisieren, sondern allesamt Teil der Gewaltspirale sind. Das gibt dem Film zweifellos eine nihilistische Grundtendenz, die jedoch zugleich eine tiefe Bemühung um sozialen Realismus erkennen lässt. Der Film gesteht seinen Protagonisten mehrere Seiten zu, aus denen sich ein komplexes Bild der französischen Gegenwart formiert.
      Formal ist DIE WÜTENDEN packend und überraschend inszeniert. Reportageartige Sequenzen wechseln sich mit Sequenzen voller streng kontrollierter Stilmittel ab. Die von einem Jugendlichen gesteuerte Drohne wird kreativ und inhaltlich wie formal aufgegriffen. Die subtile und intensive Musikgestaltung baut vor allem auf subtile Bass-Drones, Keyboardflächen und pulsierende Rhythmen.
      Die Dramaturgie des Films ist nicht vorhersehbar, klischeehafte Konflikte werden vermieden. Hingegen werden ethische Positionen heraufbeschworen und offen gelassen bzw. an das Publikum zurückgegeben. Persönliche Verhältnisse bleiben in der Schwebe. Es kommt dem Film zugute, dass er kurz vor der möglichen Eskalation endet. Er verdeutlicht dabei, wie fragil das Gleichgewicht der Kräfte in einer multiethnischen Gesellschaft letztlich ist.
      Die Jury war vom Gesamtwerk des Films nachdrücklich überzeugt und vergibt gerne das höchste Prädikat „besonders wertvoll“.

      Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
      Mehr anzeigen
    2. Die Wütenden – Les Misérables: Hartes Polizeisozialdrama über drei junge Polizisten, die während einer Festnahme in eine prekäre Situation geraten.

      Hartes Polizeisozialdrama um drei Polizisten im Einsatz in der Banlieue.

      Der Franzose Ladj Ly, selbst aufgewachsen in einem unerwünschten Außenbezirk von Paris, legt mit „Die Wütenden - Les Misérables“ sein Debüt als Spielfilmregisseur vor, nachdem er zwei Jahre vorher bereits einen gleichnamigen Kurzfilm gedreht hatte. Wenn er seine Hauptfiguren, drei Cops einer Sondereinheit der Pariser Polizei, Streife fahren lässt durch die Banlieue Montfermeil, dann spürt man sofort, dass er diese Mean Streets und die Machtverhältnisse auf den Straßen so gut kennt wie Martin Scorsese Little Italy. Diese Straßen sind sein Zuhause, und die Polizisten sind immer auch Eindringlinge - Feinde für die, die sich hier ihr (Über)Leben eingerichtet haben. Ladj Ly nennt seinen Film einen „Notruf“, aber er ist in erster Linie ein in den Gewändern des Polizeifilms und des Sozialdrama verkleideter Western, in dem die Protagonisten sorgfältig eingeführt werden, um sie dann in einem Duell aufeinanderprallen zu lassen. Als Zuschauer wird man in die Ereignisse geführt zusammen mit einem jungen Polizisten, der sich von der Provinz in die Großstadt hat versetzen lassen, um nach seiner Scheidung seinem Kind nahe sein zu können, und nun von zwei erfahreneren Kollegen lernen muss, wie die neue Welt funktioniert. Das weckt Erinnerungen an „Training Day„, aber „Die Wütenden“ ist tatsächlich näher dran an vergleichbaren französischen Filmen wie „Poliezei“ oder „Hass - La Haine“, ohne jemals so richtig mehr sein zu wollen als ein Großstadtthriller mit dem Finger am Abzug.

      Muss er auch nicht. Sein atemloses Suspense-Szenario verleiht dem Film jede Menge Drive und Spannung, engt seinen Fokus aber auch ein: Im Sommer 2018 liegt Paris nach Frankreichs Gewinn der Fußballweltmeisterschaft im Freudentaumel - auch die Banlieues sind erfüllt von Stolz für die Helden, die sind wie ihre Einwohner. Auch der 15-jährige Junge Issa könnte ein Mbappé sein, wenn er sich nicht immer wieder zu Dummheiten hinreißen lassen würde. Eine Dummheit, wie einen kleinen Löwen aus einem lokalen Zirkus zu stehlen - was die eigentliche Handlung in Bewegung setzt und schließlich zu einer irrwitzigen Eskalation führt: Die letzten 20 Minuten des Films, als sich die Wut derer entlädt, die sich nicht länger gängeln lassen wollen, haben eine urgewaltige Wucht und lassen einen auch manche Mühseligkeit auf dem Weg dahin vergessen: Wenn „Les Misérables“ an diesem Punkt ankommt, wird endgültig klar, warum Ly für seinen Film den Titel von Victor Hugos Klassiker gewählt hat: Auch sein Film ist ein Aufschrei gegen Ungerechtigkeit, ein Aufbegehren gegen einen skandalösen Status Quo. Am Ende lässt er das Publikum entscheiden, wenn er die letzte Szene in einem entscheidenden Moment einfriert. Was er selbst denkt, gibt er einem mit einem Zitat Hugos auf den Weg: „Es gibt keine schlechte Pflanze oder schlechte Menschen, es gibt nur schlechte Züchter.“ ts.
      Mehr anzeigen
    Anzeige