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Diplomatie: Volker Schlöndorffs Verfilmung des gleichnamigen französischen Theaterstücks um ein ausgefeiltes Duell der Worte zur Rettung von Paris 1944.

Handlung und Hintergrund

Dietrich von Cholitz (Niels Arestrup) dient nur einem Mann: Adolf Hitler. Als kommandierender General von Groß-Paris sorgt er 1944 dafür, dass sämtliche Befehle des Führers in der französischen Hauptstadt ausgeführt wurden. Nur einen Befehl verweigerte er und gerade das sicherte das kulturelle Erbe der Stadt. Als die alliierten Kräfte im August 1944 vor den Toren Paris\‘ stehen, bekommt von Cholitz von Hitler den letzten Auftrag, Paris entweder bis aufs Blut zu verteidigen oder die Stadt lediglich als Trümmerfeld zu verlassen. Somit werden an den Brücken und sämtlichen kulturellen Denkmälern der Stadt, wie etwa am Eiffelturm, am Louvre und am Sacré-Cœur, Sprengsätze angebracht, die alles zum Einsturz bringen sollen. Dann tritt aber der schwedische Generalkonsul Raoul Nordling (André Dussollier) auf den Plan, der sich keiner Konfrontation fürchtet und von Cholitz zur Rede stellt. Es kommt zum Kräftemessen der besonderen und wichtigen Art…

Der Film „Diplomatie“ basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Cyril Gély, die gemeinsam mit dem Regisseur des Films, welcher niemand Geringeres als Volker Schlöndorff ist, das Drehbuch zum Film schrieb. Die Hintergrundgeschichte ist allerdings nie so genau aufgeklärt worden. So wurde von Cholitz von den einen als „Retter von Paris“ bezeichnet, der das kulturelle Erbe der Stadt trotz der Umstände gesichert habe. Der ehemalige französische Präsident Charles de Gaulle sprach sogar von einer Grundsteinlegung der späteren deutsch-französischen Versöhnung. Auf der anderen Seite hieß es aber auch, dass von Cholitz nicht über die nötigen Ressourcen verfügt hätte, um Paris dem Erdboden gleichzumachen. Zudem wurde ihm früh von den Alliierten klar gemacht, dass er entweder als Kriegsgefangener oder aber, wenn er den Plan durchziehe, als Kriegsverbrecher behandelt werden würde.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Volker Schlöndorff
Produzent
  • Marc de Bayser,
  • Frank Le Wita,
  • Francis Boespflug,
  • Sidonie Dumas
Darsteller
  • André Dussollier,
  • Niels Arestrup,
  • Burghart Klaußner,
  • Robert Stadlober,
  • Charlie Nelson,
  • Jean-Marc Roulot,
  • Stefan Wilkening,
  • Thomas Arnold,
  • Lucas Prisor,
  • Attila Borlan,
  • Claudine Acs,
  • Dominique Engelhardt,
  • Johannes Klaussner,
  • Charles Morillon,
  • Jochen Hägele,
  • Jean-Cyril Durieux
Drehbuch
  • Volker Schlöndorff,
  • Cyril Gély
Musik
  • Jörg Lemberg
Kamera
  • Michel Amathieu
Schnitt
  • Virginie Bruant
Buchvorlage
  • Cyril Gély

Kritikerrezensionen

    1. Das bewegende Drama "Diplomatie" konstruiert auf der Basis historischer Fakten eine weitgehend fiktive Auseinandersetzung zweier Männer, bei der es um das Schicksal von Paris geht. Der Einmarsch der Alliierten in die von den Deutschen besetzte Hauptstadt steht am 24. August 1944 unmittelbar bevor. Hitler hat dem Stadtkommandanten am Vortag befohlen, Paris zu zerstören, wenn es nicht zu halten ist. Regisseur Volker Schlöndorff ("Der neunte Tag", "Die Stille nach dem Schuss") inszeniert die Gespräche, die der schwedische Diplomat Raoul Nordling in dieser Nacht mit dem General führt, um eine Katastrophe zu verhindern, als packendes Kammerspiel. Das Drehbuch, das Schlöndorff mit Cyril Gély schrieb, basiert auf dessen gleichnamigem Theaterstück.

      Die realen Personen von Choltitz und Nordling verhandelten in den Tagen vor der Befreiung von Paris tatsächlich: um einen Waffenstillstand und den Verzicht auf die Bombardierung der Polizeipräfektur. Die Entscheidung, von der Zerstörung der Stadt in letzter Minute abzusehen, traf der deutsche General hingegen alleine. Nichtsdestotrotz beleuchtet der verbale Schlagabtausch im Film mit dem schwedischen Konsul exemplarisch das moralische Dilemma eines ranghohen Nazi-Militärs, der es gewohnt ist, Befehlen blind zu gehorchen. Nordling, der Zivilist, bemüht sich unermüdlich, den General von seiner Eigenverantwortung zu überzeugen. Die Argumente, die er aufführt, reichen bis weit in die Zukunft nach dem Krieg, appellieren an die persönliche Integrität. Je mehr sich die beiden Männer einbringen, desto ergreifender wird das Spiel von Niels Arestrup und André Dussollier.

      Schlöndorff inszeniert diesen psychologisch so spannenden Kampf der Worte als Hommage an die Diplomatie und ihre Mittel. Die Handlung spielt fast ausschließlich im Zimmer des Generals, nur ab und zu wechselt der Schauplatz kurz nach draußen oder es kommen andere Personen hinzu. Von der Stadt selbst gibt es wiederholt prächtige Ansichten, die verdeutlichen, was auf dem Spiel steht. Die Dramaturgie ist gekonnt aufs Wesentliche reduziert, nichts wirkt überflüssig oder gewollt.

      Fazit: Volker Schlöndorffs Kriegsdrama "Diplomatie" gerät mit dem packenden, intensiven Kammerspiel der herausragenden Darsteller Niels Arestrup und André Dussollier zur Hommage an die Kraft der Worte.
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    2. Diplomatie: Volker Schlöndorffs Verfilmung des gleichnamigen französischen Theaterstücks um ein ausgefeiltes Duell der Worte zur Rettung von Paris 1944.

      Spannendes Kammerspiel über das fiktive Treffen im Sommer 1944 zwischen dem deutschen General von Choltitz und dem schwedischen Generalkonsul Nordling, der die Zerstörung von Paris verhindern will.

      „Paris darf nicht oder nur als Trümmerfeld in die Hand des Feindes fallen“, so lautete Hitlers Befehl am 23. August 1944 angesichts des alliierten Vormarsches auf die französische Hauptstadt. Organisieren sollte die Wahnsinnstat der deutsche General Dietrich von Choltitz. Erst wenige Tage vorher zum „Kommandierenden General und Wehrmachtbefehlshaber von Groß-Paris“ ernannt, führte der den Befehl nicht aus, sondern kapitulierte am 25. August 1944 und übergab die relativ intakte Stadt den Siegern. Über die Gründe der Befehlsverweigerung kursieren die unterschiedlichsten Spekulationen. Volker Schlöndorff reizte die politische Dimension und die Würdigung der Seinemetropole, die er bis in den letzten Winkel während seiner Tätigkeit als Regieassistent bei Louis Malle und Jean-Pierre Melville erkundete.

      Rein fiktiv beschreibt er die Schicksalsnacht vom 24. auf den 25. August. Choltitz und seine Männer haben alles für die Sprengung vorbereitet, Notre Dame, Louvre, Eiffelturm, die Seinebrücken, alle Wahrzeichen sind vermint. Der Tod von Hunderttausenden Bürgern wird in Kauf genommen. Über einen Geheimgang, den Napoleon III. benutzte, um ungesehen zu seiner Geliebten zu gelangen, steht plötzlich der schwedische Konsul Raoul Nordling vor dem überraschten Deutschen im Hauptquartier und will ihn von seinem Vorhaben abbringen, beschwört die Schönheit der Stadt und appelliert an Choltitz‘ Verantwortung. Beginn einer hochspannenden Auseinandersetzung, die nicht eine Sekunde langweilt, obwohl der Ausgang bekannt ist. Zwar kannten sich beide durch Verhandlungen über Soldatenaustausch, aber das Gespräch selbst fand nie statt.

      Es geht Schlöndorff um die Psyche des deutschen Generals, nicht um historische Genauigkeit oder Authentizität, er lässt die Fantasie schweifen. Wie Diplomat und Soldat einander umkreisen, das erinnert an einen Boxkampf, an ein Kräftemessen, bei dem jeder den anderen beobachtet. Das gelingt perfekt, vielleicht auch weil die Darsteller Niels Arestrup (Choltitz) und André Dussollier (Nordling) schon in Cyril Gélys Theaterversion auftrumpften - wie jetzt auf der Leinwand in diesem brillanten Kammerspiel, ein scharfes Duell der Worte und des Intellekts. Vor allem Dussolliers schillernde Figur und seine Motivation bleiben undurchschaubar. Als dritte Figur punktet Paris mit seinem unzerstörbaren Mythos. Allein der Blick aus dem Fenster auf die nächtliche Stadt ist eine Liebeserklärung. mk.
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      1. Paris, 1944. General Dietrich von Choltitz erhält von Hitler den Auftrag, die Hauptstadt Frankreichs dem Erdboden gleich zu machen. Akribisch lässt von Choltitz alles vorbereiten, Sprengsätze anbringen, Experten befragen, Soldaten postieren. Doch in der Nacht zum 25. Augusts, kurz bevor der endgültige Befehl erteilt wird, betritt der schwedische Generalkonsul Raoul Nordling das Zimmer des Generals. Er versucht alles, um die Kulturmetropole zu retten. Volker Schlöndorffs Film, der auf dem gleichnamigen Theaterstück von Cyril Gély beruht, zeichnet ein Treffen zweier historischer Figuren nach, das es so nie gegeben hat. Und doch beruhen die Eckpunkte auf Tatsachen. Denn in der Tat hatte von Choltitz Zweifel an der Entscheidung, Paris in die Luft zu sprengen und erteilte letzten Ende genau diesen Befehl nicht. Ebenso ist die Ehrung des Generalkonsuls Nordling für die Rettung der Stadt historisch verbürgt. Sowohl der Film als auch das Theaterstück stützen sich in ihrem Szenario auf diese historischen Eckdaten. Und Schlöndorff gelingt es, das Bühnenstück mit gezielt eingesetzten filmischen Mitteln in ein spannendes und atmosphärisch packendes filmisches Kammerspiel zu verwandeln. Nur wenige Szenen spielen außerhalb des Besprechungszimmers, nur selten verlässt die Kamera die Kontrahenten, die sich als ebenbürtige Gegner und Gesprächspartner begegnen. Niels Arestrup als Dietrich von Choltitz und André Dussollier als RaoulNordling stehen sich in nichts nach, ihre Argumente sind wohlweislich gewählt, jeder Satz steckt voller Doppelbödigkeiten und Subtext. Auch auch der Zuschauer erkennt erst nach und nach, mit welchen Tricks Nordling arbeitet, um eine Rettung in letzter Sekunde zu ermöglichen. DIPLOMATIE ist ein konzentriert erzählter, spannender und komplexer Film über ein (fiktives) Stück der Geschichte. Dazu eine großartige Lektion über die Kraft und Macht der Diplomatie.

        Jurybegründung:

        Am 25. August 1944 sollte Paris auf der Grundlage von Führerbefehlen von der deutschen Wehrmacht in Schutt und Asche gesprengt werden, obwohl die Stadt keinerlei militärische Bedeutung besaß und den Vormarsch der Alliierten strategisch kaum beeinflusst hätte. Nahezu auf den Tag genau nach 70 Jahren wird dieser Film nun in die Kinos kommen:
        In einem Kammerspiel, das auf dem Bühnenstück von Cyril Gély basiert, führt Schlöndorff den Zuschauer in das Pariser Hauptquartier des deutschen Generals, der Anfang August 1944 von der Ostfront nach Paris kommandiert wurde. Hier laufen alle Vorbereitungen zur Sprengung der Brücken zusammen, was katastrophale Folgen nach sich ziehen würde. Alle wesentlichen, auch die weltberühmten Gebäude, sollen zerstört werden. Menschenleben spielen keine Rolle. Der deutsche General ist bereit, so zeigt es der Film, den Befehl bedingungslos auszuführen, seiner militärischen Familientradition und Ehrauffassung zu folgen. Er weiß auch, dass er seine in Deutschland lebende Frau und die Kinder nicht mehr wiedersehen wird. Die Rolle wird großartig von dem französischen Schauspieler Niels Arestrup ausgefüllt. Er verkörpert in jeder Situation den preußischen Offizier, hart zu sich und anderen, zuweilen ganz plötzlich verwandelt, ein Mann mit Manieren.
        Sein Gegenspieler in diesem ehemaligen Pariser Hotel, das eine Fülle an Geheimnissen in sich birgt, ist der schwedische Generalkonsul Raoul Nordling, gespielt von André Dussollier,. Für beide Rollen einen französischen Akteur zu gewinnen, war eine kluge Entscheidung. Nordling versucht mit allen diplomatischen und rhetorischen Mitteln, die Stadt vor der Zerstörung zu bewahren. Wie brisant diese Situation ist, verdeutlicht der Film vor allem mit intensiven Bildern und fast ohne Worte. Dokumentareinblendungen zeigen das zerstörte Warschau, aktuelle Bilder das wunderschöne Paris eingefangen in unterschiedlichem Licht. Während der Spielhandlung gibt es nur wenige Außenaufnahmen, alles (Licht, Ton, Perspektive) wird auf diesen meisterhaften Dialog über Stunden fokussiert. Der Wortwechsel wird extrem spannend, wie ein Duell mit fein geschliffener Klinge, auf Leben und Tod, gestaltet. Die Dramaturgie folgt dem klassischen Dramenaufbau. Man fiebert dem Umschwung wie dem Ende entgegen. Die Meisterschaft, mit der dieser Film glänzt, zeigt sich selbst in scheinbar kleinen Momenten. Als eine solche winzige Beobachtung sei hier auf die wechselnden Anreden hingewiesen, die auf Veränderungen der Positionen und Überlegungen, psychische Prozesse deuten: Herr Nordling, Herr Konsul Nordling, Herr Konsul, Herr Stadtkommandant, Herr General.
        Der Film bietet ein Füllhorn zum Mit- und Nachdenken. Manche Geheimnisse, die den Spannungsbogen immer wieder straffen und voran treiben, werden im Film verbal oder nachträglich durch Bilder gelöst, einiges bleibt über das Ende hinaus geheimnisvoll oder offen. In der Jury wurde daher auch die Frage diskutiert, ob der Film durch die Erfindung dieses Gesprächs in dieser Form nicht falsche historische Vorstellungen bewirken könnte. Doch es gibt keinen historischen Spielfilm - selbst wenn die Vergangenheit erst wenige Jahre zurückliegt - der sich nicht künstlerischer Freiheiten bedient.

        Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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