Die 14jährige Wanda zieht mit ihren Eltern und ihren zwei Geschwistern in ein Häuschen auf dem Land in der Schweiz. Ein Neuanfang soll es werden, für alle. Papa soll den Arbeitsstress hinter sich lassen, Mama will sich einen neuen Job suchen und Wanda und ihre Geschwister finden bestimmt bald neue Freunde. Doch was an der Oberfläche gekittet wurde, zeigt direkt darunter schon bald tiefe Risse. Papa ist gestresst und fängt wieder an zu trinken. Mama kann ihm nicht verzeihen, findet keinen Job und zieht sich in sich selbst zurück. Und Wanda selbst findet keine Freunde und will einfach nur eine heile Familie haben. Denn draußen ist doch Sommer. Eine Familie, die längst zerbrochen ist und dennoch alles daran setzt, aus den Scherben ein neues schönes Bild zu formen. Das ist der Grundkonflikt in Frederike Jehns Spielfilmdebüt. Wie tief die Wunden aber wirklich gehen und wie wenig man noch retten kann, das zeigt Jehn mit reduzierten Dialogen, eindringlich ruhigen Bildern und Darstellern, denen man die seelischen Narben abkauft. Vor allem Maria Dragus als Wanda ist überwältigend in ihrem stillen, aber doch energischen Kampf gegen den Zusammenbruch der Familie. Der Zuschauer leidet mit ihr und den Geschwistern und hofft bis zum Schluss auf Versöhnung. Ein konsequent erzähltes Drama, kühl inszeniert und doch sehr berührend.
Jurybegründung:
Die 14-jährige Wanda steht im Mittelpunkt der Erzählung. Mit ihrer Familie zieht sie aus der Stuttgarter Wohnung in das gemeinsame Wunschhaus mit Garten in der Schweiz. Im neuen Umfeld soll dies auch ein Neubeginn im gestörten Verhältnis der Eltern werden. Doch nicht jeder Neubeginn kann auch erfolgreich sein. Schnell brechen die alten Wunden wieder auf: Vater Joachim überzieht im Bemühen familiärer Aktivitäten, wird offenbar in seinem neuen Arbeitsfeld auch nicht glücklich und greift vermehrt zum Alkohol. Mutter Anna vermag keinen neuen beruflichen Start zu beginnen und muss sich gleichzeitig den wachsenden Vorwürfen des Mannes stellen. Und so steigern sich die Auseinandersetzungen zwischen den Beiden. Im Konfliktherd dazwischen die Kinder: Wandas kleiner Bruder hört auf zu sprechen und Schwester Sophie stellt immer dann die Musik an, wenn das familiäre Treiben für sie unerträglich wird. Wanda leidet heftig unter dem aus den Fugen geratenen Elternhaus, hat Probleme in der Schule mit einem gefühllosen Lehrer und der Ablehnung durch ihre Mitschüler und wird mit ihrer unschuldigen Naivität noch zum Spielball eines mehr als gestörten Nachbarjungen. Dann ist es aber Wanda, welche entschieden die Initiative ergreift und Bewegung in den Lauf der Dinge bringt.
Stilsicher und sehr konsequent in der Inszenierung rollt sich das Geschehen vor dem Auge des Zuschauers ab, der mit Spannung, Beklemmung und auch Faszination Zeuge wird, wie das Familiendrama wie eine tickende Zeitbombe zur Katastrophe steuert. Unterschwellig wirkt auch die soziale Problematik der Akzeptanz von deutschen Bürgern in der Schweiz auf Wandas Familie ein.
Das Mitgefühl des Zuschauers gilt in erster Linie den Kindern. Dem Unvermögen der Eltern, Gefühle zu zeigen, kann man nur mit Mitleid begegnen. Das Spiel der Protagonisten ist überzeugend, wobei man besonders der Leistung der Kinder und an ihrer Spitze der jungen Maria-Victoria Dragus als Wanda Respekt zollen muss.
Insgesamt eine Parabel für viele Familien in Aufruhr, unter dem besonders die Kinder leiden müssen.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)