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Doraibu mai kâ: Elektrisierende Verfilmung einer Kurzgeschichte von Haruki Murakami über einen Regisseur mit Schuldkomplex.

Handlung und Hintergrund

Zwischen den Eheleuten Yusuke Kafuku (Hidetoshi Nishijima) und seiner Frau Oto (Reika Kirishima) gibt es trotz des vermeintlich harmonischen Eindrucks einige Geheimnisse. Während er als Regisseur und Darsteller arbeitet, denkt sie sich als Drehbuchautorin Geschichten aus. Als sie eines Tages reinen Tisch machen will, stirbt sie kurz vor der Aussprache an einer Hirnblutung.

Zwei Jahre später hat Yusuke den Tod seiner Frau nicht verarbeitet. Dennoch will er erneut Arbeit finden. In Hiroshima soll er für ein Theaterfestival das Stück „Onkel Wanja“ inszenieren. Von der Festivalleitung wird ihm die junge Fahrerin Misaki Watari (Toko Miura) zur Seite gestellt. Zwischen der schüchternen Frau und dem noch immer niedergeschlagenen Mann beginnt sich über die Zeit ein tiefes Vertrauen zu bilden, wenn sie über ihre Vergangenheit, die Verluste und Träume an das Leben sprechen.

„Drive My Car“ – Hintergründe, Kinostart

Basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte des gefeierten japanischen Autors Haruki Murakami, erschienen im Kurzgeschichtenband „Von Männern, die keine Frauen haben“, adaptiert Ryūsuke Hamaguchi die Geschichte für die Leinwand.

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Die Weltpremiere fand im Rahmen der Cannes Filmfestspiele 2021 statt, wo der Film um die Goldene Palme konkurrierte, von den Kritiker*innen als großer Favorit auf den Hauptpreis galt und am Ende mit dem Preis für das Beste Drehbuch geehrt wurde. In Deutschland ist das japanische Drama ab dem 23. Dezember 2021 in den Kinos zu sehen.

„Drive My Car“ bei den Oscars 2022

Bereits im Vorfeld der Oscars 2022 gilt „Drive My Car“ als großer Favorit auf mindestens einen der Goldjungen. Als japanischer Beitrag gewann das Drama vorab bereits bei den Golden Globes 2022 den Preis als nicht-englischsprachiger Film. Bei den Oscars ist das Drama nicht nur als Bester Internationaler Film nominiert, sondern durfte sich insgesamt über vier Nominierungen, etwa für den Besten Film und Besten Regisseur freuen. Am Ende des Abends ging das Drama mit der Trophäe für den Besten Internationalen Film nach Hause.

News und Stories

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Ryûsuke Hamaguchi
Darsteller
  • Hidetoshi Nishijima,
  • Reika Kirishima,
  • Tôko Miura
Drehbuch
  • Ryûsuke Hamaguchi,
  • Takamasa Oe

Kritikerrezensionen

  • Drive My Car: Elektrisierende Verfilmung einer Kurzgeschichte von Haruki Murakami über einen Regisseur mit Schuldkomplex.

    Elektrisierende Verfilmung einer Kurzgeschichte von Haruki Murakami über einen Regisseur mit Schuldkomplex. Von Japan für den Oscar eingereicht.

    Letzthin haben es enigmatischen Vorlagen von Haruki Murakami gut gehabt im Kino. Lee Chang-Dong hatte vor drei Jahren mit dem großartigen „Burning“ einen großen Aufschlag in Cannes. Nun legt der Japaner Ryusuke Hamaguchi, der erst im März 2021 mit „Wheel of Fortune and Fantasy“ in Berlin den Großen Preis der Jury gewinnen konnte, bei seiner zweiten Einladung in den Wettbewerb von Cannes mit „Drive My Car“ ebenfalls eine Kurzgeschichte des Meisters vor und breitet sie auf drei Stunden aus. Das guckt man nicht einfach weg, und doch lohnt der lange, verschlungene weg, den man zurücklegt. In einer ausführlichen Exposition lernt der Zuschauer einen gefeierten japanischen Theaterregisseur kennen, der ganz besondere Produktionen auf die Bretter bringt: Er lässt Klassiker von verschiedensprachigen Schauspielern spielen, begleitet von mehrsprachigen Untertiteln, die über der Bühne auf eine Leinwand projiziert werden. Die Frau des Regisseurs ist eine erfolgreiche Fernsehautorin. Nach dem Liebesspiel erzählt sie ihm eine ausufernde Geschichte über eine junge Frau, die unbemerkt immer wieder in der Wohnung eines Mannes einsteigt und dabei kleine Mementos hinterlässt. Das ist Murakami in Reinkultur: ineinander verwobene Erzählstränge, Doppelgängermotive, merkwürdige Krankheiten, die womöglich den Blick auf die Dinge beeinträchtigen. Man wartet förmlich auf eine Katze und unergründliche Erdlöcher, die in allen frühen Romanen Murakamis eine Rolle spielen. Aber immerhin wird später von einem Erdrutsch erzählt, der ein Haus unter sich begräbt. Als der Regisseur eines Tages später als verabredet nach Hause kommt, liegt seine Frau leblos am Boden, ein Gehirnschlag aus heiterem Himmel. Ende der Exposition. Nach 45 Minuten zeigt Hamaguchi die Credits. Muss man erst einmal bringen. Und geht dann zur eigentlichen Geschichte über, die zwei Jahre nach dem bislang Gezeigten angesiedelt ist und sich dreht wie ein gut geschmiertes Rad des Zufalls und der Fantasie. Der Regisseur soll in Hiroshima Tschechows „Onkel Wanja“ inszenieren, mit japanischen, chinesischen und koreanischen Schauspielern und einer gehörlosen Laiendarstellerin, die in Gebärdensprache spricht. Sein Hauptdarsteller ist ein junger, zu Affekthandlungen neigender Filmstar, der eine Affäre mit der Frau des Regisseurs hatte, was den aber nicht weiter tangiert. Ausführlich folgt man dem Probenprozess. Dazwischen wird Whisky getrunken und geraucht. Immer wieder braust das rote Auto durchs Bild und die endlosen Straßen entlang. Und jeder erhält die Gelegenheit, die Handlung noch weiter zu verkomplizieren, indem er seine Geschichte erzählt. Der Film liebt den Rhythmus von Sprache, ist vernarrt ins Fabulieren und findet darin einen Rhythmus, dem man sich nicht entziehen kann, eine eigene innere, zwingende Logik. Es kommt zu einem Mord und eine Reise quer durch Japan. Zu behaupten, man könne den Überblick bewahren, wäre übertrieben. Jeder einzelne Erzählstrang bedingt den anderen, fügt sich schließlich zu einem großen Ganzen, kommt dem Kern der Sache auf die Spur. Wenn am Ende die gehörlose Schauspielerin in vollkommener Stille den Monolog Sonjas deklamiert, ist es so leise, dass man ihre Handzeichen zu hören glaubt. Es ist ein Moment reiner Katharsis, ein ganz pures Glücksgefühl, das einen durchströmt. „Wir werden ausruhen“, sagt sie. Das Verwirrspiel ist zu Ende. In der letzten Szene sieht man die Chauffeurin als Besitzerin des roten Saab, sie trägt beim Einkaufen eine Gesichtsmaske. Der Film ist im Hier und Jetzt angekommen. Was man vom Gezeigten als wahr erkennt, muss jeder mit sich selbst ausmachen. Großer Film.

    Thomas Schultze.
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