Selbst zwei Sci-Fi-Epen reichen nicht aus, um das ganze Ausmaß der Welt von „Dune“ abzubilden. Dem fiel auch eine der größten Überraschungen über die Fremen zum Opfer.
– Achtung: Es folgen Spoiler zur „Dune“-Reihe! –
Denis Villeneuve gelang es, einem der einflussreichsten Sci-Fi-Bücher aller Zeiten – und sich selbst – zwei beeindruckende filmische Denkmäler zu setzen. Manche Aspekte kamen aber trotz der beachtlichen Laufzeiten zu kurz. So haben sicherlich nicht alle Zuschauer*innen verstanden, warum das Spice von Arrakis so wichtig ist: Nur damit sind interplanetare Raumfahrten möglich, da die Navigatoren das Gewürz brauchen, um ihren Verstand zu erweitern und so in die Zukunft sehen zu können, um sichere Routen planen zu können.
Dieser Aspekt der von Autor Frank Herbert erdachten „Dune“-Welt wird in Villeneuves erster Verfilmung immerhin kurz erwähnt. Andere vermeintlich wichtige Elemente spielen in den Adaptionen hingegen gar keine Rolle, wie zum Beispiel die Geburt und der viel zu frühe Tod von Pauls und Chanis Kind. Aus Zeitgründen und vermutlich, um das Publikum mit etlichen Erklärungen nicht zu langweilen und/oder zu überfordern, fokussierte sich Villeneuve bei seinen Filmen auf das Wesentliche und das angesichts des Erfolgs offenbar zu Recht.
Fans des „Dune“-Romans dürften es allerdings dennoch ein wenig schade finden, dass etliche Facetten der reichhaltigen Welt so gar keine Rolle spielten – unter anderem eine der größten Überraschungen über das Wüstenvolk der Fremen, wodurch manche vielleicht sogar meinen könnten, in den Filmen ein Logikloch entdeckt zu haben. Das Buch können wir euch übrigens nur wärmstens ans Herz legen:
In der Vorlage von Frank Herbert wird uns relativ schnell mitgeteilt, dass Herzog Leto und sein Gefolge glauben, dass es viel mehr Fremen auf Arrakis gibt, als die Harkonnen zu wissen glauben. Die früheren Herrscher gehen genau wie das Imperium allenfalls von ein paar tausend Personen aus, die in der Wüste leben, denn der südliche Teil des Planeten gilt als unbewohnbar. Die Vermutung des Hauses Atreides stellt sich jedoch als korrekt heraus: Es gibt tatsächlich Millionen Fremen auf dem Wüstenplaneten, vor allem in der südlicheren Hälfte. Aber nicht nur das: Sie sind sogar im Stillen dabei, diesen Teil des Planeten durch Terraforming zu verändern, denn entgegen des allgemeinen Glaubens verfügen sie dort über Wasser.
Da drängt sich natürlich die Frage (und das vermeintliche Logikloch) auf: Warum wissen die Harkonnen und der Imperator von all dem nichts? Hier kommt eine weitere Fraktion von „Dune“ ins Spiel, die in den Filmen keine Rolle spielt: die MAFEA-Gesellschaft. MAFEA steht für Merkantile Allianz für Fortschritt und Entwicklung im All. Diese Gilde kontrolliert den gesamten Handel mit Spice – was die Fremen für sich zu nutzen wissen, schließlich haben sie den leichtesten Zugang zu dem Gewürz.
Mit dem begehrten Rohstoff bestechen sie tatsächlich die MAFEA, wie Paul schlussfolgert, um ihre Anzahl und ihr Tun in der Wüste zu verheimlichen. So setzen sie über die Handelsgilde durch, dass praktisch keine Satelliten über Arrakis stationiert werden dürfen. Diese Information erklärt zudem auch, warum die Fremen derart hochentwickelte Technologie besitzen: Ihre Gesellschaft im Süden ist deutlich größer und entwickelter, als vermutet wird und sie haben Kontakte außerhalb von Arrakis, mit denen sie durch das Spice handeln können.
Erstaunliche Fakten über die ebenfalls auf Arrakis heimischen Sandwürmer liefert euch das folgende Video:
Unterlief Denis Villeneuve ein Fehler in „Dune 2“?
Das Satelliten-Verbot drängt allerdings den Verdacht auf, dass sich in „Dune 2“ ein Fehler geschlichen hat. Es geht um die Szene, in der Rabban (Dave Bautista) einen Harkonnen-Handlanger in seiner Wut tötet. Dabei befinden sie sich in einer Art Kontrollraum, in dessen Mitte mittels Hologramm eine Ansicht vom Wüstenplanten zu erblicken ist, durch die die Truppenbewegungen der Harkonnen erkennbar sind. Handelt es sich dabei tatsächlich um eine Luftüberwachung durch Satelliten? Oder werden die Harkonnen-Schiffe und ihr Personal eventuell doch über eine Art Peilsender oder andere Technologien verfolgt, die ohne Satelliten auskommen?
So oder so kann man diesen potentiellen Fauxpas wohl damit verschmerzen, dass der Hintergrund mit dem MAFEA-Verbot in den Filmen eben keine Rolle spielt; wobei Baron Wladimir Harkonnen (Stellan Skarsgård) im ersten Teil kurz erwähnt, dass es keine Satelliten über dem Planeten gibt. Alternativ lassen sich Fans eventuell damit trösten, dass womöglich nur die Nordseite von Arrakis von den Harkonnen beobachtet wird, weil sie auf der Südseite eh kein Leben vermuten. So wäre selbst bei einer Satelliten-Überwachung zu erklären, warum sie und das Imperium die Fremen derart unterschätzen.
Was die Filme vielleicht auch nicht derart eindrucksvoll vermitteln wie der Roman, ist die wahre Kampfstärke der Fremen. So erwähnt im Buch beispielsweise einer von ihnen im Gespräch mit dem Mentaten Thufir Hawat, dass es ihnen gelungen ist, 100 Sardaukar zu besiegen und dabei nur zwei ihrer eigenen Leute zu verlieren. Zum Verständnis: Sardaukar gelten als die absoluten Elite-Soldaten des Imperiums. Auf dem grausamen Gefängnisplaneten Selusa Secundus wurden sie praktisch durch natürliche Selektion zu überaus starken Kämpfern herangezüchtet. Dasselbe tat nur eben auch Arrakis mit den Fremen und anscheinend sogar deutlich besser. Zudem wissen die Fremen ihren Heimvorteil auf erstaunliche Art zu nutzen.
Ob wir die MAFEA noch in „Dune 3“ kennenlernen, bleibt abzuwarten; offiziell wurde die von Denis Villeneuve bereits geplante Fortsetzung noch nicht bestätigt. Bis es so weit ist, könnt ihr erst einmal überprüfen, wie viel ihr durch die Filme über „Dune“ gelernt habt: