Sechs Jahre nach dem Ende der Hit-Serie führt Vince Gilligan sein „Breaking Bad“-Universum fort. Im Netflix-Film „El Camino“ folgen wir Jesse direkt ab dem Punkt, an dem wir ihn damals verlassen haben. In seinem weiteren Abenteuer in Albuquerque verstecken sich natürlich in bester Gilligan-Art zahlreiche Anspielungen und Easter Eggs. Wir fassen sie für euch hier zusammen.
– Achtung: Es folgen große Spoiler für „Breaking Bad“ und „El Camino“!–
Mike, das Geld für die Enkelin und Alaska
„El Camino“ beginnt mit einer Rückblende in Staffel 5, die uns eine neue Szene zwischen Jesse und Mike zeigt. Die Sequenz spielt, als die Wege der beiden sich trennen und Mike vermeintlich flieht; in Wahrheit wird er kurz darauf von Walter White erschossen.
Jesse fragt Mike, was der mit seinem Geld machen wolle, woraufhin er nur sagt „das Übliche“. Mike hat in „Breaking Bad“ stets versucht, seiner Enkelin Kaylee sein Erspartes zu vermachen, die Behörden konfiszierten es jedoch beide Male.
Zudem enthüllt der Rückblick, warum Jesse nach Alaska will. Als er in Staffel 5 aus Albuquerque mit einer neuen Identität fliehen soll, entscheidet er sich für den kalten, gering besiedelten US-Bundesstaat. „El Camino“ verrät uns, dass Mike ihm diesen Gedanken in den Kopf gesetzt hat und Jesse gelingt es am Ende tatsächlich, dort die Ruhe zu genießen.
Janes Tod
Bei seiner Flucht vom Grundstück der Nazi-Bande muss Jesse sein Auto kurz vor einem Haus parken, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Als er wegfährt, sehen wir die Hausnummer „212“ auf dem Briefkasten. In Serien stehen solche Zahlencodes gerne für spezifische Folgen, so wohl auch hier. Staffel 2, Folge 12 war schließlich die Episode „Phoenix“ – in der Jane gestorben ist. Der Tod von Jesses großer Liebe hinterließ tiefe emotionale Narben bei ihm, in einem halbwegs versöhnlichen Abschluss taucht sie am Ende von „El Camino“ ebenfalls in einer Rückblende auf.
Sauls Büro und Los Pollos Hermanos sind verschwunden
Wenn Jesse bei Skinny Pete und Badger übernachtet, sehen wir einige Aufnahmen aus Albuquerque. Eine Ecke der Stadt zeigt dabei jenen Ort, wo früher Sauls Anwaltskanzlei und der Massagesalon waren. Der Anwalt musste in Staffel 5 ebenfalls fliehen und leitet inzwischen eine Bäckerei für Zimtschnecken in Nebraska. In der Ecke seines ehemaligen Geschäfts stehen mittlerweile eine Sportsbar, „Dirty Bourbon“, der vermutlich Alkohol verkauft und ein Geschäft namens „Lime“. Auch Gus Frings Fast-Food-Restaurant Los Pollos Hermanos hat es erwischt. Er besaß zwar mehrere Filialen, in „Breaking Bad“ sahen wir doch stets nur eine, deren Platz jetzt ein Restaurant namens Twisters eingenommen hat.
Die Waffe und das Gemetzel
Das Massaker, das Walter White im Serienfinale angerichtet hat, ist natürlich in „El Camino“ ein Thema. Prominent wird beispielsweise das Militärgewehr in den Nachrichten besprochen, mit dem Walt Jack und seine Nazi-Bande tötete. Woher er solch eine Waffe bekommen hat, ist für die Ermittler laut eigener Aussage ein Rätsel, wir wissen es aber: In der ersten Folge von Staffel 5 sah man schließlich, wie Walt die Waffe von einem Händler namens Lawson kaufte. Saul Goodman hatte die beiden schon früher miteinander in Kontakt gebracht.
Das Massaker selbst schafft es natürlich ebenfalls in die Nachrichten. Neun Leute starben dabei, acht von Jacks Bande und Walter White. Seit Jahren rankten sich Fan-Theorien um sein Schicksal. Dass er das Finale nicht überlebt hat, bestätigte „Breaking Bad“-Schöpfer Vince Gilligan erst kurz vor dem Start von „El Camino“, der Film selbst betonte es ebenfalls in einer Radiomeldung.
Brock Cantillo
Jesse gegenüber droht Todd in der Rückblende damit, er werde den Jungen besuchen, falls Jesse versuche, zu fliehen. Damit ist Brock Cantillo gemeint, mit dessen Mutter Andrea Jesse zwischenzeitlich zusammen war. Andrea wurde wiederum von Todd in Staffel 5 erschossen, als Jesse schon einmal versucht hatte, zu fliehen. Da ihm gedroht wurde, dass Brock der nächste sei, startete Jesse keinen weiteren Fluchtversuch mehr, auch nicht in „El Camino“.
Dass er Brock nach all den Monaten nicht vergessen hat, wird am Ende des Films deutlich. Ed, der Jesse nach Alaska brachte, überreichte er einen Brief an den Jungen. Wie es Brock seit dem Tod seiner Mutter ergangen ist, lässt der „Breaking Bad“-Film leider völlig offen.
Geglückter Entzug?
Jesses eigener Drogenkonsum war ein häufiges Thema in „Breaking Bad“ und vor allem Walter White und Gus Fring ein Dorn im Auge. Nach dem Tod von Jane machte Jesse einen Entzug, der durchaus eine beachtliche Zeit anhielt. Spätestens nachdem er Gale Boetticher erschießen musste, sackte Jesse jedoch einmal mehr in den Drogenkonsum ab. Ist er jetzt endlich clean? In der Gefangenschaft wird er sicherlich kein Meth oder anderweitige Substanzen konsumiert haben. Als ihm Badger zu Beginn von „El Camino“ anbietet, einen Joint zu rauchen, lehnt Jesse ab. Grund hierfür könnte der Zeitdruck sein oder eben, dass Jesse endlich von den Drogen losgekommen ist. Zumindest sehen wir ihn den Film über nichts mehr konsumieren.
Schrottplatz-Joe und Magnete
Den pfiffigen Schrottplatzbesitzer Joe lernten wir schon in „Breaking Bad“ kennen. Eine Anekdote erwähnt er selbst mit dem Stichwort „Magnete“. Zu Beginn von Staffel 5 mussten Jesse, Walt und Mike den Laptop von Gus Fring zerstören. Darauf befanden sich Aufnahmen, die die drei überführt hätten. Die Polizei hatte den Laptop allerdings schon in Gewahrsam genommen. Mit Joes Hilfe fuhr das Trio jedoch einen Truck mit starken Magneten neben die Asservatenkammer und konnte den Laptop so durch eine Betonmauer hindurch zerstören.
Sauls GPS-Trick
Joe liefert uns zudem ein weiteres Easter Egg, als er mit einem Gerät nach einem Peilsender am El Camino sucht. Solche Peilsender kamen bei „Breaking Bad“ mehrfach zum Einsatz, Walt suchte deswegen meist per Hand unter Autos nach solch einem GPS-Tracker, um in keine Falle zu tappen. Als er dies in Staffel 5 vor Saul tut, meint der lapidar, dass es für solche Arbeit auch ein Suchgerät gibt, damit man sich nicht die Finger schmutzig machen muss. Joe zeigt uns solch einen Peilsender-Sucher im Einsatz.
Walter Whites Geld
Falls ihr euch gefragt habt, woher Bagder und Skinny Pete die 8.200 US-Dollar haben, die sie Jesse geben: von Walter White. Im Serienfinale von „Breaking Bad“ spannt er die beiden ein, um Gretchen und Elliot genug Angst einzujagen. Die sollen schließlich Walts Kinder sein Geld weiterleiten. Badger und Skinny Pete nehmen dabei die Rollen der besten Auftragsmörder westlich des Mississippi ein, was ihnen dank zweier Laserpointer spielend leicht gelingt.
Jesses Familie und das späte Eingeständnis
Jesses Eltern, Adam und Diane, feiern ebenfalls eine Rückkehr in „El Camino“. Die beiden wollen noch immer, dass Jesse sich stellt und arbeiten zudem mit der Polizei zusammen. In „Breaking Bad“ gaben sie sich die Schuld daran, bei Jesses Erziehung versagt zu haben, der erkor sie ebenfalls als Sündenböcke aus. Im Film folgt jetzt das Eingeständnis. Im Gespräch mit ihnen meint Jesse, dass sie ihr Bestes getan hätten und er selbst daran Schuld sei, in das Drogengeschäft abgedriftet zu sein.
Jesses Bruder Jake wird im Telefongespräch lediglich erwähnt. Er befindet sich in „El Camino“ in London mit seiner Band. In „Breaking Bad“ rauchte er trotz seines jungen Alters Joints, da ihn die hohen Erwartungen seiner Eltern überforderten. Jesse wusste davon, erzählte seinen Eltern allerdings nichts. Auch nicht, als seine Mutter einen Joint fand, ihn fälschlicherweise Jesse zuwies und ihn aus dem Haus warf.
Lydias Tod und Todds Liebe
Von einem weiteren Opfer Walter Whites erfahren wir dank einer Radiomeldung. Eine junge Frau sei von Walt vergiftet worden und werde wahrscheinlich sterben. Dabei handelt es sich natürlich um Lydia, die mit Walt in Staffel 5 Geschäfte machte, ihn letztlich aber für Todd und dessen Bande fallen ließ.
Todd war in „Breaking Bad“ in Lydia verliebt, „El Camino“ liefert uns dafür einen weiteren, skurrilen Beweis. In einer Schneekugel in Todds Wohnung sind er und Lydia als Figuren nachgestellt. Lydia sitzt darin hoch erhoben auf einer Teetasse, weil sie stets eine Tasse Tee trank, wenn sie sich mit Todd in einem Café traf. Wie geschrieben: skurril.
Drew Sharps Spinne
Der Tod des Jungen Drew Sharp ist sicherlich einer der tragischsten Momente in Laufe von „Breaking Bad“. Nachdem Jesse, Walt und Co. in Staffel 5 einen Zug um Methylamin erleichtert hatten, standen sie plötzlich Drew gegenüber, der sie beobachtet hatte. Todd erschoss den Jungen zum Entsetzen von Jesse, woraufhin dieser aus dem Geschäft ausgestiegen ist.
Eine fiese Erinnerung an Drew findet sich in „El Camino“ in Todds Wohnung: die Vogelspinne. Die hatte Drew in der Wüste in einem Glas gefangen, bevor er Walt und den anderen über den Weg lief. Nachdem sie die Leiche und das Bike von Drew entsorgt hatten, behielt Todd die Spinne im Glas. Offensichtlich hat er ihr bei sich ein eigenes Terrarium eingerichtet, was mal wieder Bände über Todds moralisches Empfinden spricht.
Hinfort, Ungeziefer
Ein weiteres Easter Egg in Todds Wohnung könnt ihr entdecken, wenn der rothaarige Fake-Polizist Casey in das Zimmer kommt, in dem sich Jesse versteckt. Relativ weit vorn im Raum liegt ein T-Shirt von „Vamonos Pest“. Todd gehörte zu der Kammerjägerfirma, die Walt und Jesse dabei half, in kontaminierten Häusern heimlich Meth zu kochen.
Vertrautes Versteck
Wenn Jesse Todds Wohnung nach dem Geld durchsucht, schaut er auch unter der Spüle nach. Das war sicherlich kein Zufall: Unter seiner Spüle versteckte er schließlich in der Wohnung, die er von Janes Vater mietete, in Staffel 2 eine große Ladung blaues Meth.
Ed und der Staubfilter
Ed spielte in „Breaking Bad“ zwar nur eine kleine, aber dafür wichtige Rolle. Er versorgte Walt und Saul Goodman mit einer neuen Identität und schaffte sie aus Albuquerque, als in Staffel 5 das Chaos ausbrach. Jesse will dieselben Dienste in „El Camino“ in Anspruch nehmen. Ed erwähnt die beiden bei dieser Gelegenheit sogar, als er Jesse gegenüber dessen ehemaligen Partner und Anwalt anspricht.
Eds Geschäft entdeckt Jesse dank des roten Autos, das er in Staffel 5 schon sah, als er zuerst von ihm abgeholt werden sollte. Damals entschied er sich spontan dagegen, weil er in diesem Moment realisierte, dass Walt Brock vergiftet hatte.
Falls ihr euch übrigens wie Jesse nicht mehr an den Code erinnern könnt, der bei Eds Staubsaugerladen genannt werden muss: Ihr müsst nach einem neuen Staubfilter für einen Hoover MaxExtract Pressure Pro Model 60 verlangen. Fast, Jesse. Fast.
Kenny und die Ratte
In einer weiteren Rückblende sehen wir Kenny wieder, den wohl prominentesten Handlanger Jacks. Er ist genauso charmant wie eh und je und pflaumt Neil an, der laut seiner Meinung einen schlechten Job bei dem Leitsystem für Jesse gemacht habe. So erfahren wir letztlich auch, wer die Vorrichtung angebracht hat, die Jesse erlaubte, Meth zu kochen, aber verhinderte, dass er floh.
Kenny meint bei dieser Gelegenheit zudem, dass Jesse eine Ratte – also ein Verrät – sei. Der ehemalige Partner von Walt arbeitete schließlich mit der Drogenbehörde DEA zusammen, was ihn für Leute wie Kenny zu einer Persona non grata macht.
Bei dieser Rückblende sehen wir darüber hinaus das Bild von Andrea und Brock im Meth-Labor wieder, das Jesse motivieren sollte. Die Nazi-Bande machte damit schließlich von Anfang an deutlich, dass sie wissen, wo Andrea und ihr Sohn wohnen.
Ich will kein Käfer sein
Wenn Jesse bei der Schweißerei von Neil wartet, nimmt er zärtlich einen Käfer auf seine Hand. Eine ähnliche Szene gab es schon in „Breaking Bad“, wo Jesse ebenfalls einen Käfer geduldig auf seine Hand krabbeln ließ und dann absetzte. Mit solchen Momenten soll verdeutlicht werden, dass die Person keiner Fliege etwas zuleide tun könnte, beziehungsweise eben keinem Käfer. Skinny Pete zertrat den Käfer in der ursprünglichen Szene in „Breaking Bad“ übrigens, nachdem Jesse ihn abgesetzt hatte. Spätestens mit „El Camino“ dürfte sich Pete aber wieder reingewaschen haben.
Denk doch mal einer an die Kinder!
Nachdem er Neil und Casey erschossen hat, verlangt Jesse von den drei übrigen Männern deren Führerscheine. Der letzte im Trio meint gegenüber Jesse, dass er Kinder habe, doch der zeigt kein Mitgefühl, sondern erwidert barsch, dass ihm das völlig egal sei. „Breaking Bad“-Fans wissen natürlich, dass Jesse hier nur den kalten Mann markiert. Gerade bei ihm sind Kinder eine rote Linie, was bei Brock, Drew Sharp und dem Bruder von Andrea deutlich wurde. Für letzteren legte sich Jesse schließlich in Staffel 3 sogar mit Gus Fring an.
Walter White, das Eisbad und Meth im Millionen-Wert
Die Rückblende mit Walter White dürfte für Fans einer der emotionalsten Momente in „El Camino“ sein. Die Szene selbst spielt nach der Folge „4 Tage Auszeit“ aus Staffel 2, wo Walt und Jesse in der Wüste mehrere Tage Meth kochen und dort stranden. Letztlich konnten sie sich retten und kamen in einer Art Raststätte unter, was in einer späteren Staffel von „Breaking Bad“ bereits angesprochen wurde. Dort redeten die beiden darüber, wie sehr sie das fließende Wasser und das Essen dort genossen haben. Jesse sehen wir hier entsprechend bei einem Eisbad und wie er die kühle Klimaanlage genießt, weil er zuvor die Hitze der Wüste zu spüren bekam. Zudem telefoniert er mit Jane, die zu dieser Zeit noch lebte.
Beim Essen reden sie von der großen Menge Meth, die die beiden bei ihrem Ausflug gekocht haben. Walt fragt Jesse, ob dieser jemanden kenne, der ihnen alles abkaufen würde. Jesse entgegnet lapidar, dass niemanden die dafür nötigen 1,3 Millionen US-Dollar rumliegen habe. Am Ende von Staffel 2 kommt es aber genau dazu: Gus Fring kauft ihnen das gesamte Meth für über eine Millionen US-Dollar ab.
Walt entlarvt sich in der Szene zudem selbst. Zu Jesse meint er, dass dieser Glück habe, nicht sein ganzes Leben auf so etwas Besonderes habe warten zu müssen. Erst im Serienfinale gestand sich Walt schließlich ein, dass er seine Verbrechen begangen hat, weil er gut darin war und sich dadurch lebendig gefühlt hat. Der Krebs und das Wohl seiner Familie waren letztlich nur der willkommene Anlass, um seine Midlife-Crisis auszuleben, auch wenn Walt das lange Zeit über nicht wahrhaben wollte.
Ende gut, alles gut
Jesses Ende in „Breaking Bad“ und das in „El Camino“ sind sich sehr ähnlich, mit einigen entscheidenden Änderung. Im Serienfinale fährt Jesse in einem Auto ins Ungewisse, hysterisch lachend und weinend, da er trotz der Befreiung emotional gebrochen ist. Am Ende des Netflix-Films fährt er erneut ins Ungewisse, diesmal jedoch selig grinsend, da er endlich seine Ruhe finden kann.