Kurz vor dem Start seines neuen Films bezog Will Smith jetzt deutlich Stellung zu der berüchtigten Oscar-Nacht, die in den vergangenen Monaten sein Leben bestimmte.
Die Oscar-Verleihung vom 28. März 2022 hätte aus mehreren Gründen in Erinnerung bleiben können. Mit „CODA“ gewann erstmals eine Produktion eines Streamingdienstes (Apple TV+) den Oscar in der Kategorie Bester Film, der noch dazu zur Repräsentation der gehörbeeinträchtigten Community auf einer großen Bühne beitrug. Mit Tony Kotsur wurde zudem der erste gehörlose Mann mit einem Academy Award ausgezeichnet. Mit Jane Campion („The Power of the Dog“) gewann eine Frau den Oscar für Beste Regie, was aufgrund der Seltenheit leider immer noch eine Erwähnung wert ist. Zudem vergoldete Will Smith scheinbar seine Karriere, da er – endlich, dürften viele sagen – einen Oscar als Bester Hauptdarsteller für seine Leistung in „King Richard“ erhielt.
Bekanntlich sorgte Will Smith aber auch selbst für den Tiefpunkt seiner Karriere, da er zuvor Laudator Chris Rock wegen eines geschmacklosen Witzes über seine Frau Jada Pinkett Smith geohrfeigt hatte. Es war quasi die Ohrfeige, die um die Welt ging, denn am nächsten Tag sprachen alle über Smiths live übertragenen Gewaltausbruch, aber kaum über die Gewinner*innen des Abends. Will Smith wurde in der Folge zur persona non grata, erst jetzt, gut acht Monate später, steht mit „Emancipation“ der Start seines nächsten Films an, zu dem ihr euch hier den Trailer ansehen könnt:
Ab 9. Dezember könnt ihr das Sklavendrama von Antoine Fuqua („The Equalizer“) bei Apple TV+ streamen (hier könnt ihr euch euer Abo sichern) und natürlich tourt Smith gerade durch etliche US-Talkshows, um für „Emancipation“ die Werbetrommel zu rühren. Klugerweise ignoriert er dabei nicht seinen Oskar-Skandal, sondern wagt die Flucht nach vorne. So zeigte er bereits Verständnis, wenn manche seine Werke künftig boykottieren wollen, auch wenn er sich erhofft, ein Publikum mit seinem neuen Film zu finden.
Zu Gast in „The Daily Show“ sprach er mit Moderator Trevor Noah jetzt sogar so offen wie nie zuvor über seine Attacke gegen Chris Rock:
Will Smith erklärt, wieso es zum Ausbruch kam
Dabei zeigte sich Smith sichtlich emotional, musste sich ein ums andere Mal Tränchen wegwischen und hatte zu seinem Verhalten unter anderem Folgendes zu sagen:
„Das war eine schreckliche Nacht, wie du dir sicherlich denken kannst. Es umfasst viele Nuancen und Komplexitäten. Aber letzten Endes bin ich einfach durchgedreht. Ich glaube, was ich sagen will: Man weiß nie, was jemand gerade durchmacht. In dem Publikum [im Studio] sitzt ihr jetzt neben Fremden. Jemand hat letzte Woche seine/ihre Mutter verloren. Jemandes Kind ist krank. Jemand hat seinen/ihren Job verloren. Jemand hat gerade herausgefunden, dass er/sie betrogen wurde. Es gibt all diese Dinge und es sind alles Fremde und man weiß einfach nicht, was Leute gerade durchmachen. Ich habe in dieser Nacht etwas durchgemacht, nicht dass das mein Verhalten im Geringsten rechtfertigen würde.“
Als Lektion habe Will Smith für sich mitgenommen, dass Menschen netter zueinander sein müssen. Am schlimmsten sei es für ihn gewesen, dass er seinen Schmerz an andere weitergegeben habe und zitierte dabei die Binsenweisheit „hurt people hurt people“ (zu Deutsch: „Verletzte Menschen verletzen Menschen“). Er stimmte anschließend auch Trevor Noah zu, der meinte, er habe das Gefühl gehabt, Will Smith habe sich bei der Ohrfeige „für die falsche Sache zur falschen Zeit“ eingesetzt, dass dies nicht seinem wahren Ich entspreche und dass Smith sich wegen der ständigen privaten Kommentare und Attacken von Fremden im Internet gegen ihn und seine Familie zu einem Verhalten provoziert gefühlt habe, das ihm eigentlich nicht liege:
„Es lag an einer Vielzahl von Dingen. Es lag an dem kleinen Jungen, der gesehen hat, wie sein Vater seine Mutter zusammenschlägt. All das brach sich in diesem Moment Bahn. Das ist nicht die Person, die ich sein will.“
Ob man Will Smiths Erklärungen und Entschuldigungen glaubt und akzeptiert, muss natürlich jede Person mit sich selbst ausmachen. Klar ist jedenfalls, dass Smith mit ambitionierten Werken wie „Emancipation“ wieder aufgrund seiner schauspielerischen Leistungen für Schlagzeilen sorgen will. Das könnte ihm sogar direkt gelingen, manche vermuten, dass Smith aufgrund seiner Darstellung des in die Geschichte eingegangenen ehemaligen Sklaven Peter auch 2023 für einen Oscar als Bester Hauptdarsteller nominiert werden könnte. Sollte dem so sein, müsste er einen möglichen Gewinn jedoch woanders feiern: Wegen des Ohrfeigen-Skandals wurde er für zehn Jahre von den Oscar-Verleihungen verbannt.