Eine ausgebuffte Handlung oder mehrdimensionale Charaktere müssen es ja gar nicht sein ach was, beides würde nur stören. Denn schon in den alten Streifen einer der erfolgreichsten Horrorfilmreihe überhaupt fahren die hübschen jungen Teens nur an den idyllischen Chrystal Lake bzw. ins alte Sommercamp im Wald, um vordergründig irgendwas zu machen, hauptsächlich aber Sex zu haben, Belanglosigkeiten aufzusagen und sich schließlich möglichst brutal und kreativ ermorden zu lassen. Nämlich von Jason Vorhees.
Der ist der Kultkiller der Freitag der 13.-Filme und neben Michael Myers (Halloween) und Freddie Krueger (Nightmare on Elm Street) einer der Gottväter des Slasher-Horrors, einem der wohl standardisiertesten Sub-Genres überhaupt. Ein Bisschen funktioniert es wie ein Porno (und mit nackter Haut versuchte man eben auch die Kids Ende der 1970er / Anfang der 1980er ins Kino zu locken). Bloß dass die Sex-Nummern hier durch genüssliche Meucheleien ersetzt wurden.
Im ersten Freitag der 13.-Teil von 1981 was nicht nur jeder Scream-Fan wissen dürfte war der Mörder allerdings nicht Jason, sondern seine Mutter. Die war verrückt geworden, tötete erst die jugendlichen Aufseher des Camps, die für den Tod ihres Jungen verantwortlich waren und dann weitere Leute, die sich in den Wald verirrten. Special-Effects-König Tom Savini konnte ordentlich loslegen: Spieß durch Hals, Pfeil im Auge, all so Leckereien. Und auch wenn ab Teil 2 der missgestaltete Jason selbst Mutters Metzeln als Vulgär-Norman Bates fortführte (zunächst mit Sack über Kopf, dann, ab Teil 3 mit der mittlerweile ikonographischen Hockeymaske) und immer mehr zum Überkiller mit Zombiequalitäten mutierte, hat sich am Zehn-Kleine-Negerlein-Spiel der Horrors bis heute nichts geändert.
Im Gegenteil seit den 1990er ist das Slasher-Genre zu neuer Pracht erblüht. Und gräbt dabei dem guten Jason nun im Remake zugleich sein eigenes Grab. Denn im Sumpf des Üblichen und Einerleis versackt der Freitag der 13. von 2009. Sowohl in dem des aktuellen Horrorkinos (gerade mit Nacktheit wird hier nicht gegeizt), wie auch dem der alten Reihen-Filme. Von denen sich der 2009er-Freitag nicht wirklich in seinem Mangel an grundlegend Neuem oder Originellen oder auch nur dem Willen dazu unterscheiden mag.
Dass es auch anders ginge, hat man hoffen können: Rob Zombies Halloween-Remake (2007) war ein einziger Kraut-und-Rüben-Acker, aber dank Zombies eigenwilligem und kruden Engagement ein doch recht spaßiges Ding. Auch die Wiederauflage des Texas Chainsaw Massakers von Marcus Nispel und Kameramann Daniel Pearl geriet mit ihrem durchstylsierten Retro-Look überaus beachtlich.
Warum nun der ebenfalls von Nispel und Pearl gedrehte Freitag der 13. so ein inszenatorisch und visuell dröger Massenquatsch geworden ist, bleibt ein Rätsel. Wobei das verquere Drehbuch (von Freddy vs. Jason-Autoren Damien Shannon und Mark Swift, die es also besser wissen sollten) noch dazu so rumpelt und rasselt, dass es wieder zu Rod Zombie passen würde.
Schon die Texteinblendung fürs (nur deutsche?) Publikum ist ein unfreiwilliger Ulk: Der Film sei das Remake des alten und weiche inhaltlich von diesem ab. Was das soll? Keine Ahnung, zumal es bei dem reduzierten Geschehen eines Freitag der 13.-Films erst recht keine Rolle spielt. Schließlich liegt der Reiz im Verhältnis vom Immergleichen und seinen Variationen.
Aber natürlich hat der Text recht: Nispels Freitag der 13. remaked nicht den ersten Teil, er verwurstet gleich die ersten drei. Was man freilich daran festmachen kann, dass ganz kurz zu Beginn Mutter Vorhees den Tod findet, anschließend Jason als Sackgesicht weitermacht und schließlich die Hockeymaske findet.
Doch auch ein Clou, der im Kino für Gelächter sorgte und die James-Bond-Filme mit ihren Vortitelsequenzen in den Schatten stellt, vermittelt den Eindruck eines Mehrfilm-Wiederaufgusses: Nachdem die erste Gruppe in ihrer Camping-Nacht dem Machetenmann zum Opfer gefallen ist, beginnt der Film offiziell (nach ca. 20 Minuten) und die nächsten Teenies dürfen anreisen. Beide Stränge werden zwar durch Clay (Jared Padalecki) zusammengehalten, der nach seiner Schwester Whitney (Amanda Righetti) aus der ersten Gruppe sucht. Aber die Spannungsdramaturgie geht insgesamt an vielen Ecken und Enden schlicht kaputt. Sei es, dass man hier wie da mit den Opfern nicht mal die Mindestzeit verbringt, um ihr Dahinsiechen ein kleinwenig mehr als nur zur Kenntnis zu nehmen oder ein Gefühl für die Zeit und den Ort, an dem alles so irgendwie passiert. Sei es, dass schlicht vieles zu schnell und beiläufig eingeführt, verraten oder verschenkt wird: Wenn schon nach zehn Minuten Jasons Hütte gefunden, durchstöbert und als ziemlich eklig-gruselig vorgeführt wird, lässt sich aus dem zweiten Auffinden und Durchstöbern später im Film wenig Spannung schlagen.
Auch, dass man Jasons unmaskierte Fratze schon zur Mitte (so halb) zu sehen bekommt oder die Figur, die den Endkampf mit bestreitet, eigentlich dem Film doch ziemlich verloren gegangen ist, trägt nicht gerade in Sachen Höhepunkt und Involviertheit bei. Es mag vielleicht nach ein Gegen-den-Strich-Erzählen klingen, bleibt aber bloß Murx.
Freitag der 13. erzählt dementsprechend nicht nur zwei der üblichen Filme ohne Punkt und Komma hintereinander weg und findet keine Zeit für ein bisschen Gruselatmosphäre (die Handheldkamera versagt in Sachen Stalken und Slashen dahingehend auch ganz schlimm). Er packt auch viel zu viel von der Jason-Mythologie lustlos hinein, als gäbe es kein Morgen mehr. Obwohl gerade der Schluss so offen wie eh und je sein mag und dabei erneut mit verständnislosen Muss-auch-noch-irgendwie-rein Versatzstücke zu einem ärgerlich wackligen Haufen Unfug auftürmt.
Das Schlimmste am Film ist jedoch, dass aus der Figur des Supermörders Jason partout kein Kapital geschlagen wird. Wo doch er die Freitag der 13.-Serie zum Dauererfolg gemacht und über das Allerweltsgros des Einwegmörder-Abzählhorrors hinausgehoben hat. Der aktuelle Jason legt fiese Fallen, hat das runtergekommene Camp Chrystal Lake mit einer Flutlichtanlage versehen und untertunnelt, und lässt so, wie auch über die verblüffend einfallslose Inszenierung seiner an sich immer noch originellen Erscheinung, alle mystische Wucht (der Böse Mann im archetypischen Wald oder wenigstens: der personifizierte Tod) vermissen. Wie Leatherface ist er nur ein Durchgeknallter. Allerdings ohne puren Redneck-Wahnsinn als Background, dafür mit einem vom Film knapp und freudlos einfach so dahingeworfenem Mutter-Besessenheitskult.
Letztlich wirkt der aktuelle Freitag der 13. viel zu oft wie eine Schnell-, Kurz- und Zusammenfassung der Serie, ein Wikipedia-Eintrag. Was bei (einem) Film(en), die / die wie Porno(s) funktionieren (s.o.) keinen Sinn macht.
Nein, bei aller Plattheit: Jason hätte mehr Engagement verdient.
Fazit: Freitag der 08/15 seltsam dysfunktional konzipierter, lustloser und dem Kult-Killer Jason unwürdiger Neuaufguss (oder Nachtrag) der Horror-Erfolgsserie.