FRITZI - EINE WENDEWUNDERGESCHICHTE von Ralf Kukula und Matthias Bruhn erzählt als liebenswert nostalgisch anmutender Animationsfilm die Geschichte der deutsch-deutschen Wende im Jahr 1989 aus der Sicht eines 12-jährigen Mädchens.
Leipzig, Sommer 1989: Die 12-jährige Fritzi freut sich auf die Sommerferien. Auch wenn ihre beste Freundin Sophie mit ihrer Mutter nach Ungarn fährt. Aber wenigstens kann Fritzi auf Sophies Hund Sputnik aufpassen und ein paar Wochen gehen ja schnell vorbei. Doch als die Schule wieder beginnt, kommt Sophie nicht wieder. Sie ist mit ihrer Mutter über die ungarische Grenze in den Westen geflohen. Fritzi will einfach nicht verstehen, dass sie ihre beste Freundin nun nicht mehr wiedersehen soll und außerdem muss sie Sophie doch ihren Hund zurückbringen. Und so macht sie sich auf, um Sputnik über die deutsch-deutsche Grenze zu schmuggeln. Die friedliche Revolution, die dazu führte, dass die Mauer zwischen der DDR und der BRD fiel, feiert in diesem Jahr ihren dreißigsten Jahrestag. Grund genug, die Geschichte aus der Perspektive eines Mädchens zu erzählen, das mit unschuldigem Blick auf all das schaute, was in der Welt vor ihrer Haustür vor sich ging. FRITZI - EINE WENDEWUNDERGESCHICHTE basiert auf dem gleichnamigen Kinder- und Jugendbuch von Hanna Schott und erzählt von einem Stück deutsch-deutscher Geschichte, ohne jemals wie ein Geschichts-Lehrstück zu wirken. Dass die Welt der DDR keine Welt von Schwarz und Weiß, von Gut und Böse war, das macht der Film ebenso klar wie die schwierige Situation der Familien, die entscheiden mussten, ob es besser wäre zu bleiben oder zu gehen. Dass bei diesen Grundkonflikten der Film seine Heiterkeit trotzdem nie verliert, ist der spritzigen Erzählweise und der heiteren Grundstimmung geschuldet. Ebenso spielerisch wie die Story wirken auch die liebenswert altmodischen Illustrationen von Ralf Kukula und Matthias Bruhn, die den Betrachter mit nostalgischem Charme in die Zeit des Erzählten zurückversetzen. Bis in jedes kleine Hintergrundbild wurde auf historische Detailgenauigkeit geachtet, die Stimmen der Sprecher passen perfekt auf die Figuren. FRITZI - EINE WENDEWUNDERGESCHICHTE ist ein märchenhafter und liebevoller Blick zurück auf deutsch-deutsche Geschichte und somit gerade für jüngere Zuschauer ein perfekter Einstieg in das Wendewunder.
Jurybegründung:
Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.
Der Film Fritzi - Eine Wendewundergeschichte basiert auf dem Kinderbuch Fritzi war dabei: Eine Wendewundergeschichte von Hanna Schott mit den Illustrationen von Gerda Reidt. Für den Film haben Ralf Kukula und Matthias Bruhn ein etwas zeitgemäßeres Animationskonzept entwickelt, das sich zugleich an den Klassikern der ligne claire orientiert.
Die Geschichte beginnt zu Schulbeginn im Sommer 1989 in Leipzig: Fritzis beste Freundin Sophie hat mit ihrer Mutter Ferien in Ungarn gemacht, ist jedoch nicht zurückgekehrt. Langsam beginnt Fritzi zu verstehen, dass ihre beste Freundin nach Westdeutschland geflohen ist und ihr nur den Hund zurückgelassen hat. Sie stellt sich erstmals essenzielle Fragen, die auch sie betreffen können: Doch warum muss man eigentlich aus seinem eigenen Land fliehen?
Die Suche nach ihrer Freundin führt Fritzi eher zufällig in die Montagsdemos, die gegen die Mauer protestieren, an die militärisch gesicherte Grenze und bringt sie in Konflikte in ihrer Schule und mit der Staatssicherheit. Fritzi erlebt die Stadt Leipzig zur Zeit des Mauerfalls, immer in der Hoffnung und Bemühung, ihre Freundin Sophie endlich wieder in ihre Arme schließen zu können - bis sich die Mädchen dann an der Grenze gegenüber stehen.
Der Film Fritzi - Eine Wendewundergeschichte ist der Versuch, die DDR-Thematik in ihrer Differenziertheit deutlich zu machen. Einige stereotype Darstellungen kommen dem märchenhaften Duktus des Films entgegen, mögen aber auch der kindlichen Perspektive geschuldet sein. Viele Aspekte der Ideologie werden nach und nach über Dialoge geklärt und für ein kindliches Publikum nachvollziehbar aufbereitet.
Eine große Detailfreude ist in der Darstellung des Milieus bemerkbar: Schaufenster, Klassenzimmer, Stadtbild, Grenzanlagen - all das wurde sorgfältig nach historischen Dokumenten und Zeitzeugenerfahrungen rekonstruiert. Dem kommt eine differenzierte Figurenzeichnung von Eltern und Kindern entgegen.
Klassische Zeichentricktechnik erweist sich als interessante künstlerische Entscheidung, zumal die Einfachheit des Figurendesigns mit der Detailliertheit der Hintergründe in Spannung steht, woraus ungewöhnliche Effekte resultieren, auch wenn die Narration an manchen Stellen ein wenig kitschig-märchenhaft gerundet wird. Das Thema wird aus der Sicht von Kindern, die zunächst naiv und dann immer bewusster involviert werden, beleuchtet. Politisch wirft der Film im Verhältnis zu heutigen Entwicklungen möglicherweise Fragen auf, die er nicht zwingend und durchweg befriedigend klären kann. Das ist dem künstlerisch, ästhetisch und dramaturgisch durchweg gelungenen Konzept jedoch nicht anzukreiden. Die Jury würdigt daher den Film nicht nur als Kinder- und Jugendfilm, sondern auch als Historienfilm für die ganze Familie mit dem Prädikat „besonders wertvoll“.
FBW-Jugend-Filmjury:
(www.jugend-filmjury.com)
Leipzig im Sommer 1989: Nachdem Fritzis beste Freundin aus der DDR in den Westen geflohen ist, merkt die 12jährige Fritzi wie unterdrückt ihr Leben dort ist. Gemeinsam mit ihrem neuen Freund Bela schmiedet sie einen Plan, wie sie ihrer geflüchteten Freundin Sophie ihren Hund Sputnik zurückbringen kann, den diese bei ihrer Flucht zurücklassen musste. Doch mit der Zeit erkennt Fritzi, dass es nicht nur um den Hund sondern um ein ganzes Land geht. Dieser Zeichentrickfilm, der in den entscheidenden Wochen vor dem Mauerfall spielt, ist gut recherchiert und erzählt diese historische Geschichte aus einer ganz besonderen Perspektive. Über das Thema der Freundschaft zwischen der Mädchen hinaus, veranschaulicht der Film das Leben in der DDR, die Unterdrückung, die Angst der Menschen, ihren Freiheitswillens und ihren Widerstand, der am Ende eine friedliche Massenbewegung wurde. Die damalige Atmosphäre und auch die Schauplätze werden sehr realistisch dargestellt. Einzelne Szenen entsprechen in der Umsetzung direkt historischen Bilddokumenten, die im Abspann des Films gezeigt werden. Das Zusammenspiel von Geräuschen und Musik hat die Bildebene gelungen ergänzt und die emotionalen Situationen hervorgehoben. Künstlerisch haben die detailreichen Hintergründe ein authentisches Bild der Stadt und der Ereignisse in Leipzig wiedergegeben. Die klassische Gestaltung dieses Zeichentrickfilms steht im Zusammenhang mit der Zeit in welcher der Film spielt. Sie weicht bewusst von der aktuellen typischen Computeranimation ab und wirkt auf ein junges Publikum daher eher ungewöhnlich. Der Film arbeitet mit vielen unterschiedlichen Kameraperspektiven und Einstellungsgrößen, was einen guten Überblick verschafft, den Szeneninhalten angemessen ist und Einblick in die Gefühlswelt der Figuren gibt. Die Farb- und Lichtgestaltung im Film ist bewusst eingesetzt und auf die entsprechenden Situationen abgestimmt. Die Geschichte des Films ist spannend erzählt. Neben vielen kleineren Spannungshöhepunkten wird die Grundspannung zum Ende hin gesteigert und endet in einem emotionalen Finale. Fazit: Dieser außergewöhnliche Film greift ein schwieriges, komplexes Thema kindgerecht auf und erzählt es in einer berührenden Geschichte. Wir empfehlen den Film Mädchen und Jungen ab 10 Jahren und allen begleitenden Erwachsenen, die auf unterhaltsame Weise etwas über die jüngste Geschichte Deutschlands erfahren möchten.
interessant: 4 Sterne
lehrreich: 4,5 Sterne
berührend: 5 Sterme
dramatisch: 4 Sterne
spannend: 3,5 Sterne
Gesamtwertung: 4 von 5 Sternen.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)