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Germania: Dokumentation über die Mitglieder der schlagenden Münchner Studentenverbindung Corps Germania, die seit 1863 besteht und auf einer strengen Hierarchie beruht.

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Handlung und Hintergrund

In der Öffentlichkeit genießen Studentenverbindungen wie das Münchner Corps Germania einen fragwürdigen Ruf. Häufig werden die Mitglieder pauschal im rechten Spektrum verortet. Tatsächlich handelt es sich um einen exklusiven und abgeschlossenen Mikrokosmos, der seine Pforten nur selten für Außenstehende öffnet. Dem Regisseur Lion Bischof ist es gelungen, hinter die Kulissen des traditionsreichen Corps Germania zu blicken, die Mitglieder zu begleiten und zu interviewen.

Das Corps Germania besteht seit 1863 und beruht auf einem streng hierarchisch gegliederten, fast klaustrophobischen Alltag, in dem Traditionen, Rituale die größte Rolle spielen. Doch was treibt die jungen „Füchse“ (neue Mitglieder), diesen mitunter sehr ermüdenden Alltag über sich ergehen zu lassen? Welche politischen Ansichten und Weltbilder verbergen sich dahinter? Und welche Hoffnungen vereinen die jungen Männer, die mit ihrer Mitgliedschaft zu einem elitären Club gehören, der sie vielleicht ihr Leben lang begleitet?

„Germania“ — Hintergründe

Über die Welt der Studentenverbindungen gibt es viele Gerüchte, viel Hörensagen, doch nur wenige Menschen erhalten Einblick in die Abläufe hinter der Fassade. Dem Filmemacher Lion Bischof ist genau das gelungen. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten hat Bischof die Mitglieder des Corps Germania in München bei ihrem Alltag begleitet und zahlreiche Interviews geführt.

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Das Material wird von Bischof nicht kommentiert. Im Vordergrund des Filmes stehen die Aussagen der Studenten und die Bilder ihres Alltags. Welche Fragen Bischof in den Interviews stellt, blendet der Film aus. So kommt der Film seinem Objekt sehr nah, taucht in die mitunter auch faszinierende Welt der Corpsstudenten ein, überlässt es allerdings dem Publikum, das gesehene einzuordnen oder zu bewerten.

Auf dem Filmfestival Max-Ophüls-Preis 2018 wurde Matthias Lindermayer für zu „Germania“ mit dem Preis für die Beste Filmmusik in einem Dokumentarfilm ausgezeichnet.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Lion Bischof
Produzent
  • Johannes Schubert
Drehbuch
  • Lion Bischof
Kamera
  • Dino Osmanovic
Schnitt
  • Martin Herold

Kritikerrezensionen

    1. Intimer dokumentarischer Einblick in ein traditionelles Münchner Studentencorps im Jahr 2018.

      Das Corps Germania ist eine farbentragende und schlagende Verbindung männlicher Studenten in München, die seit 1863 besteht. Dies ist Fakt. Man kann es auf der Homepage nachlesen. Doch was ist eigentlich ein Corps genau? Und wie unterscheidet es sich von einer sogenannten „Burschenschaft“? Die oftmals komplett geschlossenen Studentenverbindungen liefern häufig Anlass für Spekulationen, Vermutungen - und auch Vorurteile. Der Filmemacher Lion Bischof hat mit seinem Team das Leben und Wirken im Corps Germania über mehrere Monate begleitet. Zusammen mit einem neuen „Fuchs“, der in die Germania eintritt, taucht der Zuschauer ein in den Mikrokosmos der Studentenverbindung. Dabei hält sich Bischof auch als Interviewender zurück, verzichtet auf einen Kommentar oder eine Wertung - doch die sehr enge Kamera, die kluge Montage und die an den richtigen Stellen einsetzende pointierte Musik setzen subtile Hinweise und geben Denkanstöße zu den Bildern, die oftmals eintönige und sich wiederholende Rituale zeigen. So fragt man sich als Zuschauer, wo denn genau die Faszination eines Corps oder einer Burschenschaft generell liegen mag. Die Protagonisten selbst kommen auch zu Wort, versuchen ihre Motivation in Worte zu fassen. Doch am stärksten gelingt dem Film dies, wenn er die Studenten einfach dabei beobachtet, wie sie untereinander agieren. Die Suche nach Orientierung, nach Männlichkeit und eine große Portion Hierarchie- und Elitedenken werden hier überdeutlich. Doch auch wenn die Handlungen oder Äußerungen nicht immer nachvollziehbar erscheinen, stellt der Film die Mitglieder des Corps nicht bloß. Denn GERMANIA ist ein Dokumentarfilm, der nicht kommentiert, sondern der zeigt. Und damit den Zuschauer anregt, selbst kritisch zu hinterfragen, was er sieht. Ein angenehm unaufgeregter und genau beobachteter Film über ein immens aufgeladenes Thema voller Vorurteile.

      Jurybegründung:

      Was sich hinter den Mauern der Verbindungshäuser von Studenten-Corps und Burschenschaften abspielt, war nicht nur für die Jury-Mitglieder bislang ein echtes Geheimnis. Denn einige studentische Verbindungen wirken auf Außenstehende wie Geheimbünde. Lion Bischofs GERMANIA hat geholfen ein wenig Licht ins Dunkel studentischer Verbindungen zu bringen, wenngleich der Film auch für kontroverse Diskussionen gesorgt und manche Fragen offen gelassen hat.
      „Acception“, „Reception“, „Füchse“ und „Chargen“: das Münchner Corps Germania ist eine streng hierarchische Gesellschaft. Der Elite-Gedanke schimmert an vielen Stellen des Films durch, Selbstzweifel dagegen nur selten.
      GERMANIA zeigt eine Handvoll Corps-Studenten. Sie berichten vor laufender Kamera von dem, was die Verbindung für sie bedeutet. Erzählen vom Freiraum, den das Corps ihnen bietet, von der Vorbereitung auf das Leben nach dem Studium, von Freundschaft und immer wieder auch von Treue. Es wirkt, als verstünden sie das Corps als moralischen Halt, als feste Struktur in der Hektik des Lebens. Und wirklich, das Corps setzt auf Traditionen, Bräuche, Weltbilder und strikte Hierarchien, die bestenfalls nostalgisch und schlimmstenfalls reaktionär wirken.
      Aus vielen Stunden Rohmaterial hat Lion Bischof interessante Einsichten in die Strukturen des Münchner Corps Germania erstellt. Das Besondere: Bischof lässt seine Bilder für sich sprechen. GERMANIA dokumentiert, kommentiert aber nicht. Damit verlässt er das Terrain journalistischer Dokumentation. Der Film zeigt Szenen aus dem Alltag des Münchner Corps, die Studenten im Kontext des Corps, bei Aufnahmeritualen, in Sitzungen und Übungen, auf Feiern und in Einzelgesprächen. Nach 72 Minuten Laufzeit sind die Akteure vor der Kamera zu echten Charakteren geworden. Was GERMANIA dagegen nicht zeigt, sind Bischofs Fragen an die Studenten und eine gesellschaftliche Einordnung. Das führte in der Filmdiskussion zu äußerst kontroversen Diskussionen, denn durch seine Art dokumentarischer Inszenierung schafft der Regisseur ein interessantes Spiel mit der Wirklichkeit, erzeugt aber auch eine durchaus riskante Nähe zum Objekt.
      Und auch in einer weiteren Beziehung regte GERMANIA zu einer hitzigen Diskussion an. Einerseits lässt Bischofs filmische Herangehensweise dem Zuschauer viel Raum zur Interpretation, anderseits den Corps-Studenten viele Möglichkeiten zur Selbstinszenierung. Interessanterweise kann das Ergebnis keinesfalls als kostenlose Werbung für das Corps verstanden werden. Im Gegenteil, wie sich im weiteren Verlauf der Diskussion herausstellte, zeigten sich die Jurymitglieder erstaunt über den hohen Grad an Infantilität unter den Corpsstudenten.
      GERMANIA ist eine vielschichtige Dokumentation über eine schlagende Verbindung, die nicht nur einen faszinierenden Zugang zu den Strukturen eines studentischen Corps bringt, sondern auch tiefe Einblicke in die Psyche der Studenten eröffnet. Dabei zeigt der Film Bilder, die sowohl von Chauvinismus als auch von Verletzlichkeit geprägt sind. Trotz einiger Längen eine reife Leistung, für die die Jury nach ausgiebiger Diskussion das Prädikat „wertvoll“ vergibt.

      Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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