Paul Mescal hat mich in „Gladiator 2“ leider enttäuscht. Dass er es besser kann, bewies er vorher und deswegen sage ich: Paul, lass die Finger vom Blockbuster-Kino!
Als Maximus Decimus Meridius erlangte Russell Crowe 2000 in „Gladiator“ einen Oscar und Weltruhm. Ein entsprechend großer Druck lastete auf Paul Mescal, den Hauptstar als Lucius in „Gladiator 2“ zu ersetzen. Und ich muss leider gestehen: Crowes Nachfolger war für mich eine große Enttäuschung in dem neuesten Film von Ridley Scott.
Die Gravitas, die Maximus umgab, diese unbändige Wut, die er in sich begrub und in der Arena nutzte, um wie ein Racheengel auf seine Gegner*innen niederzufahren, die teils drohende Resignation ob der Schwere seines Verlusts und der ausweglosen Lage, in der er sich befand – praktisch all das vermisste ich in Lucius. Paul Mescal ist dafür nicht allein verantwortlich zu machen, das Drehbuch tat ihm keinen Gefallen. Zu sehr wird die Aufmerksamkeit immer wieder von seiner Figur weggelenkt, um uns in das politische Ränkespiel Roms zu werfen, zu episodenartig fällt der Werdegang von Lucius als Gladiator aus, um Mescal wirklich eine Chance zu geben, sich dem gebührend hingeben zu können.
Eine zweifellos schwierige Situation für seine erste große Blockbuster-Rolle und doch lässt sie mich zu einem vielleicht harschen Urteil kommen. Doch ich möchte Paul Mescal bitte nicht mehr in Blockbuster-Filmen sehen. Nicht, weil er diesen nicht gewachsen wäre. Sondern im Gegenteil: Diese Filme sind unter seinem Niveau.
Wie uns „Gladiator 2“ gefallen hat, erfahrt ihr hier:
Paul Mescals nächste Filme machen mir Hoffnung
Dass Paul Mescal zu deutlich mehr in der Lage ist, hat er mir vor „Gladiator 2“ eindrucksvoll bewiesen. Wer „Aftersun“, „Normal People“ und „All of Us Strangers“ gesehen hat, kommt wohl kaum an dem Fazit vorbei, dass Mescal das Potenzial hat, einer, wenn nicht gar der herausragende Schauspieler seiner Generation zu werden. Passenderweise liegt es ihm, Figuren zu verkörpern, die für eine neue Art Männlichkeit stehen, da sie mit ihren Emotionen und internen Konflikten hadern. Gekonnt gelingt es dem Iren, stets ihre Verletzlichkeit durchschimmern zu lassen und dabei äußerst naturalistische Darstellungen zu finden, ohne jedoch ins Melodramatische abzudriften. Zugleich verfügt er über einen bestechenden Charme, weswegen ich darauf hoffe, dass künftige Projekte noch stärker diese Dualität seines Schauspiels ausreizen.
Paul Mescal scheint folglich dazu bestimmt zu sein, komplexe, emotional tiefgründige Figuren zu verkörpern – die es in Blockbustern jedoch äußerst selten anzutreffen gibt. Wer danach sucht, sollte ins Arthouse-Kino gehen und deswegen habe ich auch die Hoffnung, dass „Gladiator 2“ einer der seltenen Mainstream-Ausflüge des Iren bleibt. Die kommenden Filmprojekte von Mescal deuten zum Glück darauf hin, dass er seinen erfolgreichen Wurzeln treu bleibt:
- In dem Comedy-Muscial „Merrily We Roll Along“ verkörpert Mescal einen Broadway-Komponisten, der nach Los Angeles zieht, um dort Filme zu drehen. Da sich „Boyhood“-Regisseur Richard Linklater jedoch mal wieder für ein Mammutprojekt entschieden hat, werden wir dieses Werk wohl erst in 20 Jahren zu Gesicht bekommen.
- Für „Hamnet“ wird Mescal zu William Shakespeare, denn Regisseurin Chloé Zhao („Nomadland“) widmet sich der tragischen Geschichte, wie der Autor und seine Frau Agnes (Jessie Buckley) mit dem Verlust ihres einzigen Sohns zu kämpfen haben.
- „The History of Sound“ vereint den Iren mit dem ebenfalls gefragten Josh O’Connor („Challengers“), die beide Männer während des Ersten Weltkriegs spielen, die sich auf eine Reise durch die USA begeben, um die Musik und Stimmen des Landes aufzuzeichnen.
All das klingt nach spannenden Filmprojekten, in denen Paul Mescal seine schauspielerischen Qualitäten unter Beweis stellen kann. Skeptisch bin ich nur ein wenig bei „The Dog Stars“, denn hier steht der Schauspieler erneut für Ridley Scott vor der Kamera und muss sich diesmal durch eine post-apokalyptische Welt schlagen. Meine Hoffnung ist, dass diesmal mehr Wert auf die Emotionen und weniger das Spektakel gelegt wird. So oder so freue ich mich angesichts der genannten Projekte auf die nächsten Darbietungen von Paul Mescal. Nur auf das ins Gespräch gebrachte „Gladiator 3“ kann ich dankend verzichten…
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