Für Huck gibt es im Leben nur hohe Einsätze. Wenn es nicht gerade dicke Stapel der kleinen bunten Plastikchips sind, ist es der Ehering seiner Mutter, den sein Vater vor langer Zeit für das Spielen verscherbelt und wieder aufgetrieben hatte und der nun zwischen Sohn und Vater auf dem Pokertisch hin und her wandert. Es wird recht schnell klar, dass der eigentliche Wetteinsatz aber weder Geld noch Ring, sondern nur das eigene Ego ist. Huck als talentierter Pokerspieler möchte aus dem Schatten seines Vaters, der Pokerikone L.C. Cheever, hervortreten, dem sogar die besiegten Gegner noch Komplimente machen: Youre the only man I enjoy losing money to.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm Trotz seines offensichtlichen Hasses auf den übermächtigen Vater, der in seinen jungen Jahren das Familiengeld verspielte, verhält er sich genau wie dieser und verkauft alles, was ihm wichtig ist, für die tägliche Routine im Casino. L.C.s Talent hat er aber ebenfalls geerbt. Er beherrscht das Pokerface perfekt und was noch wichtiger ist kann hinter die Masken der Mitspieler blicken und ihre Körpersprache lesen. Sein einziges Problem ist, dass ihn seine Emotionen schnell zu unüberlegten Handlungen verleiten, besonders wenn der Vater in der Nähe ist.
Im wahren Leben dagegen ist der Mann in der schwarzen Lederjacke ein echter Player seine Beziehungen dauern meist nicht länger als eine Nacht. You play cards the way you should lead your life and you lead your life the way you should play cards, sagt L.C. einmal zu Huck und bringt damit dessen Persönlichkeit auf den recht simplen Punkt. Huck erweist sich als einseitige Figur da hilft auch die Vater-Sohn-Geschichte nicht, die dem Pokerface psychologische Tiefe verleihen soll, sich aber in Pokerduellen und angespannten Blicken zwischen den beiden erschöpft.
Das wundert umso mehr, als die Protagonisten die meiste Zeit des Films über damit beschäftigt sind, sich gegenseitig zu analysieren. Billie aus Bakersfield zum Beispiel meint, Hucks Inneres nur zu gut zu verstehen und möchte ihm dabei helfen, seine Emotionen vom Pokertisch auf seine Beziehungen zu Frauen umzupolen. Billie ist eine Frau mit festen moralischen Grundsätzen, die ihren Glückskeks vor dem Essen öffnet, um dann während des Kauens über dessen Botschaft nachsinnen zu können. Das mag der Grund sein, warum sie zu jeder Tages- und Nachtszeit philosophische Eingebungen auf Kalenderblatt-Niveau zum Besten gibt Maybe giving and receiving are more complicated than winning and losing.
Drew Barrymore als unschuldiges, aber weises Naivchen mit den großen Augen und dem noch größeren Herzen geht einem recht schnell auf die Nerven, so dass der Zuschauer eigentlich froh sein kann, dass die Liebesgeschichte in Glück im Spiel kaum eine Rolle spielt. Er ist einer dieser wenigen Liebesfilme, bei dem man hofft, dass die Helden nicht zusammenkommen denn weder die Unschuld vom Lande noch das spielsüchtige Pokerface mit Familientrauma sind eine besonders gute Partie.
Statt Liebesgeschichte oder spannender Action bekommt das Publikum vor allem eines zu sehen: Poker, Poker und noch mal Poker. In Las Vegas, der Stadt der Casinos, der Hawaiihemden und der Goldkettchen werden die Gefechte nur auf dem Pokertisch ausgetragen anstelle von Pistolenschüssen oder dem Klirren von Degenklingen regiert hier die angespannte Stille, in der jeder versucht, die Gedanken seiner Gegenspieler zu lesen. Dies könnte ja ebenso nervenaufreibend und spannend sein, doch leider schafft es die unabwechslungsreiche Inszenierung nicht, den Nervenkitzel, den die Protagonisten beim Spielen zu verspüren scheinen, für den Zuschauer nachvollziehbar zu machen.
Ein Pokerspiel reiht sich an das nächste. Mal verliert Huck, mal gewinnt er Diese Regel hat man gleich zu Beginn verstanden und fragt sich während des Rests des Films, warum man sich die Spiele dann eigentlich überhaupt noch ansieht. Passend zu immer gleichen Szenen läuft im Hintergrund die immer gleiche Musik. Beim großen und vor allem langen Finale, der World Series of Poker, wollen Huck und sein Vater Geschichte machen. Dies hätte sich auch der Drehbuchautor vornehmen sollen, denn eine Geschichte erzählt Glück im Spiel nicht wirklich. Der Film hat weder Plot, noch Aussage: Huck, auf dessen Spielsucht mehrfach angesprochen wird, wird dennoch als Held des Spiels inszeniert und der Zuschauer zum Mitfiebern angehalten. Die Beziehung zu Billie, die neben den vielen Wetten und Pokerturnieren sowieso nur eine Nebenrolle einnimmt, verändert sich bis zum Ende nicht und wirkt generell so aufgesetzt, dass auch das völlig unmotivierte Ende nicht mehr überrascht.
Um es dem Zuschauer leicht zu machen, sind die Figuren dazu eindeutig und vor allem platt inszeniert: Die gute Moral-Fee sieht aus wie ein Engelchen, das gerade vom Himmel gefallen ist, der Player so sexy, dass man ihm alle seine Schandtaten vergeben möchte und der böse Gegner so richtig schön böse.
Wer gerne Männern mit schlechtem Kleidergeschmack dabei zusieht, wie sie sich gegenseitig anstarren und ab und zu ihre Karten auf den Tisch legen, der wird diesen Film lieben, denn Glück im Spiel zeigt über zwei Stunden lang nichts anderes. Regisseur Curtis Hanson hätte lieber gleich einen Dokumentarfilm über Poker drehen sollen, anstatt ein komplettes Las Vegas-Casino zugegebenermaßen sehr authentisch im Studio nachzubilden und die Nebenrollen mit echten Pokerprofis zu besetzen.
Glück im Spiel ist nur etwas für eingefleischte Pokerfans ohne Fernseher. Denn ein Pokermatch nach dem anderen kann man einfacher und spannender auch auf dem Sportkanal verfolgen.
Fazit: Poker, Poker und noch mal Poker. Ein Film mit Überlänge ohne Geschichte oder interessante Charaktere. Ein Spiel, das zumindest für den Zuschauer nicht gut ausgeht.