Irgendwo in der Pampa hält ein Zug und eine Frau steigt aus und sofort hat man Meryl Streep vor Augen, wie sie vor Jahren auch aus einem Zug stieg, mit ihrem lächerlichen Windhund und ihrem sündhaft teuren Porzellan, und eine Stimme aus dem Off sagt: "Ich hatte ein Farm in Afrika - am Fuße der Ngong-Berge." Aber der Zug hält nicht in Afrika, sondern in Kanada und aus dem Zug steigt Nina Hoss. Mit einer gestärkten Bluse, zugeknöpft bis oben hin, adrett sitzendem Hut und die Haare zu einem strengen Knoten gebunden. Sie hat auch nicht kistenweise Porzellan im Gepäck, sondern trägt lediglich Koffer und Reisetasche.
Regisseur Thomas Arslan hat einen Westen gemacht. Die Handlung von "Gold" ist schnell erzählt. Trotzdem fühlen sich die knappen zwei Stunden mehr wie vier Stunden an und am Ende spürt man auch als Zuschauer, dass einem die vier Buchstaben vom Sitzen ähnliche Schmerzen bereiten müssen, wie den Figuren in Kanada vom tagelangen Reiten. Aber so macht Western gucken keinen Spaß. Nina Hoss verliert zuerst ihren Hut, dann verliert ihre Bluse die Stärke, wird immer dreckiger und schließlich rutschen im Laufe des Films immer mehr Haarsträhnen aus dem streng geknoteten Dutt. Oft glaubt man, die Regieanweisungen förmlich hören zu können, die die Schauspieler perfekt im Bild arrangieren. Der gesamte Film arbeitet eine Liste mit Punkten ab, die in keinem Western fehlen dürfen: Das gebrochene Rad am Planwagen, das Pferd mit dem gebrochenen Vorderlauf, der geläuterte Gesetzlose, ein paar (nette) Indianer, die Bärenfalle und die damit verbundene Amputation eines Beins, der hängende Tote am Wegesrand, wenigstens ein Saloonbesuch, der Show-Down am Ende und eine kleine Liebelei.
Das Drehbuch holpert wie der Planwagen von Standardsituation zur nächsten Standardsituation. Die rauen Gitarrenriffs, die anfangs das ganze angenehm auflockern und an Jim Jarmuschs "Dead Man" erinnern, sind nach der x-ten Wiederholung nur noch nervig und erinnern daran, dass die Goldsuchenden immer noch nicht am Ziel sind. Während sich nebenbei bemerkt die Reihen der deutschen Auswanderer lichten, scheint sich die Zahl der Pferde auf unerklärliche Weise zu vermehren.
Lars Rudolph ist übrigens nicht unbedingt die richtige Wahl, um einen pflichtbewussten mehrfachen Familienvater auf der Suche nach dem großen Geld zu verkörpern, aber um den einzigen launigen Spruch zu bringen dafür umso mehr: "Es ist schon ein verfluchtes Pech, in einem so riesigen Land in eine Bärenfalle zu treten!"
Fazit: Regisseur Thomas Arslan ist mit seinem Western "Gold" über eine Gruppe deutscher Auswanderer unterwegs die Luft ausgegangen.