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„The Greatest Showman“-Kritik: Tanzen ohne Tiefe

„The Greatest Showman“-Kritik: Tanzen ohne Tiefe
© 2017 Twentieth Century Fox

Das Hollywood-Musical ist im vergangenen Jahr grandios zurückgekehrt. Jetzt versucht „The Greatest Showman“, den Erfolg von „La La Land“ zu wiederholen. Doch was letzterer uns bescherte, lässt Hugh Jackmans Zirkusfilm vermissen: das Gefühl, gerade einen großen Kinomoment miterlebt zu haben.

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Der Auftakt, ein Spektakel: „The Greatest Showman“ startet, wie man es von einem Film über den Pionier der Unterhaltung erwartet – mit einer imposanten Show. Löwen, Feuer, rhythmisches Stapfen – in den ersten Minuten des Films will der Zuschauer glauben, dass das hier richtig gut werden könnte. Und wer von einem Musical-Film nicht mehr als 105 Minuten mitreißender Tanzeinlagen und radiotauglicher Ohrwürmer erwartet, der wird nicht enttäuscht werden. Alle anderen werden sich jedoch fragen: Wieso sollte ich P. T. Barnum überhaupt mögen?

Choreografie statt Biografie

„The Greatest Showman“ basiert lose auf der Lebensgeschichte von P. T. Barnum, der als Begründer des amerikanischen Showbusiness‘ gilt. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen hat P. T. einen großen Traum: Seinen Kindern ein besseres Leben bieten, eines ohne Entbehrungen. Als er seinen Job verliert, erschwindelt er sich einen Kredit bei der Bank und kauft ein Kuriositätenkabinett, das tanzende Riesen und bärtige Frauen zeigt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wird seine Zirkusshow bald zum Hit. Doch P. T. reicht das nicht: Er kann nicht genug bekommen von der Anerkennung, will auch die begeistern, die ihn noch immer als Sohn eines Schneiders sehen. Allen voran sein eigener Schwiegervater.

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Die Geschichte, mit der Regisseur Michael Gracey arbeitet, ist eigentlich Gold. Doch glänzen tut sie selten. Hugh Jackmans P. T. Barnum singt und tanzt sich zwar die Seele aus dem Leib, geht die Musik aus, wirkt er jedoch wie ein Größenwahnsinniger. Ein Mann, der wider aller Warnungen tut, wozu er sich getrieben fühlt – und am Ende nur deshalb nicht untergeht, weil alle in seinem Leben loyaler als loyal sind. Warum das so ist, wird dem Zuschauer nicht klar. P. T.s zerstörerischer Drang, von allen geliebt zu werden, seine Beziehungen, seine Ehe, die gesellschaftlichen Zwänge jener Zeit – sie sind zwar in der Manege, aber nie der Star.

Dabei hätte der echte P. T. Barnum so viel geboten: Ein rigoroser Geschäftsmann war er. Einer, der die Grenzen zwischen Lüge und Wahrheit verschwimmen ließ, und eine alte Dame als 161-jährige Krankenschwester George Washingtons zu vermarkten wusste. Ein Illusionskünstler. Ein Betrüger. Ein Mann mit vielen Gesichtern und noch mehr Geheimnissen. In „The Greatest Showman“ werden davon keine gelüftet.

Selbst Michelle Williams geht unter. Als Charity Barnum, P.T.s Frau, steht sie im Zuschauerblock und feuert an, ohne gehört zu werden. Ihre Stimme ist im Vergleich zum restlichen Cast dünn, ihr schauspielerisches Können bekommt keinen Raum. Erdrückt wird sie vom farbenfrohen Getöse.

Ein Film mit Verfallsdatum

Statt auf die Charaktere konzentriert sich „The Greatest Showman“ auf die Show – und vielleicht ist es auch genau das, was der Film will. Denn wenn P. T. Barnum eines war, dann ein Unterhalter, dem es mehr um den Schein als das Sein ging. Und so ist es passend, dass „The Greatest Showman“ immer dann bewegt, wenn die Scheinwerfer leuchten. Wenn Zendaya und Zac Efron am Trapez durch die Lüfte schwingen, wenn Keala Settle mit „This is me“ den Chor der Außenseiter anführt oder Hugh Jackman und Michelle Williams verliebt zwischen Laken umhertanzen.

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Auf die Musik müssen sich die Zuschauer jedoch einzulassen wissen. „The Greatest Showman“ spielt zwar im 19. Jahrhundert, könnte aber kaum mehr 2018 sein: Hall, Stadion-Akkustik, ein bisschen Justin-Bieber-Sound, ein bisschen Mumford & Sons. Was eben gerade im Radio funktioniert. Ein potenzieller Klassiker wie „She’s like the wind“ („Dirty Dancing“) oder „You’re the one that I want“ („Grease“) ist nicht darunter – und im Jahr 2023 werden wir uns vermutlich fragen: Warum nur ist die Musik in diesem Film so heillos überproduziert? Auch dadurch hat „The Greatest Showman“ ein Verfallsdatum.

Pop + Filmstars = Kinohit?

Es scheint gerade so, als sei der Film nach einer Formel entstanden: Man nehme drei beliebte Filmstars der Gegenwart, mische sie mit glatten Pophymnen und einer Underdog-Story, schüttele kräftig – und hoffe auf das Beste. Herausgekommen ist ein oberflächlicher Film, der seinen Figuren kaum Aufmerksamkeit schenkt und sich musikalisch mit „High School Musical“ messen lassen muss. Oder um es mit P. T. Barnums Worten zu sagen: Humbug.

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Fazit: „The Greatest Showman“ sorgt immer dann für Ohs und Ahs, wenn die Show beginnt. Hinter ihre Kulissen können wir allerdings nur linsen. Denn der Star ist nicht P.T. Barnum, der Star sind die Choreografien. Ein Film, der unterhält, solange er dauert, und in Vergessenheit gerät, sobald der Vorhang fällt. 

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