Harry Potter und der Stein der Weisen: Verfilmung des ersten Bestsellers von Joanne K. Rowling, in der Zauberlehrling Harry den Alltag der Zauberschule Hogwarts kennenlernt.
Bestes Family Entertainment mit eingebauter Blockbuster-Garantie und nahezu unerschöpfliche Franchise-Möglichkeiten - die Rede ist natürlich von Chris Columbus‘ Verfilmung des ersten Bandes von Joanne K. Rowlings‘ Bestseller-Reihe. Lang erwartet, heiß ersehnt, wird diese sorgfältige Adaption des vielschichtigen Zauberlehrling-Stoffes sowohl eingefleischte Leseratten und Fans des Romans als auch Kinofreaks und Büchermuffel zu überzeugen wissen. Liebevoll gezeichnete Charaktere, spektakuläre Effekte und hohe Schauwerte verschmelzen hier zu einem magischen Abenteuerfilm der Extraklasse, der dem Verleih märchenhafte Zuschauerzahlen garantieren wird.
Die Rügen zuerst: Harrys Haare sind schwarz, nicht dunkelbraun. Tante Petunia hat ein Pferdegesicht und ist viel, viel böser. Der Turban von Professor Quirrell müsste größer sein, der Drache Norbert kommt zu kurz vor und das schwierige Flaschen-Rätsel, das Hermine auf dem Weg zum Zauberstein löst, gar nicht… Beckmesserisch? Vielleicht. Die wahren Fachleute, sprich die Kinder, die bei der ersten Sondervorführung von „Harry Potter und der Stein der Weisen“ anwesend waren, haben mit scharfen Augen und wachem Verstand sofort erkannt, was Regisseur Columbus und sein Drehbuchautor Steve Kloves („
Die fabelhaften Baker Boys„) in puncto Buchvorlage verändert bzw. ausgelassen haben. Trotzdem: Insgesamt haben die Kids sich prächtig amüsiert, gelacht, gebangt und gezittert.
Hat Chris Columbus („Kevin - Allein zu Haus“, „Der 200-Jahre Mann“) die in ihn gesetzten hohen Erwartungen also erfüllt? Die Antwort lautet: Ja. Er, der letztendlich - nachdem Steven Spielberg wegen „
A.I. - Künstliche Intelligenz“ seine Mitarbeit abgesagt hatte - vom britischen Produzenten David Heyman den Vorzug vor Kollegen wie Brad Silberling, Rob Reiner, Wolfgang Petersen, Alan Parker oder Terry Gilliam bekam, hat es verstanden, sein 125-Millionen-Dollar-Budget optimal einzusetzen. Dabei hat er sich, einer Verkaufsbedingung der Autorin entsprechend - Joanne K. Rowling gab die Verfilmungsrechte für die ersten beiden Harry-Potter-Bücher zum Schnäppchenpreis von 700.000 Dollar ab -, eng an den Roman gehalten und nur mit Blick auf die Filmlänge - insgesamt stattliche 152 Minuten - einige Episoden gerafft beziehungsweise eliminiert.
Die Story - falls es tatsächlich noch jemanden gibt, der sie nicht kennt - nimmt ihren Anfang, als Harry Potter an seinem elften Geburtstag erfährt, dass die Eltern Magier waren und vom bösen Lord Voldemort ermordet wurden, als er noch ein Baby war. Seitdem fristet er bei den Dursleys, der Familie seiner Tante, ein trostloses Dasein. Er haust unter der Treppe, wird vom jähzornigen Onkel Vernon beschimpft und vom verwöhnten Cousin Dudley gepiesackt. Mit der Pein ist es vorbei, als Harry via Eule einen geheimnisvollen Brief erhält, der ihn einlädt, die berühmte Zaubererschule Hogwarts zu besuchen. Dort angekommen findet er in Ron und Hermine gute Freunde und steckt sogleich mittendrin in einem spannenden, lebensgefährlichen Abenteuer…
Sucht man bei „Harry Potter“ nach einer Schwachstelle, findet man sie höchstens in dem Umstand, dass keine richtige Geschichte erzählt wird, sondern die Handlung sich eigentlich nur aus einer Abfolge von einzelnen Episoden zusammensetzt. Die Ursache hierfür liegt schon in der Vorlage begründet. Da Rowling ihre Zauberlehrling-Saga von Beginn an auf sieben Bände angelegt hat, begnügt sie sich im ersten Band primär mit der Etablierung der Personen bzw. der Schauplätze und entwirft ihre Vision der Zaubererwelt. Die freilich haben Columbus und sein Team, darunter Oscar-Preisträger wie der Produktionsdesigner Stuart Craig („Gandhi“) oder der Kameramann John Seale („
Der englische Patient„) und die renommierte Kostümbildnerin Judianna Makovsky („Pleasantville“) wunderbar begriffen und bebildert. Ob der rote Hogwarts-Express, der vom Bahnsteig 9 3/4 abfährt, der imposante Schul-Speisesaal mit seiner Zauberdecke (schwebende Kerzen natürlich inklusive), Hogwarts (= Alnwick Castle) selbst, die Winkelgasse oder die Gringotts-Bank, die Bilder im Kopf des Lesers decken sich über weite Strecken mit denen auf der Leinwand. Die tricktechnischen Höhepunkte, verantwortet von Rob Legato („Titanic“, „Apollo 13“), bei Harrys erstem Leinwandauftritt stellen sicherlich der finale Schachkampf mit lebenden Figuren und das atemraubende, auf fliegenden Besen ausgetragene Quidditch-Match, das sich durchaus mit dem Pod-Race aus „Star Wars: Episode 1 - Die dunkle Bedrohung“ messen kann, dar.
Sorgfältig ausgewählt und zum größten Teil auch ideal besetzt das gesamte Darstellerteam, das sich wie ein Who’s Who britischer Leinwand- und Theater-Größen liest. Neben den Neulingen Daniel Radcliffe als Harry, Emma Watson als Hermine und Rupert Grint als Ron, der heimliche Sympathieträger der Geschichte, glänzen unter anderem Maggie Smith als Professor McGonagall, Julie Walters als Mrs. Weasley, Richard Harris als Schulleiter Dumbledore und vor allem Robbie Coltrane als der weichherzige Wildhüter Rubeus Hagrid. Unter Wert geschlagen geben sich, weil auch nicht gut genug eingesetzt, Ian Hart als Quirrell und Alan Rickman als der verhasste Professor Snape.
Bleibt zusammenfassend anzumerken, dass Columbus, dem hier seine Erfahrung als Autor der Internats-/Sherlock-Holmes-Geschichte „
Das Geheimnis des verborgenen Tempels“ sicherlich zu Gute kam, seine schwierige Aufgabe, Film- und Literaturfans gleichermaßen zufrieden zu stellen, bravourös gemeistert hat. Und mit Blick auf die über 100 Millionen, in mehr als 200 Ländern verkauften Harry-Potter-Bände braucht man auch keine Kristallkugel um voraussagen zu können, dass „Harry Potter und der Stein der Weisen“ sowie die anstehenden Sequels viele Jahre lang die Kasse von Warner Bros. klingeln lassen werden. geh.