Havarie: Am 14.9.2012 um 14:56 Uhr meldet das Kreuzfahrtschiff "Adventure of the Seas" der spanischen Seenotrettung die Sichtung eines havarierten Schlauchbootes mit 13 Personen an Bord. Aus einem Youtube-Clip und biografischen Szenen entsteht eine Choreografie, in der sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Reisenden auf dem Mittelmeer spiegeln. Die Koordinaten 37°28.6'N und 0°3.8'E markieren einen Punkt im Mittelmeer...
Handlung und Hintergrund
Ein kleines Boot mit Geflüchteten treibt auf dem offenen Meer. Soweit die Bildebene. Geschlagene 40 Minuten treibt es da, ohne sonderliche Vorkommnisse. Bis man begreift, dass die Situation an sich bereits alle Besonderheiten und alle Dramatik beinhaltet, die der Zuschauer vom Kinoerlebnis mehr oder weniger selbstverständlich erwartet. Dann schwenkt die Kamera um zur Beobachterperspektive: Ein Kreuzfahrtschiff. Die Diskrepanz zwischen den beiden Booten und den jeweiligen Passagieren könnte eklatanter nicht sein. Nach diesem Wendepunkt wissen die Zuschauer, dass sie sich perspektivisch auf der Seite der Kreuzfahrtschiffsreisenden befinden, vom gemütlichen Deck bzw. Kinosessel auf das treibende Häufchen Elend unten im Meer starrend. Zu hören ist Stimmgewirr, ausländische Sprachfetzen, Telefonate – die Geräuschkulisse, die man sich auf beiden Schiffen vorstellen würde. Das gleichmütige Bild lädt zum gedanklichen Wegdriften ein. Doch die visuelle Unterforderung wird zur Geduldsprobe und zur Introspektion: Wie geht man mit dieser Kinosituation um? Wie geht man mit dem Wissen um das Leiden anderer um? Reicht das (in diesem Falle durchaus als Leistung anzunehmende) „Hinschauen“ im Kino allein?
Hintergründe
Mit seinem Dokumentarfilm machte Regisseur Philip Scheffner („And-Ek Ghes…„) ein Statement auf der durchaus vom politischen Film geprägten Berlinale 2016. Inmitten der Debatte um die sogenannte Flüchtlingskrise bietet sein Beitrag eine beinah schmerzlich eintönige – aber nicht eindimensionale! – Darstellung der Realität vieler Geflüchteter. Die Idee zum Film lieferte ein dreiminütiges Youtube Video, das ein Kreuzfahrtschiffspassagier von einem kleinen Flüchtlingsboot aufgenommen hatte. Krimi-Autorin Merle Kröger verarbeitete den Stoff zum Kriminalroman „Havarie“, der mit dem deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurde. Sie entwickelte den Stoff für Scheffner zum Drehbuch für einen gleichnamigen Film weiter, welches Scheffner nun als konzeptionell anspruchsvollen Dokumentarfilm realisierte.
Besetzung und Crew
Regisseur
- Philip Scheffner
Produzent
- Merle Kröger,
- Meike Martens,
- Marcie K. Jost,
- Caroline Kirberg,
- Peter Zorn
Co-Produzent
- Meike Martens,
- Marcie K. Jost,
- Peter Zorn
Drehbuch
- Philip Scheffner,
- Merle Kröger
Musik
- Blue Waters Band
Kamera
- Terry Diamond,
- Bernd Meiners
Schnitt
- Philip Scheffner
Ton
- Philip Scheffner