Henry sitzt seine Zeit ab. Nicht erst, als er unschuldig ins Gefängnis kommt: Schon vor der Haft hat sich in seinem Leben nichts bewegt; hat er sich in seinem Leben nicht bewegt; hat er als Gefangener seiner selbst einfach nur gewartet. Tagtäglich sitzt er in seiner Kabine der Mautstelle, und die Autos fahren an ihm vorbei, ohne ihn zu beachten. Antriebslos sitzt er zuhause, selbst die Andeutungen seiner Frau bezüglich Kinderwunsch sind ihm zuviel. Alte Kumpels geben einen Impuls, man könnte doch ins Stadion...? Aber das ist nur eine Finte, sie legen ihn, den lethargischen Naiven, rein: Vor der Bank wartet er mit laufendem Motor, und natürlich ist er der einzige, der festgenommen wird wegen des Bankraubs. Und natürlich ist er der einzige, der gar nichts mitbekommen hat von einem Bankraub...
Keanu Reeves ist gut in der Rolle; sie scheint ihm auf den Leib geschrieben, passt genau zu seinen schauspielerischen Fähigkeiten, die im schlichten Gucken mit leerem Gesicht liegen (wobei er es in der zweifelhaften Meisterschaft der Ausdruckslosigkeit gottseidank noch nicht zu Nicolas Cage-Niveau geschafft hat). Reeves spielt einen reinen Toren, einen unschuldigen Mann ohne Ambitionen, für den das erreichte Mittelmaß der Traum seines Lebens ist. Bis ihm im Gefängnis der Gedanke reift, die Bank nachträglich zu überfallen, da er die Strafe ja schon abgesessen hat.
Auftritt James Caan. Der stiehlt in diesem Film allen die Show, auch Vera Farmiga als exzentrische, egozentrische Provinzdiva im kleinen Theater von Buffalo, New York. Caan ist als Max ein Hochstapler, der schön reden kann, der den Leuten das sagt, was sie hören wollen, der sie glücklich macht, um sie dann auszunehmen. Nur dass nach eigenen Angaben das Glücklichmachen besser klappte als das Ausnehmen, weshalb er seinen Lebensabend sozusagen im Ruhestand im Gefängnis verbringen will. Auch er hat keinen Traum mehr, auch er hat sich gefügt in das, was einfach erreichbar ist. Vera Famiga als Julie hat einen Traum von der Karriere als Starschauspielerin; steckt aber fest in der Provinz, und ob ihr Talent ausreicht für die Welt da draußen ist auch nicht sicher; außer für sie, sie hält sich für von allen unterschätzt, und den blöden Buffalotto-Werbespot ihre bisher größte Errungenschaft, was das Erweitern ihrer Prominenz betrifft scheint auch das Ende der Sackgasse zu sein.
Gut gezeichnete Charaktere finden sich in einer etwas lahmen Storyentwicklung wieder, erst ab der zweiten Hälfte gewinnt der Film an Fahrt: Wenn James Caan als Max Saltzman und Keanu Reeve als Henry einen raffinierten Bankraub planen über einen 80 Jahre alten Schnapsschmugglertunnel, der Bank und Theater verbindet; und als Henry dafür sich als Schauspieler in einer Inszenierung von Tschechows Kirschgarten findet, unter einem exzentrischen, russisch radebrechenden Regisseur und neben der kapriziösen Julie, die für ihn so etwas wie die Muse seines Lebens wird: weil er tatsächliches schauspielerisches Talent entdeckt... Schön herausgearbeitet sind die Parallelen der Filmhandlung und des Tschechow-Stücks, und zu den rechten Momenten stoßen immer neue Komplizen zu Henry und Max dazu, die mehr oder weniger hinderlich sind bei der Durchführung des Plans.
Dass der Funke trotzdem nicht so recht überspringen will, liegt wohl am ehesten darin, dass die Inszenierung zu betulich, zu bieder wirkt, zuwenig auf Witz hinarbeitet. Was Peter Stormares Regisseur des Theaterstücks seiner Schauspielerin Julie vorwirft: Immer auf der sicheren Seite zu spielen, nie aus sich herauszugehen, sich auf der Bühne nie zu öffnen: Das ist auch das Problem des Films, dem mehr Spritzigkeit nicht geschadet hätte.
Fazit: Eine Bankraub-Komödie, die sich schön mit der Liebesgeschichte eines Naivlings mit einer Theaterschauspielerin verbindet bei der aber der Schwung und letztendlich auch die Komik fehlt.