Politik ist Fleißarbeit. Das weiß keiner so gut wie Henryk Wichmann. Seit er 17 ist, ist er politisch aktiv, im Jahr 2009 wurde er in den brandenburgischen Landtag gewählt. Stets ist er bemüht, gerade in seinem Wahlkreis in der Uckermark die Kommunikation zwischen Bürgern und Politikern zu verbessern. Und da scheut Wichmann vor keiner Diskussion zurück. Ob Seniorenstammtisch, Unterschriftensammler oder die Bewahrer der Brutstätten des Schreiadlers - Herr Wichmann hat ein offenes Ohr für alle. Fast zehn Jahre ist es her, da begleitete der Filmemacher Andreas Dresen den engagierten Jungpolitiker in seinem Job an der Basis. Nun kehrt Henryk Wichmann zurück und es scheint, als hätte er nichts von seinem Enthusiasmus verloren. Unermüdlich ist er unterwegs, von einem Bürgergespräch zum nächsten, ist dennoch in jeder Landtagssitzung präsent und ständig auf der Suche nach Optimierungen. Dresen ist mit seiner Kamera immer ganz nah an Wichmann und begleitet ihn stets respektvoll, ohne zu kommentieren. Man freut sich mit Herrn Wichmann über jeden noch so kleinen Sieg, leidet mit ihm bei Diskussionen oder den ewigen Kämpfen mit Behörden, die für eine leise und teilweise unfreiwillige Komik sorgen. Dieser Film verrät mehr über Politik als jeder Politreport.
Jurybegründung:
Die Dokumentation von Andreas Dresen zeigt den Alltag von Henryk Wichmann, einem 33-jährigen Oppositionsabgeordneten im Brandenburger Landtag. Seine Bemühungen, mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen, sich allen Problemen zu stellen und möglichst alles zu verstehen, sind grenzenlos und bewunderungswürdig. Wenn er sein neues Bürgerbüro einweiht, werden ihm Grünpflanzen überreicht und an der Sympathie der Menschen erkennt er, dass seine Arbeit für sie nicht falsch sein kann.
Wir begegnen Herrn Wichmann in einer Schulklasse, im Gespräch mit den Jugendlichen , denen er Demokratie und Politik erklärt, was Opposition, was Fraktionszwang bedeutet. Wir sehen ihn vor Ort, in der Natur, wenn er die Probleme von Naturschützern und Investoren abwägt und in seine Arbeit mit einbezieht. Wir erleben ihn in der Diskussion und beim Pressetermin zum Brandenburger Mittelverteilungsprojekt und immer wieder in der Bürgersprechstunde. Auch Probleme mit der Bartmeise oder dem Schreiadler bleiben Henryk Wichmann nicht verborgen und er versucht nach besten Kräften; an Lösungen mit zu wirken. Was schon mal zu der Bemerkung führen kann; „Der Schreiadler hat in Brandenburg schon vieles verhindert“, die im Film selbstverständlich erläutert wird.
Bei allen seinen Tätigkeiten kann Henryk Wichmann nicht verhehlen, dass er ein Tier- und Menschenfreund ist. Die Tatsache, dass er nur durch einen glücklichen Zufall ins Parlament gekommen ist, stimmt umso nachdenklicher, denn was tut ein Abgeordneter, wenn er nicht mehr im Parlament sitzt? Und wer wünschte sich nicht auch einen so regsamen, engagierten Politiker wie Henryk Wichmann? Der Film lässt offen, welchen Beruf oder welcher Berufung Wichmann folgen würde, wenn er nicht im Parlament säße. Dass er Familienvater von drei Töchtern ist, lässt seine Verantwortung noch wachsen und hier kann der Zuschauer leider nicht mehr über den privaten Henryk Wichmann erfahren.
Der Wunsch des Regisseurs, den aktuellen Film über Herrn Wichmann als Einzelfilm und nicht als Sequel zu gestalten, scheint nicht ganz einfach zu sein. Denn wer bisher Henryk Wichmann noch nicht kannte, möchte mehr von ihm wissen. Dass seine Arbeit als Politiker mühsam und nicht immer von wirklichem Erfolg gekrönt ist, kann sicher nicht ihm persönlich zugeschrieben werden, sondern weist eher auf die Abläufe im politischen System hin.
Der Film schafft es allerdings, den Politiker Henryk Wichmann in all seinen Einsätzen zum Wohl seiner Wähler als sympathisch und menschlich darzustellen, er gibt ihn weder durch Schnitt noch Kameraarbeit der Lächerlichkeit preis, auch wenn der Politikbetrieb sicher Gelegenheit dazu böte. Der sparsame Einsatz lyrischer Klaviermusik gibt dem Film angenehme Momente der Heiterkeit und Entspannung, die man dem unermüdlichen Herrn Wichmann wünschen möchte.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)