Der neue Film von Oskar Roehler erzählt als groteske und unterhaltsame Gesellschaftssatire von einem Paar, das sich einen Sklaven ins Haus holt - und nicht ahnt, was sie das noch kosten wird.
Claus Müller-Todt hat es geschafft. Schönes Haus, schöne Frau, toller Job. Doch irgendwie ist das alles nicht wirklich befriedigend. Sein Job als Schönheitschirurg macht Claus nicht glücklich. Seine Frau Evi ergibt sich ihrer Depression. Und nebenan ist auch noch ein neuer Nachbar eingezogen, der permanent Partys feiert und mit seinen Bediensteten scheinbar macht, was er will. Claus will das auch. Also gibt er, beeinflusst von Rotwein und Langeweile, eine Stellenanzeige auf: „Sklave gesucht“. Am nächsten Morgen steht eine Schlange von Menschen vor der Tür. Menschen, die Claus und Evi gar nicht erst ins Haus lassen wollen. Bis auf einmal Bartos klingelt. Bartos ist irgendwie anders. Sein Interesse an dem Job wirkt ernst. Also lassen sich Claus und Evi probeweise auf Bartos‘ Dienste ein. Was nun beginnt, sind fürwahr HERRliche Zeiten. Doch bald schon merken Claus und Evi, dass nichts auf dieser Welt wirklich umsonst ist. Auch Sklaven nicht. Oskar Roehlers neuer Film HERRliche ZEITEN ist eine bitterböse Gesellschaftssatire, in der von Anfang an der schwarze Humor die Atmosphäre bestimmt. Die Figuren sind in ihrer Klischeehaftigkeit grotesk überzeichnet, was die Fallhöhe für die sehr überraschend einsetzenden düsteren Momente sehr hoch anlegt. Samuel Finzis Bartos ist auf überzeugende Weise gefühls- und regungslos, seine stoisch eiskalte Miene verrät nichts von dem, was in seinem Kopf vorgeht. Katja Riemann schwebt einer Elfe unter Betäubung gleich durch die perfekt gestylte bourgeoise Kulisse und sorgt für viele komische Momente. Und in Oliver Masucci findet sie ihren darstellerischen Sparringspartner. Masucci spielt Claus als Selfmade-Angehörigen der High Society, der trotz Geld, Haus und Auto mit seinem rheinländischen Dialekt und seiner naiven Unbeholfenheit nie die Souveränität erreichen kann, die zu seinem „Stand“ nun mal gehört. Roehler lässt die Figuren in einer Art Boulevard-Kammerspiel aufeinander los. Immer wieder erlaubt er sich dabei auch Seitenhiebe auf die Dekadenz und Schieflage unserer heutigen Gesellschaft und setzt sowohl in Sachen Themenwahl als auch Inszenierung auf Provokation. Ein Rezept, das in HERRliche ZEITEN treffend und mit großem Sehvergnügen eingelöst wird.
Jurybegründung:
In der sich dem Film anschließenden Jury-Diskussion meinte ein Mitglied: Diese Geschichte ist schon etwas umständlich erzählt. Und tatsächlich braucht der Film schon seine Zeit, bis er Fahrt aufnimmt und zu seinem bösen Ende kommt. Doch wenn man genau hinschaut, graben sich Oskar Roehler und sein Drehbuchschreiber Jan Berger mit gut dosierten Nadelstichen ins Gemüt der Zuschauer, die neben dem teilweise irritierenden Spiel mit Extremen eine gehörige Portion aktueller Politik- und Gesellschaftskritik geliefert bekommen.
Da fällt der Landschaftsgärtnerin Evi nach der betrüblichen Erfahrung eines geplatzten Superauftrages buchstäblich eine Leiche um die Ohren. Depressiv legt sie sich ins Bett, liebevoll gepflegt von ihrem Gatten Claus, einem nicht sehr erfolgreichen Schönheitschirurgen. Und man muss sich schon fragen, wie die Beiden zu der stolzen Villa mit wundervollem Parkgelände gekommen sind und wer eigentlich die Kohle für das luxuriöse Leben anschafft. Da schneit ihnen Bartos und seine Ehefrau Lana ins Haus, die sich freiwillig mehr als häusliche Sklaven denn als Haushaltshilfen anbieten. Spätestens dann wird der geneigte Zuschauer ahnen, dass da etwas „faul im Staate Dänemark“ ist, was die Geschichte dramatisch zuspitzt und letztlich zur Auflösung eines bösen Komplotts führt. Da kommen dann zum Bau des ersehnten und noch fehlenden Pools im Garten ein Dutzend unterbezahlter bulgarischer Arbeiter ins Spiel und der Sohn eines ehemaligen irakischen Sadam-Gefolgsmannes ist als Nachbar nicht nur für rauschende Partys zuständig, sondern hilft auch in der Not mit Rat und Tat bzw. Gewalt.
Die Charaktere sind gut besetzt, wobei Katja Riemann mit vollem Einsatz und extremem Spiel zu überzeugen vermag und Oliver Masucci den leicht debilen Ehemann konsequent umsetzt. Und selten wurde ein perfekter Butler so gut gespielt wie von Samuel Finzi. Eine gute Kamera und ein perfektes Set-Design und die sehr passende Ausstattung mit toller Kleiderordnung sind weitere positive Merkmale des Films.
Nimmt man die offensichtlichen kritischen Bezüge zu Politik und satter Wohlfahrtsgesellschaft im Kontrast der teils absurden teils makabren Geschichte als pure Satire, so hat Oskar Roehler sein beabsichtigtes Ziel wohl erreicht. Aber etwas mehr Schrilles und auch etwas mehr Leichtigkeit und Tempo hätte sich die Jury dann aber doch noch gewünscht.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)