Neue Regeln zur Eindämmung der Coronapandemie betreffen vor allem Freizeit- und Kultureinrichtungen. Die Kino-Krise hält an, ein Happy End ist nicht in Sicht.
Am 28. Oktober 2020 beschlossen Bund und Länder neue Maßnahmen, um das derzeit grassierende Coronavirus einzudämmen und damit eine deutschlandweite Gesundheitsnotlage zu verhindern. Die Fallzahlen steigen, Wissenschaftler*innen hatten schon lange vor exponentiellem Wachstum gewarnt, nun scheint Deutschland am Kipppunkt zu stehen, ihn vielleicht sogar bereits überschritten zu haben. Die neuen Beschlüsse beinhalten nicht nur die Beschränkungen der eigenen Kontakte auf ein Minimum, sondern auch die deutschlandweite Schließung kultureller Einrichtungen im November: Konzerthäuser, Theater und Kinos dürfen ihre Türen den gesamten Monat über nicht öffnen.
Was für den einen der Verzicht auf Freizeitaktivitäten bedeutet, trifft die Kinolandschaft und die Filmbranche wie ein harter Schlag. Fast 50 Kinostarts entfallen, für andere Filme bleiben Kinozuschauer*innen nur wenige Tage. Betroffen sind diejenigen Filme, die Ende Oktober gestartet sind sowie alle geplanten Kinostarts im November: Die starbesetzte Neuauflage von „Hexen hexen“ wird nur vier Tage lang auf der großen Leinwand zu sehen sein. Filme wie „Kaiserschmarrndrama“, „Malasaña 32 - Haus des Bösen“, „Driveways“ und auch der hochgelobte Berlinale-Gewinner „Doch das Böse gibt es nicht“ hätten im November anlaufen sollen und müssen nun verschoben werden.
Es ist nicht diskutabel, dass es neue Regelungen brauchte, dass die Gesundheit aller wichtig und Rücksichtnahme oberstes Gebot ist. Die nun verkündeten Maßnahmen spiegeln die Dringlichkeit des Wendepunkts wider, den es braucht, um die Fallzahlen beherrschbar zu machen. In ihrer Rede betonte die Kanzlerin ihr Verständnis für den Frust der nun stark betroffenen Branchen.
Auch „Hexen hexen“ werden wir nur für kurze Zeit im Kino sehen können – ehe hoffentlich im Dezember der Betrieb wieder aufgenommen werden kann:
Bestürzung über Teil-Lockdown
Doch der Teil-Lockdown trifft unter anderem auch die Kinobranche schwer. Vorbildliche Hygienekonzepte wurden in den letzten Wochen durch die Betreiber*innen konsequent umgesetzt. Christine Berg, Vorstandsvorsitzende des HDF Kino (Hauptverband Deutscher Filmtheater), reagierte auf den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bestürzung. Es gäbe schließlich keinen einzigen belegbaren Fall einer Ansteckung durch einen Kinobesuch – weltweit. Dass nun diejenigen Kultureinrichtungen schließen müssen, die bereits schwere Monate hinter sich und alles getan haben, um die Auflagen einzuhalten, haben auch wir mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen.
Nun bedarf es einer schnellen Hilfe durch den Staat. Berg betont, dass es „auf jedes Kino“ ankomme und wies dabei auf die Tücken der staatlichen Hilfen, Förderungen und anderer Maßnahmenpakete in der Vergangenheit hin: „Aus den Erfahrungen der letzten Monate wissen wir, dass viele Kinobetriebe immer wieder durch sämtliche Förderraster gefallen sind […]. Das Vertrauen ist enorm beschädigt.“ Welche konkreten Auswirkungen die einmonatige Schließung der Kinos letztendlich haben wird, bleibt abzuwarten. Der HDF Kino rechnet allerdings schon jetzt mit Verlusten von ca. einer Milliarde Euro.
Die Kino-Krise geht weiter
Was für Kinogänger*innen Verzicht bedeutet, stürzt die bereits gebeutelte Branche in eine weitere Krise. Vor allem die kleinen, familiengeführten Betriebe sehen sich durch den erneuten Entzug der Geschäftsgrundlage mit einer existenziellen Bedrohung konfrontiert. Die neuen Maßnahmen werden an der Film- und Kinowirtschaft nicht spurlos vorbeigehen und die Empörung darüber ist angebracht und wichtig. Bund und Länder stellen die Betreiber*innen vor eine riesige Bewährungsprobe. Es bleibt abzuwarten, mit welchem Ergebnis. Die Vorhänge bleiben bis auf Weiteres zu.