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Hitlerkantate: Deutschland im Jahr 1938. Zum 50. Geburtstag wünscht sich der Führer eine Kantate. Der Komponist Hanns Broch einst Kommunist und nun am Comeback interessiert, soll sie schreiben. Als Assistentin schickt man ihm die wesentlich jüngere Ursula teils um ihn zu unterstützen, teils zur Überwachung. Als Ursula musikalisches Gespür beweist, übernimmt sie die Hauptarbeit. Unterdessen kommen sich die beiden näher.

Handlung und Hintergrund

Deutschland im Jahr 1938. Zum 50. Geburtstag wünscht sich der Führer eine Kantate. Der Komponist Hanns Broch (Hilmar Thate), einst Kommunist und nun am Comeback interessiert, soll sie schreiben. Als Assistentin schickt man ihm die wesentlich jüngere Ursula (Lena Lauzemis), teils um ihn zu unterstützen, teils zur Überwachung. Als Ursula musikalisches Gespür beweist, übernimmt sie die Hauptarbeit. Unterdessen kommen sich die beiden näher.

Vom körperlichen und geistigen Erwachen einer Frau in bewegten Zeiten berichtet Autorenfilmerin Jutta Brückner in ihrem Drama um Kunst und Ideologie, Liebe und Manipulation.

Ursula verfällt Hitler, für sie eine Mischung aus Geliebtem, Vater und Gott. Sie nutzt die Beziehungen zu ihrem Verlobten in der Reichsmusikkammer und wird Assistentin des bekannten Komponisten Hanns Broch, einem früheren Kommunisten. Der erhält den Auftrag zum 50. Geburtstag Hitlers, eine Kantate zu schreiben. In der Einsamkeit eines finnischen Landhauses kommen sich die beiden näher, bis Brochs jüdische Lebensgefährtin auftaucht.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Dr. Jutta Brückner
Produzent
  • Hans-Werner Honert,
  • Klaus Schmutzer,
  • Sven Boeck
Darsteller
  • Lena Lauzemis,
  • Hilmar Thate,
  • Rike Schmid,
  • Arnd Klawitter,
  • Krista Stadler,
  • Dirk Martens,
  • Christine Schorn,
  • Andreas Guenther,
  • Christiane Lemm,
  • Armin Dillenberger
Drehbuch
  • Dr. Jutta Brückner
Musik
  • Peter Gotthardt
Kamera
  • Thomas Mauch
Schnitt
  • Monika Schindler

Kritikerrezensionen

    1. „Hitlerkantate“ von Regisseurin und Drehbuchautorin Jutta Brückner beleuchtet das Dritte Reich einmal aus der Perspektive einer jungen Frau. Sie ist blond, hat blaue Augen und den Judenhass gründlich verinnerlicht. Der Führer ist ihr größter Schwarm, am liebsten würde sie sich ihm auch körperlich hingeben. „Hitlerkantate“ widmet sich auf sehr spannende Weise der Aufbruchstimmung, die sich im Führerkult entzündete. Selten wird man so ungefiltert damit konfrontiert, wie die Menschen damals dachten.

      In der sommerlichen Einsamkeit des finnischen Ferienhauses sind sich Broch und Ursula für mehrere Wochen selbst überlassen. Bootfahren, Klavierspiel, Frühstück im Garten, schwärmerisches Nachbeten der Nazi-Ideologie durch Ursula, wütende Antworten Brochs. Während die Hitlerkantate unter solchen Dissonanzen in den Hintergrund gerät, wechseln die Szenen nach Berlin. Gottlieb wird von seinem SS-Vorgesetzten auf Linie gebracht. Zwar hält er noch halbherzig an Ursula fest, besucht sie im Ferienhaus und will mit Schädelmessungen ihre arische Abstammung beweisen. Doch die Frau eines SS-Manns muss auch gebärfähig sein...

      Als Broch Ursulas Komposition ablehnt und eine eigene für die Kantate verwendet, wirft sich ihm Ursula an den Hals: Sie will das Ferienhaus nicht verlassen, sie will Broch lieben. Broch will nicht, dann will er doch. Wie er seiner bald auftauchenden Frau erklärt, fasziniert ihn Ursulas jugendliche Hingabe. In diesem Erzählstrang kulminieren die theaterhaften Elemente der Inszenierung, die sich schon in der Kostümwahl ankündigten: Ursula kleidet sich fast ausschließlich in unschuldiges Weiß. Leidenschaft und Verführung werden hingegen durch rote Strickjäckchen oder samtrote Abendgarderobe signalisiert.

      Das Interessanteste an diesem Film ist die durchgehende Spannung, die einen direkt in den Strudel der damaligen Zeit hineinzuziehen vermag. Wie kann das ein Film schaffen, der so theaterhaft, symbolträchtig, kontemplativ daherkommt? Zum einen ist es der Verzicht auf pädagogische Distanz. Jutta Brückner lässt die Figuren lieber authentisch sprechen, etwa wenn Gottliebs Vorgesetzter dessen Einwand, „Unsere Ehre heißt Treue“, damit kontert, das gelte mehr für Deutschland, als für Ursula.

      Zum anderen sind es die suggestiv komponierten Nahaufnahmen, die Gefühle direkt ansprechen: zum Beispiel die Szene, in der einer Frau die Perlenkette auf den Treppen eines Nazigebäudes reißt und die Perlen kullern... vor das Hakenkreuz. Broch, der als zerrissener, kopflastiger Charakter die schwächste Rolle im Film hat, will Ursula zu seiner abgründigen Muse machen. Einerseits entspricht das der geschichtlichen Wahrheit der Verführung, andererseits aber wäre es nicht nötig gewesen, aus dem blutleeren, in die eigene Innerlichkeit vernarrten Bühnencharakter auch noch den Schürzenjäger zu machen.

      Auch die theaternahe Inszenierung wirkt zwiespältig: Dem rauschhaften Zeitgeist kommt sie erstaunlich entgegen. Aber sie lässt auch auf Distanz zu den aufgeputschten Liebesaffären gehen. Gegen Ende schimmert vielleicht dann doch etwas zu viel von Jutta Brückners eigener Geschichtsdeutung durch. Der naiven Ursula wird ein feministischer Schnellkurs verpasst. Aber selbst das tut der Faszination, die dieser um emotionale Analyse bemühte Film ausstrahlt, kaum Abbruch.

      Fazit: In diesem auch stilistisch spannenden Drama erfährt eine glühende Hitlerverehrerin, dass ihr Weltbild sie nicht vor Liebeskummer schützt.
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