Anzeige
Anzeige
  1. Kino.de
  2. Filme
  3. Hotel Artemis
  4. „Hotel Artemis“-Filmkritik: Verschwendung eines Star-Ensembles

„Hotel Artemis“-Filmkritik: Verschwendung eines Star-Ensembles

„Hotel Artemis“-Filmkritik: Verschwendung eines Star-Ensembles

Der Gangster-Thriller „Hotel Artemis“ versucht, das Setting von „John Wick“ mit der Metaphorik von „The Purge“ zu vermischen. Nur leider nimmt sich der Film nicht das Beste aus beiden Welten und setzt sich stattdessen konsequent zwischen die Stühle.

Erfahre mehr zu unseren Affiliate-Links
Wenn du über diese Links einkaufst, erhalten wir eine Provision, die unsere redaktionelle Arbeit unterstützt. Der Preis für dich bleibt dabei unverändert. Diese Affiliate-Links sind durch ein Symbol gekennzeichnet.  Mehr erfahren.

Man könnte weinen darüber, was aus „Hotel Artemis“, dem Regiedebüt von Drehbuchautor Drew Pearce („Iron Man 3“) hätte werden können. Es war ihm eine Herzensangelegenheit, das merkt man an den vielen guten Ideen. Nur leider ist der Sci-Fi-Gangster-Thriller nicht zu Ende gedacht. Dabei hätten der stylische Look und die hervorragende Besetzung allein gereicht, um „Hotel Artemis“ irgendwann den Status eines Kult-Filmes zu bescheren.

Drew Pearce bedient sich sehr freimütig bei den vielleicht besten Actionfranchises der letzten Jahre: dem elektrisierenden „John Wick“ und dem tollen Trash von „The Purge“. Die Geschichte spielt im Los Angeles des Jahres 2028. Die Stadt versinkt im Chaos, soziale Unruhen brechen aus, als Unternehmen die Wasserversorgung privatisieren. Die lebenswichtige Ressource wird auf einmal unbezahlbar. Das Durcheinander nutzen die Gangster Waikiki (Sterling K. Brown) und sein Bruder Honolulu (Brian Tyree Henry), um eine Bank auszurauben.

Anzeige

Doch der Einbruch geht nach hinten los. Waikiki und Honolulu sacken die Wertsachen ihrer Geiseln ein — darunter ein ominöser goldener Kugelschreiber — und werden auf der Flucht angeschossen. Ihre letzte Hoffnung: das Hotel Artemis. In der Untergrund-Klinik werden wunde Gangster von der Ärztin Thomas (Jodie Foster) wieder zusammengeflickt – wenn sie ihre Mitgliedschaft bezahlt haben und die strengen Regeln befolgen, um deren Durchsetzung sich Thomas´ rechte Hand Everest (Dave Bautista) kümmert.

Willkommen im Hotel Artemis

Der Rest des Filmes spielt fast ausschließlich in den Gängen und Zimmern der Klinik, die sich an der Spitze eines leerstehenden Wolkenkratzers befindet. Drew Pearce bedient sich am Setting der „John Wick“-Filme, denen es gelungen ist, neben der fesselnden Action auch ein eigenes Gangster-Universum zu etablieren. Das Continental stand Pate für das Artemis. Die Geschichte deutet auch an, dass es mehrere solcher Untergrund-Krankenhäuser rund um den Globus gibt. Die Dichte und Coolness, mit der in „John Wick“ eine Parallelwelt für Killer entworfen wird, erreicht „Hotel Artemis“ jedoch nicht.

Unter der Ägide von Thomas treffen im Artemis der Waffenhändler Acapulco (Charlie Day), die Killerin Nice (Sofia Boutella) und schließlich auch der Gangsterboss The Wolf King (Jeff Goldblum) aufeinander. Klar, dass jeder eine eigene Agenda hat. Acapulco ist ein arrogantes Ekel, Nice hat eine Vergangenheit mit Waikiki und The Wolf King steht in einem besonderen Verhältnis zu Thomas — alle Figuren sind in Position, lose miteinander verknüpft, der Konflikt scheint unausweichlich und dann passiert: nichts.

Zwischen Art Déco und Fototapete

Nur ein ganz normaler Abend im Artemis, sagt sich Jodie Foster als Thomas immer wieder, während sie gedrungen von einem Zimmer zum nächsten hetzt. The Wolf King ist angeschossen, Honolulu bekommt eine Niere aus dem 3D-Drucker, Nices Auftrag ist schnell erraten, Waikiki findet langsam heraus, dass der Kugelschreiber ein Safe ist, in dem sich die Diamanten des Wolf King befinden, Acapulco sorgt für ein Chaos, das Everest nur schwer wieder eindämmen kann. Und dann nimmt Thomas auch noch eine Polizistin (Jenny Slate) auf, mit der sie eine gemeinsame Vergangenheit hat. Drew Pearce hält viele, zu viele Stränge in den Händen. Als Zuschauer wünscht man sich, sie würden irgendwie zusammenkommen.

Anzeige

Stattdessen stapft Jodie Foster weiter durch düstere Gänge. Zwischen Art Déco und Fototapete. Im Hotel Artemis ist sie der Mittelpunkt, die Geschichte verengt sich entsprechend auf sie. Seit mehr als drei Jahren hat Thomas das Artemis nicht mehr verlassen, inzwischen leidet sie an Agoraphobie. Foster spielt die Ärztin als getriebene Figur, professionell, aber immer auf der Flucht. Es ist eine der Freuden des Filmes, ihr dabei zuzuschauen, wie sie um Ordnung ringt, während um sie herum alles aus dem Ruder läuft.

Das eigentlich unterhaltsame Gefrotzel der Gangster opfert Regisseur Drew Pearce, um die Entwicklung von Thomas in den Vordergrund zu stellen — eine absolut vorhersehbare Wendung inklusive. Dafür opfert Pearce dann auch seinen Cast. Dave Bautista, Sofia Boutella, Charlie Day und Sterling K. Brown liefern durch die Bank eine gute Performance. „Hotel Artemis“ ist hervorragend besetzt und gut gespielt. Allein: Die Figuren sind vom Script zu blass gezeichnet. Spätestens ab der Hälfte gleiten Drew Pearce dann auch die vielen Erzählstränge aus der Hand.

Anzeige

Und noch etwas „The Purge“

Noch zu Beginn des Filmes werden die sozialen Unruhen als wichtigster Hintergrund des Settings etabliert. Aufgrund der Unruhen ist das Artemis quasi isoliert, die Insassen völlig auf sich allein gestellt. Das Drohszenario lässt Pearce jedoch einfach wieder fallen. Im Verlauf der Handlung werden die Demonstrationen hin und wieder genutzt, um das Wasser am Köcheln zu halten. Eine größere Rolle spielen sie jedoch nicht mehr — so wird ein Teil des organischen Settings zum Plotpoint degradiert.

Diese Schieflage zeigt auch, dass es Drew Pearce nicht sehr ernst mit seiner Metaphorik meint. Wird draußen auf der Straße gegen die Privatisierung der Wasserversorgung demonstriert, ist das Artemis Sinnbild für die Privatisierung der Gesundheitsindustrie. Behandelt werden nur zahlende Kunden. Wer keine Mitgliedschaft hat, landet zum Verbluten auf der Straße. Dieser Konflikt wird jedoch nur einmal angerissen, die haarsträubenden Konsequenzen einer solchen Industrie bleiben unerwähnt. Es macht den Eindruck, als habe sich Pearce bei „The Purge“ bedient, im Gegensatz zu dem Exploitation-Franchise aber nicht den Mut gehabt, die Metapher durchzuspielen, selbst wenn sie auf wackeligen Beinen steht.

Dass sich der Film zum Schluss nicht entscheiden kann, ob er mit großem Getöse untergehen will oder nicht, gehört zur Inkonsequenz von „Hotel Artemis“. Irgendwie Charakterdrama, aber die Action darf dann doch nicht fehlen. Drew Pearce tischt in den letzten Minuten noch eine spannungslose Actionsequenz auf, die den Abschluss bilden soll. So bleibt „Hotel Artemis“ ein Film voller guter Anlagen, einem tollen Cast und interessanten Ideen. Die unterschiedlichen Bestandteile kommen jedoch nie wirklich zu ihrem Recht.

Fazit: „Hotel Artemis“ vermischt Science-Fiction und Gangster-Thriller mit einem hübschen Look und einer hervorragenden Besetzung rund um Jodie Foster. Doch die vorhersehbare Story steuert auf ein dünnes Ende zu, dem es nicht gelingt, die unterschiedlichen Bestandteile miteinander zu vereinen.

Anzeige