Die lebende Regie-Legende Ridley Scott prägt das Hollywood-Kino seit über 40 Jahren. Mit den gerade angesagtesten Filmen kann er offensichtlich aber wenig anfangen.
Es scheint langsam zu einem gefragten Hobby für berühmte Regisseure zu werden, Superheld*innen-Filme zu kritisieren. An dem derzeit mit Abstand populärsten Genre haben sich schon namhafte Filmmacher wie Martin Scorsese („The Irishman“), Roland Emmerich („Independence Day“) und zuletzt auch Denis Villeneuve („Dune“) abgearbeitet. Jetzt reiht sich eine weitere Regie-Persönlichkeit in diese illustre Runde ein.
Ridley Scott sprach mit Deadline über seinen kommenden Film „House of Gucci“, das mit Adam Driver, Lady Gaga, Jared Leto und Al Pacino eine hervorragende Besetzung vorzeigen kann. Dabei tat er Comicverfilmungen als lediglich optische Effekthascherei ohne Tiefe ab:
„Fast immer werden die besten Filme von Charakteren bestimmt und wir kommen gleich auf Superheld*innen-Filme zu sprechen, wenn ihr mögt, denn ich werde sie fertig machen. Ich werde sie verdammt noch mal fertig machen. Sie sind verflucht scheiße langweilig. […] Ihre Drehbücher sind überhaupt nicht beschissen gut. Ich glaube, sie haben drei tolle Drehbücher für Superheld*innen-Filme gemacht. Eines war ‚Alien‘ mit Sigourney Weaver. Eines war verdammt noch mal ‚Gladiator‘ und eines war [‚Blade Runner‘]… das sind Superheld*innen-Filme. Also, warum haben die Superheld*innen-Filme nicht bessere Geschichten? Tut mir leid. Ich bin etwas abgedriftet, aber ich meine, mal ganz im Ernst. Sie werden vor allem von Spezialeffekten gerettet und das ist langweilig für alle geworden, die mit Spezialeffekten arbeiten, wenn du das Geld hast.“
Ihr könnt bald selbst herausfinden, ob Ridley Scott mit seinem nächsten Werk qualitativ selbst überzeugen kann. Der Trailer zu „House of Gucci“ gibt euch einen ersten Eindruck:
Superheld*innen-Filme dominieren den Kino-Markt – und haben doch bald ein Problem?
Wie also alle zuvor genannten Regisseure kritisiert auch Ridley Scott die Comicverfilmungen dafür, dass sie kreativlos wären, da sie einfach viel Geld in Spezialeffekte pumpen, und keine wirklich interessanten Geschichten erzählen würden. Nach dem Motto „der Erfolg gibt ihnen Recht“ sehen das Marvel und DC sicherlich anders. Immerhin dominieren deren Filme weiterhin den globalen Kinomarkt und spielen aufgrund der in die Lichtspielhäuser strömenden Massen enorme Summen ein, was den Kinos gerade in Corona-Zeiten durchaus genehm sein dürfte. Ob diese Werke qualitativ überzeugen oder eben nur leeres Spektakel sind, dass muss jede einzelne Person für sich selbst entscheiden. Über Qualität lässt sich bekanntlich streiten.
Wie immer bei den gerade populärsten Genres wird sich aber auch der Superheld*innen-Film regelmäßig neu erfinden müssen, sonst geht diese Kategorie den Weg des Westerns, der schließlich auch mal das Nonplusultra war und heute ein Nischendasein fristet. Seit Jahren fragen sich alle aufgrund des vermeintlichen Überangebots, wann das Publikum der Comicverfilmungen überdrüssig sei. Bislang ist davon allerdings noch nichts zu spüren.
Ridley Scott wollte mit seinen drei genannten Superheld*innen-Filmen wohl deutlich machen, dass viele andere Werke ähnlichen Merkmalen folgen und das Genre sich an diesen ein Beispiel nehmen sollte. Problematisch ist dabei aber vermutlich, dass wohl kaum jemand die von ihm genannten Filme in dieses Genre packen würde. Viel eher folgen alle drei der klassischen Held*innen-Reise, die aber den Comic-Verfilmungen ja nicht exklusiv vorbehalten ist.
Einen Superheld*innen-Film nach strengerer Definition dürfen wir von Ridley Scott aber wohl nicht mehr erwarten. Zumal der bald 84-jährige Regisseur (Geburtstag feiert er am 30. November) gerade ohnehin genug zu tun: Jüngst brachte er erst „Last Duel“ in die Kinos, am 2. Dezember 2021 folgt „House of Gucci“, danach hat er noch Projekte wie das Napoleon-Drama „Kitbag“ und natürlich „Gladiator 2“ in der Mache. Ein „Avengers 5“ passt da natürlich schlecht rein.
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