Ian Gray ist Molekularbiologe und untersucht die Evolution des Auges. Auch im Privaten setzt sich seine Faszination fort, wann immer es geht, fotografiert er Augenpaare. Als er der rätselhaften Sofi begegnet, faszinieren ihn auch hier ihre einzigartigen Augen. Sie verlieben sich ineinander und werden ein Paar. Er verliert sie jedoch unter tragischen Umständen. Als Ian zusammen mit seiner neuen Partnerin Karen seine Forschung fortsetzt, macht er eine bahnbrechende Entdeckung, die weitreichende Folgen hat und sowohl seine wissenschaftliche Überzeugung erschüttert als auch seinen spirituellen Glauben erweckt. Die Grenzen der Wissenschaft und die Möglichkeiten der spirituellen Welt - diese Grenzbereiche sind es, um die sich I ORIGINS dreht. Regisseur und Autor Mike Cahill lässt beide Welten in einer faszinierenden Mischung aus klassischem Drama und Science-Fiction kollidieren. Ian Gray ist für den Zuschauer die Leitfigur, Michael Pitt verkörpert ihn ruhig und sachlich, lässt aber auch immer wieder die romantisch sehnsuchtsvolle Seite aufblitzen, die Ian antreibt. Brit Marling als Karen und Astrid Bergès-Frisbey als Sofi sind die Pole der Ratio und des Gefühls, um die er kreist. Immer wieder streut Cahill Sequenzen ein, die sich in ihrer Komposition von der Handlung träumerisch und sinnlich abheben und unterstützt werden von einem kraftvollen und sphärischen Score. Bis zum Schluss wirkt der Sog der Geschichte, der Film selbst lässt eine Erklärung für das Geschehene offen. Ein intelligent gemachter Genre-Mix, der kluge Fragen aufwirft, zur Diskussion anregt und den man mit eigenen Augen gesehen haben muss.
Jurybegründung:
Der junge Molekularbiologe Ian Gray ist auf der Suche nach dem endgültigen Beweis, dass unser Leben auf Evolution begründet ist, nicht auf Schöpfung. Dabei geht er ebenso unkonventionell wie undogmatisch vor und versucht, mit der Entwicklung der Sehkraft bei bisher blinden Lebewesen seine Theorie zu stützen. Sein Privatleben ist nicht minder ungewöhnlich, lässt er sich doch auf eine stürmische Liaison mit dem geheimnisvollen Model Sofi ein. Durch ein tragisches Unglück verliert er Sofi, und auch wenn Ian sich mit seiner ehemaligen Assistentin Karen ein neues Privat- und Berufsleben aufbaut, so bleiben seine Gedanken und Sehnsüchte doch bei Sofi verhaftet. Durch eine scheinbare Fehlermeldung in einer Iris-Datenbank gerät Ians Weltbild ins Wanken: Was, wenn unser Dasein doch weniger rational erklärbar ist und es eine höhere Macht gibt?
Geschickt lotet Regisseur Mike Cahill das cineastische Grenzgebiet zwischen Mysterythriller und Science Fiction aus, dessen Reiz seiner Mischung mit esoterischen Fragestellungen entspringt. Lässt man sich als Zuschauer auf dieses Konstrukt ein, wird man von I ORIGINS auf eine Reise in die Grenzgebiete der theoretischen Wissenschaften geführt. Dabei interessieren Cahill die Antworten weniger als die Fragen, die sich aus diesem Ansatz ergeben.
Der Bewertungsausschuss hat sich sehr lange mit der Genrebestimmung beschäftigt und war sich bis zuletzt nicht einig, wie dieser Film zu bewerten ist. Sind Sci-Fi und Mystery-genretypische Merkmale stilbildend oder muss der Zufall die Geschichte vorantreiben, wo das Drehbuch sich nicht anders zu helfen weiß? So wirken die Koinzidenzen leider nach Ansicht der Jury oft ein wenig konstruiert. Auch ist der Spannungsbogen nicht überzeugend angelegt, zu lange hält er sich im ersten Drittel mit der Einführung der Figuren und ihrer intellektuellen Strukturen auf, bevor die Story ihre esoterische Kraft entfalten kann.
Dass der Film mit einem Prädikat ausgezeichnet wurde, liegt zum einen am unverbrauchten Cast, der zu jeder Zeit zu überzeugen weiß und durch ein eher reduziertes Spiel die intellektuelle und verbale Kraft betonen kann. Zum anderen überzeugen vor allem im zweiten und dritten Drittel die handwerklichen Qualitäten. So ergeben Kameraführung, Licht und Ton zusammen mit dem dezenten und die Stimmungen gekonnt akzentuierenden Score einen mit den Genres spielenden und diese zugleich immer wieder brechenden Film, wie er nur selten im Kino zu finden ist. Dabei ist der Film erstaunlich gegenwärtig und vor allem durch den beeindruckenden Cast identitätsstiftend. Somit ist I ORIGINS eine intelligente Mischung aus Wissenschaftsdrama und erfrischend unkonventioneller Liebesgeschichte ohne romantische Klischees.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)