Ich fühl mich Disco: Warmherzig-sensible Tragikomödie von Axel Ranisch ("Dicke Mädchen") mit famoser Musik über die Leiden eines schwulen Teenagers.
Warmherzig-sensible Tragikomödie mit famoser Musik über die Leiden eines schwulen Teenagers.
Nach dem Kritikerfolg „
Dicke Mädchen“ legt Axel Ranisch eine autobiografisch geprägte, so persönlichen wie einfühlsame Tragikomödie nach, die sensibel Coming of Age und Coming Out mit sagenhaft feinsinnigem Gespür vereint. Ein Mix aus Realsatire, Familiendrama und Musikfilm, der surreale Fantasien nahtlos einbindet und dabei mit der erstaunlich gelungenen Kombination aus Rachmaninows Klavierpartituren und Christian Steifferts Schlagern mit ihren treffenden Texten Herzen erwärmt.
Vater und Sohn sind zwei grundverschiedene Männer, die sich zusammenraufen müssen: Theaterschauspieler Heiko Pinkowski ist als Schwimmlehrer Hanno ein echtes Original, ein Walross mit Colaflaschenbrille, das aus seinem moppeligen Filius einen echten Mann machen will. Doch Florian (tolle Entdeckung: Frithjof Gawenda) ist ein sensibler Träumer, der sich ein Klavier wünscht, kurz davor steht, seine homosexuellen Neigungen zu entdecken und sich nur beim Schlagersingen mit seiner unverkrampften Mutter (Christina Große) geborgen fühlt.
Das Familienleben ist wie ein Blick ins Wohnzimmer der Nachbarn, skurril, aber komplett authentisch, liebevoll und spöttisch zugleich. Ein Schicksalsschlag raubt Florian die Mutter, die ins Koma fällt und nicht mehr erwachen wird. Wichtige Szenen wie diese laufen nur mit leiser Musik und sind so atemberaubend wie die zahlreichen Fantasien, in denen ihm seine Mutter weiterhin beisteht. Damit beginnt ein langer Abschied von der Kindheit, ein Spießrutenlauf durch die Zumutungen der Pubertät, verschärft vom sprachlos trauernden Vater, der es gut meint, aber als verständnisloser Holzklotz alles verschlimmert. Zu allem Überfluss hat sich Florian auch noch in den Falschen verliebt, den machohaften Grobian Radu.
Aber alle Demütigungen werden wohlfühlend besungen und damit viel Sympathie für ein Vater-Sohn-Duo geweckt, das sich nun allein durchs Leben schlagen muss. Axel Ranisch studierte bei Rosa von Praunheim, der als Sexualtherapeut in einem Elternberatungsvideo einen herrlichen Auftritt hat, und dreht abermals ohne Script, oft frei improvisiert. Seinem Talent ist es zu verdanken, dass dieses „kleine Fernsehspiel“ formvollendete Stilleben zwischen tieftraurig, brüllend komisch und leise dramatisch entwickelt und dabei spielend das Gefühlsleben ihrer wirklichkeitsnahen Charaktere erkundet. tk.