IN SEARCH… erzählt die persönliche und berührende Geschichte der Regisseurin Beryl Magoko, die als Mädchen in Kenia genitalverstümmelt wurde und nun, als erwachsene Frau, von einer Operationsmethode erfährt, die den Frauen das zurück geben kann, was damals verloren ging.
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Beryl Magoko wurde in Kenia geboren, wo es Tradition ist, junge Mädchen zu beschneiden. Auch Beryl hat die Genitalverstümmelung über sich ergehen lassen, weil ihr niemand sagte, was die Prozedur für sie bedeutet, welche Schmerzen es bringt. Nicht nur für den Körper, sondern auch für die Seele. Nun ist Beryl Magoko eine erwachsene junge Frau und lebt als Filmemacherin in Deutschland. Und sie erwägt eine erneute Operation. Denn mittlerweile ist es möglich, den Eingriff rückgängig zu machen. Doch will sie genau das? Und was ist größer - die Angst oder die Hoffnung, etwas wiederzubekommen, was einem auf grausame Art genommen wurde? Der Abschlussfilm IN SEARCH… von Beryl Magoko und Jule Katinka Cramer, die an der Kunsthochschule für Medien in Köln studiert haben, ist eine sehr persönliche Betrachtung eines hochsensiblen und komplexen Themas. Denn Magoko offenbart, während sie sich auf die Suche nach Antworten auf ihre Fragen begibt, auch viel von ihren eigenen Empfindungen, Sorgen und Hoffnungen. Für die einzelnen Gespräche nehmen sich Magoko und Cramer Zeit, die Bilder stehen lange, die Montage ist ruhig, der Zuschauer kann sich komplett einlassen auf das Thema und die Protagonistinnen, die sich Magoko auch aufgrund der vertrauensvollen Annäherung der Regisseurin den Fragen öffnen. Dass die Genitalverstümmelung ein Thema von großer politischer, kultureller und gesellschaftlicher Revelanz ist, wird deutlich. Doch für Magoko und Cramer steht dieser Aspekt nicht im Vordergrund. Denn wenn in einer der letzten Schlüsselsequenzen des Films Magoko mit ihrer Mutter spricht und dabei nicht nur ihre eigene, sondern auch die Beschneidung ihrer Mutter thematisiert, dann wird klar, wie persönlich die Geschichte ist. Ein berührender und wichtiger Film.
Jurybegründung:
FGM (Abkürzung für „Female Genital Mutiliation“, zu Deutsch: „Weibliche Genitalverstümmelung“) ist ein Thema, das in den letzten Jahren auch dank Filmen wie FEMALEPLEASURE und öffentlichen Aufklärungskampagnen wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt ist. Mit IN SEARCH… widmen sich die in Kenia geborene Filmemacherin Beryl Magoko, selbst eine Betroffene von FGM, und ihre Kamerafrau Jule Katinka Cramer der eigenen Geschichte und Vergangenheit und zeigen zugleich, dass es mittlerweile Hoffnung gibt für die verstümmelten Frauen, denen ein entsetzliches Unrecht widerfuhr - und das zum Teil in einem kindlichen Alter und ohne dass sie auch nur die geringste Ahnung davon hatten, welches Leid ihnen zugefügt wurde.
Dabei ist der Titel durchaus wörtlich zu verstehen: In Form eines filmischen Tagebuchs begleitet die extrem zurückhaltende Kamera die Protagonistin und Regisseurin bei ihrer Suche nach Seelenfrieden, Aufarbeitung eines niemals bewältigten Traumas und letztlich auch nach körperlicher Wiederherstellung. Denn was sie ihr Leben lang begleitet, ist das Gefühl der Unvollständigkeit. Zu diesem Zweck sucht sie nicht nur Ärzte und andere Betroffene auf, sondern setzt sich auch mit ihrer eigenen Familie in Kenia auseinander, von denen sie sich im Stich gelassen fühlte. Dabei kommt es vor allem mit ihrer Mutter zu bewegenden Aufeinandertreffen, in deren Verlauf das Publikum vieles versteht über die kulturelle Verankerung der lange Zeit unterhinterfragten Praxis der Genitalverstümmelung, ohne dass dabei das Grauen in irgendeiner Weise beschönigt würde.
Und es ist zu vermuten, dass Magokos sehr persönlicher Zugang ihr auch viele Türen (und Herzen) anderer betroffener Frauen geöffnet haben dürfte, die sich durch ihren Mut und ihre Offenheit inspiriert fühlte, es der mutigen Filmemacherin gleichzutun.
Mit IN SEARCH… gelingt den beiden Filmemacherinnen Beryl Magoko und Jule Katinka Cramer ein sehr bewegender Film über ein wichtiges Thema, der vor allem dank des persönlichen Zugangs überzeugt und lange nachhallt. Eine gerade für einen studentischen Abschlussfilm sehr überzeugende Leistung.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)