FBW-Pressetext:
Vor Verve und Lebensfreude sprühende Musicalverfilmung - wie gemacht für die große Kinoleinwand!
In einem heißen Sommer im New Yorker Stadtteil Washington Heights erzählt die Verfilmung des preisgekrönten Broadway-Musicals von einer eingeschworenen Gemeinschaft eines multikulturellen Viertels, dessen Bewohner sich durch nichts von ihren Träumen und Hoffnungen abhalten lassen. Die mitreißend schwungvolle Mischung aus lateinamerikanischen Rhythmen und einer inspirierenden Geschichte ist perfektes Sommerkino, bei dem der Funke überspringt.
Mit seinem ersten Musical ist Lin-Manuel Miranda (der mit HAMILTON den Broadway im Sturm eroberte) vor 15 Jahren ein preisgekrönter Überraschungs-Hit gelungen, den der Regisseur Jon M. Chu und die Drehbuchautorin Quiara Alegría Hudes nun kongenial zu einem einzigartigen filmischen Erlebnis auf die große Leinwand übertragen. Die Mischung aus lateinamerikanischen Rhythmen, hinreißend dargebotenen Balladen und jeder Menge Rap und Hip Hop reißt jeden Zuschauenden von den Sitzen. Dazu behandelt IN THE HEIGHTS auch relevante Probleme unserer Zeit: die Gentrifizierung von „angesagten“ Vierteln in einer Großstadt, die dazu führt, dass die alteingesessene Anwohnerschaft sich das Wohnen in ihrem Viertel nicht mehr leisten kann; der latente Rassismus, mit dem sich Menschen mit Migrationshintergrund konfrontiert sehen; und die Sehnsucht nach den eigenen Wurzeln der Eltern oder Großeltern, die ihre Heimat in Mexiko, Puerto Rico oder der Dominikanischen Republik hinter sich lassen mussten, um in den USA neu anzufangen. Es ist diese Sehnsucht nach Heimat und nach Identifikation, die sich in allen Szenen und in allen Musiknummern spiegelt. Chu und seine Kamerafrau Alice Brooks inszenieren die Handlung als überbordende Explosion an Farben, Licht und Bewegung. Die Darsteller*innen sprühen vor Lebendigkeit, Verve und Charme und die Figuren sind über die Maßen sympathisch gezeichnet (allen voran der Erzähler Usnavi, den Newcomer Anthony Ramos so spitzbübisch und doch grundehrlich spielt, dass man sich sicher sein kann: Hier ist ein neuer Star geboren). In der Inszenierung greift Chu Vorbilder wie Busby Berkeley und LaLa Land auf und verleiht den Tanzsequenzen etwas eigenständig Faszinierendes. Und spätestens wenn sich das ganze Viertel zu einer Party im Schwimmbad trifft, ein Stromausfall in einen Carneval mündet oder Nina und Benny durch ihren Tanz die Schwerkraft außer Kraft setzen, dann kann man sich dem Zauber dieses umwerfenden Musicals nicht mehr entziehen.
FBW-Jury-Begründung:
Vor einer karibischen Strandbar erzählt der junge Usnavi staunenden Kindern ein Märchen: „Es war einmal in einem fernen Land namens Washington Heights. Dort waren die Straßen aus Musik gemacht…“ Damit entführt er auch uns Zuschauende in das New Yorker Stadtviertel an der Nordspitze Manhattans, das von jeher Heimstatt wurde für Menschen aus aller Welt, die Glück oder Zuflucht suchten. Hier betreibt Usnavi an einer Straßenecke einen typischen New Yorker Gemischtwarenladen mit Kaffeeausschank, der einen Dreh- und Angelpunkt für die hispanische Bevölkerung des Viertels darstellt. Mit dem aufwändig choreografierten Titelsong „In the Heights“ stellt er sie uns rappend vor: seinen Cousin Sonny, einen „Dreamer“ mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus, der im Laden aushilft, die von Usnavi angehimmelte Kubanerin Vanessa, die im Schönheitssalon gegenüber jobbt und von einer Karriere als Modedesignerin träumt, den Taxiunternehmer Kevin Rosario, der alles dafür tut, um seiner Tochter Nina ein Studium an der Stanford-Universität zu ermöglichen, dessen Mitarbeiter Benny, der für Nina schwärmt, und natürlich Abuela Claudia, die vor langer Zeit aus Kuba kam und mangels eigener Familie das ganze Viertel adoptiert hat. Die Mitglieder dieser Gemeinschaft halten zusammen, pflegen ihre Traditionen, kämpfen gegen Armut und soziale Ungerechtigkeiten, hoffen auf eine bessere Zukunft und träumen von der großen Liebe. Und alle bewegt die Frage: Sollen sie bleiben oder gehen, müssen sie der Gentrifizierung weichen, wollen sie den Aufstieg in einer anderen Umgebung schaffen, sollen sie das Glück in den Herkunftsländern ihrer Familien suchen? Wie unter dem Brennglas bündeln sich die Hoffnungen und Konflikte in einem heißen Sommer, als der Strom ausfällt und bekannt wird, dass auf jemanden im Viertel ein Lotteriegewinn von 96.000 Dollar wartet.
Nachdem Komponist und Songtexter Lin-Manuel Miranda mit seinem gleichnamigen Musical bereits am Broadway große Erfolge feiern konnte, bringt er die Geschichten der Latino-Community als Produzent nun dorthin zurück, wo sie ihren Ursprung haben: auf die Straßen von Washington Heights. Deren Rhythmus wird von Regisseur Jon M. Chu auf Grundlage eines Drehbuchs von Quiara Alegría Hudes kongenial eingefangen und mit einem herausragenden Cast, der fast ausschließlich aus Hispanics besteht, packend umgesetzt. Dabei hat man nicht auf Stars gesetzt, sondern auf die musikalischen und tänzerischen Fähigkeiten, so dass einige Newcomer mit der Darbietung ihrer Songs und Tanzeinlagen brillieren können, allen voran Anthony Ramos in der Rolle des Usnavi. Im Musical hatte Lin-Manuel Miranda noch selbst diese Rolle gespielt, in der Filmversion taucht er in einer kleinen Nebenrolle als Eisverkäufer auf. Das Herzstück bilden aber auch hier die von ihm geschriebenen Songs, die die ganze Bandbreite zwischen Salsa, Latin-Pop, Rap, Rhythm and Blues bedienen und absolut mitreißend sind - oder so berührend wie das Stück „Paciencia y Fe“, in dem Olga Merediz als Abuela Claudia am Ende ihres Lebens die Entbehrungen und Hoffnungen der Eingewanderten zum Ausdruck bringt.
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Die übrigen Bewohner:innen von Washington Heights haben ganz ähnliche Wünsche und Sorgen, und die diversen Erzählstränge bündeln sich in Usnavis Laden. Dabei werden die „realen“ Probleme und ihre gesellschaftlichen Ursachen, wie ungeklärter Aufenthaltsstatus, soziale Probleme, Verdrängung durch Gentrifizierung etc. angesprochen, aber sie stehen nicht im Mittelpunkt des Films. Der Fokus liegt eindeutig auf den Menschen und ihren „suenitos“, ihren kleinen (oder größeren) Träumen, wobei es unerheblich ist, ob sie sich realisieren lassen oder nicht. Im Grunde geht es um Glücksverheißungen und das Streben nach Glück, die Suche nach Heimat und das Gefühl von Zugehörigkeit. All das sind Phänomene, die jenseits realer Not von jeher mit Migration verbunden sind. So ist der Film eine große Hommage an die hispanische Bevölkerungsgruppe der USA, die im Kino nach wie vor unterrepräsentiert ist, ein Loblied auf die Kultur, die sie geschaffen hat, und wohl auch ein Abgesang auf ein Viertel, das zu verschwinden droht. Vor allem ist IN THE HEIGHTS ein wunderbares, mitreißendes Kinomusical, das den Bogen spannt zwischen klassischen Hollywood-Vorbildern und lebendigen Street Styles der Gegenwart.
FBW-Jugend-Filmjury:
(www.jugend-filmjury.com)
In dem New Yorker Viertel Washington Heights kann man keine zwei Schritte gehen, ohne jemanden zu treffen, der große Träume hat. Singend und tanzend kämpft sich der junge Usnavi durch sein Viertel und den Alltag. Unterwegs stolpert er über Vanessa, in die er schon lange verliebt ist und die statt Modedesignerin zu sein, in einem Beautysalon arbeitet und nicht weiß, wie sie ihren Traum erfüllen soll. Dann trifft er auf seinen guten Freund Benny, der bei einem Taxiunternehmen arbeitet, und bringt Claudia, der „Abuela“ (auf deutsch: Großmutter) des Blockes, ihre Einkäufe vorbei. Usnavi und seine Freunde haben alle Träume, die sie verwirklichen wollen, ohne dabei ihre latein-amerikanischen Wurzeln zu verraten. Als Nina, die Hoffnung des „barrios“ (auf deutsch: Nachbarschaft), von ihrem ersten Jahr an einer Eliteuni zurückkommt, wird sie mit offenen Armen empfangen und gefeiert. Doch inzwischen ist sie sich selbst gar nicht mehr so sicher, ob es wirklich ihr Traum ist, den sie da erfüllen soll. Irgendwie haben alle hier ein Ziel vor Augen, aber sich aus der Armut zu befreien, in der sie als Einwandererkinder dritter Generation aufgewachsen sind, erweist sich als schwierig. Mit gesättigten (sehr bunten) Farben und umwerfender Musik singen sie über ihre Probleme hinweg und erfreuen sich an den kleinen Dingen im Leben. Dieser Sommerfilm ist wundervoll farbenfroh, verbreitet eine gute Stimmung und lädt zum mitgrooven ein. Das zweieinhalbstündige Musical tanzt und springt mit überwältigend choreografierten und komponierten, groß aufgezogenen Musik- und Tanzeinlagen durch das barrio. IN THE HEIGHTS schafft es, alle Zuschauer*innen mitzunehmen. Während noch eben um Verstorbene getrauert wird, spielt im nächsten Moment wieder die Band und alle sind auf den Beinen. Trotzdem bleibt genug Raum, um sich mit den Lebensgeschichten und Gefühlswelten der Charaktere auseinanderzusetzen. Kritisch wirft das Musical dabei einen Blick auf die Situation von Migrant*innen in den Vereinigten Staaten und bespricht deren Chancenlosigkeit und häufig verwehrten Aufstiegschancen. Schauspiel, Gesang, Kameraführung und die verwendeten Effekte tragen dazu bei, dass IN THE HEIGHTS in Erinnerung bleibt. Im Unterschied zu den meisten anderen Filmen dieses Genres fügt sich die deutsche Synchronisation reibungslos mit den originalen, lediglich deutsch untertitelten Musiknummern zusammen. Berührend, aber stellenweise auch kitschig schafft der Film ein einmaliges Kinoerlebnis. Wir empfehlen diesen Film ab 10 Jahren, denn er spricht ein breites Zielpublikum an, lässt aber auch Raum, um sich gesellschaftskritisch mit den Problemen der Figuren auseinanderzusetzen. Fürs Kino gemacht, für Familien weit und breit, denn nichts ist unmöglich in den Washington Heights.
musikalisch: 5 Sterne
mitreißend: 4,5 Sterne
multikulturell: 4,5 Sterne
farbenfroh: 4,5 Sterne
taktvoll: 4,5 Sterne
Gesamtbewertung: 5 Sterne.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)