Nach rund acht Dekaden hat die Filmlegende Michael Caine jetzt offiziell die Schauspielerei an den Nagel gehängt. Einen letzten Film wird es noch geben.
Fällt heute der Name Sir Michael Caine – ja, er wurde im November 2000 von Königin Elizabeth II. zum Ritter geschlagen –, denken die meisten (Filmfans) an seine Langzeit-Kollaboration mit Meisterregisseur Christopher Nolan. Seit „Batman Begins“, in dem Caine als Bruce Waynes treu ergebener Butler Alfred Pennyworth zu sehen war, gab es nicht einen einzigen Film von Nolan, in dem der britische Schauspieler nicht zu sehen oder zu hören war. Selbst in „Dunkirk“ hatte er zumindest einen kurzen und reinen Audio-Auftritt als Fortis Leader in der Originalsprache. Umso überraschter und trauriger müssen Fans reagiert haben, als sie ihn nicht in Nolans Kinohit „Oppenheimer“ erblicken konnten. Im ReelBlend-Podcast sagte der Filmemacher dazu:
„Er ist im Geiste bei uns, aber nicht in der Realität. Nein, nein. Er war nicht in der Lage, sich uns dieses Mal anzuschließen. Aber im Geiste ist er stets bei uns; und ich hatte im Laufe der Jahre die wunderbarste Zusammenarbeit mit ihm.“
Die Baby-Boomer-Generation und auch die Generation X wuchsen dagegen mit einem ganz anderen Michael Caine auf: mit einem jungen, gutaussehenden Mann aus der Arbeiterklasse mit starkem Cockney-Akzent, der als Kettenraucher, Liebhaber härterer Stoffe und mit einer Flasche Wodka am Tag (Radio Times, via The Guardian) keine Party im London der Swinging Sixties ausließ. Das war der Michael Caine mit Filmen wie „Zulu“, „Ipcress – streng geheim“ und „Der Verführer lässt schön grüßen“.
Tony Curtis soll ihm auf einer Party einst seine Schachtel Zigaretten aus der Tasche genommen, diese ins Feuer geworfen und ihm gesagt haben: „Ich habe dich beobachtet, Michael. Du wirst noch sterben, wenn du so weitermachst, du Idiot.“ (via The Guardian) Dass er nicht mehr trinkt, habe er zum einen der Ehe mit seiner Frau Shakira Baksh, mit der er dieses Jahr Goldene Hochzeit begehen durfte, und zum anderen seinen Enkelkindern zu verdanken, mit denen er möglichst noch viel Zeit verbringen wolle.
Um die ihm noch bleibende Zeit im Kreise seiner Liebsten verbringen zu können, möchte er sich nun offenbar ganz aus dem Filmgeschäft zurückziehen – nach fast sieben Dekaden Schauspielerei, fast acht, wenn man seinen ersten ungenannten Auftritt im Fernsehfilm „Morning Departure“ mitzählt. Mit seinen 90 Jahren hat er sich den Ruhestand auch mehr als redlich verdient. Schon nach den Dreharbeiten zur Tragikomödie „Best Sellers“ an der Seite von Aubrey Plaza hatte er angemerkt, dass es womöglich sein letzter Film sein könnte. Dann ruderte er zurück. Diesen Film könnt ihr übrigens über Amazon streamen. Doch dieses Mal scheint er es wirklich ernst zu meinen. Denn ihn plagen auch gesundheitliche Beschwerden, wie er im Interview mit The Telegraph wissen ließ:
„Ich bin jetzt verdammte 90 Jahre alt und kann nicht mehr richtig laufen und so weiter. Ich bin quasi schon im Ruhestand. […] Alle sterben irgendwann. Zumindest bin ich verdammte 90 geworden. Ich habe das bestmögliche Leben gehabt, das ich mir vorstellen konnte. Die bestmögliche Ehefrau und die bestmögliche Familie. Sie mögen nicht die Familie sein, die andere Leute als die bestmögliche Familie bezeichnen würden, aber für mich ist sie die bestmögliche.“
Und tatsächlich meint er es dieses Mal wirklich ernst, ein Zurück wird es wohl nicht mehr geben, wie Caine gegenüber BBC Radio 4 wissen ließ. Das habe einen ganz bestimmten Grund:
„Ich sage ständig, dass ich in den Ruhestand gehen werde. Nun, das tue ich jetzt. Ich dachte mir: ‚Ich habe einen Film, in dem ich die Hauptrolle gespielt habe und für den ich unglaubliche Kritiken bekommen habe… Was soll ich tun, um das noch zu übertreffen?‘ Die einzigen Rollen, die ich jetzt noch bekommen kann, sind 90-jährige Männer. Oder vielleicht 85. Die werden nicht die Hauptrolle spielen. Es gibt keine Hauptdarsteller mit 90 Jahren, sondern nur junge, hübsche Männer und Frauen. Also dachte ich, dass ich mich genauso gut mit all dem hier verabschieden kann.“
In den vergangenen Jahren war Caine in ganzen sechs Filmen zu sehen, darunter in „Tenet“ und „Medieval“. Für die Filmgemeinde mag es daher nicht so den Eindruck gemacht haben, dass er tatsächlich schon seit fast drei Jahren keine Filme mehr gedreht hat. Die betreffenden Filme wurden alle um 2018 und 2019 produziert. Mit „In voller Blüte“ startet am 23. November 2023 sein finaler Film in den deutschen Kinos. Den berührenden Trailer dazu könnt ihr euch im Video ansehen.
„In Voller Blüte“: Michael Caine hatte Angst vor einem leisen Abschied
Basierend auf einer wahren Geschichte entscheidet sich der 89-jährige Kriegsveteran Bernard Jordan (Michael Caine), der gemeinsam mit seiner großen Liebe Rene (Glenda Jackson) in einem Pflegeheim wohnt, dazu, nach Frankreich zu gehen, um dort an den Gedenkfeierlichkeiten zum 70. Jahrestag der D-Day-Landung in der Normandie teilzunehmen. Es ist die wahrscheinlich letzte Möglichkeit für ihn, sein Kriegstrauma zu bewältigen.
Für Michael Caine stellte „In voller Blüte“ von Regisseur Oliver Parker eine wunderbare Gelegenheit dar, noch einmal alles zu geben auf der Leinwand. Und das Team habe es sogar geschafft, seine eingeschränkte Mobilität im Film zu thematisieren:
„Ich war so glücklich, dabei zu sein. Ich habe die Figur des Bernie einfach geliebt. Ich fand ihn unglaublich. Und er ist so schön geschrieben. Mit Covid und all dem hatte ich drei Jahre lang keinen Film mehr gemacht; und ich dachte, ich wäre fertig. Und plötzlich habe ich es [noch einmal] getan – und hatte eine wunderbare Zeit. Sie gaben mir einen sehr guten Gehstock und ich konnte damit Szenen drehen, die das benötigten. Ich habe sie nur einmal gemacht und bin dann hingefallen. Aber nur einen Take und das war’s.“
Sein Co-Star Glenda Jackson ist am 15. Januar dieses Jahres nach kurzer Krankheit verstorben. Vielleicht hat ihm dies bewusst gemacht, dass er seine Zeit jetzt besser verbringen sollte, als an Sets in aller Welt.
Und jetzt dürft ihr euer Wissen in Sachen Liebesfilme auf die Probe stellen: