Inuk: Drama um einen Inuitjungen aus der Stadt, der von einem erfahrenen Robbenjäger unter die Fittiche genommen wird und die gemeinsam in die Wildnis aufbrechen.
Vor den faszinierenden Eislandschaften Grönlands findet ein traumatisierter Inuit-Junge zum Leben und seinen Wurzeln zurück.
Einer der seltenen Grönländischen Produktionen, entstanden mit französischer Beteiligung, gleicht zwar einem verfilmten Sozialprojekt. Mike Magidsons Spielfilmerstling gelingt aber die Symbiose aus Coming-of-Age und Traumabewältigung im ewigen Eis, Jugendabenteuer und einer wehmütigen Ode an das vom Klimawandel bedrohte weiße Reich, in dem die großartige Natur mit einer Hauptrolle betört.
Im Zentrum steht der im Norden geborene Inuit-Teenager Inuk (wie die anderen Laiendarsteller überzeugend: Gaba Petersen), der als Kind seinen Vater im Eis einbrechen und sterben sah. Nun wohnt er in der inoffiziellen Hauptstadt Nuuk und gehört einer durch Fast Food und Hip Hop global genormten Generation an, die den Bezug zu ihren Vorfahren verloren hat. Die Moderne frisst die Tradition auf, das ist schmerzlich zu spüren, weil wunderbare Bilder aufzeigen, was damit alles verloren geht. Als Inuk wieder einmal auf der Flucht vor den gewalttätigen Saufkumpanen seiner zwar lieben, aber depressiv-arbeitslosen Mutter einsam durch die kalte Nacht läuft, schaltet sich das Sozialamt ein und schickt den verschlossenen Jungen in ein Kinderheim in den Norden, von wo ein mehrtägiger Jagdausflug unter Führung einheimischer Jäger beginnt.
Aviaaja, die Leiterin des Jugendprojekts, übernimmt im Voice Over die Erzählung und berichtet mütterlich von Inuks Zustand, wobei klar wird, dass nicht nur die Jugendlichen, sondern auch der Jäger, der ihn widerwillig unter seine Fittiche nimmt, sein Päckchen zu tragen hat. Daraus entwickelt sich eine Vater-Sohn-Beziehung, in man sich gegenseitig den auf traumatische Weise abhanden gekommen Angehörigen ersetzt. Dass Inuks Vater ein legendärer Jäger war, überträgt sich nahtlos auf den Jungen, sobald er lernt, nicht mehr davonzulaufen, sondern sich den anderen anzuschließen, darunter Naja (süß wie ein Robbenbaby: Sara Lyberth), mit der sich eine Beziehung anbahnt.
Die üblichen Handlungsmuster werden engagiert verwendet, vor der grandiosen Weite der arktischen Eislandschaft, die zu symphonischen Klängen und Chören ihre ganze Pracht entfaltet und auch schwierige Wetterbedingungen kennt. Die Bestandsaufnahme der heutigen Situation eines Volkes verschweigt keine Problemlage, insbesondere das von den Indianern geläufige Feuerwasser-Syndrom. In der Begegnung mit den Geistern der Vergangenheit stellt sich die Identitätsfrage, die Inuk exemplarisch für seine Ethnie beantworten muss, katalysiert im Existenzdrama während eines Schneesturms. Der Tonfall zeugt von Zuversicht und ergibt ein optimistisches Werk, gewidmet dem ewigen Kampf von Grönlands Ureinwohnern. tk.