Jackpot: Der lakonische Thriller mit Rosalie Thomass und Thomas Loibl ist das, was man früher einen "schmutzigen kleinen Film" nannte: wenig Aufwand, aber großes Kino.
Der lakonische Thriller mit Rosalie Thomass und Thomas Loibl ist das, was man früher einen „schmutzigen kleinen Film“ nannte: wenig Aufwand, aber großes Kino.
Die Geschichte dieses Thrillers ist denkbar einfach: Maren arbeitet bei einem Abschleppunternehmen. Als sie eines Tages in einem Auto eine Tasche mit über 600.000 Millionen Euro entdeckt, kommt ihr der Fund wie ein Geschenk des Himmels vor. Aber natürlich hat die Tasche einen Besitzer, der das Geld zurückhaben will, und weil es wohl, wie Maren ganz richtig vermutet, nicht sauber ist, kann er sich schlecht an die Polizei wenden; spätestens jetzt ist klar, dass die Sache nicht gut ausgehen kann. Frédéric Hambaleks Drehbuch erinnert an Sam Raimis Winter-Thriller „
Ein einfacher Plan“ (1998), der wiederum auf dem gleichnamigen Roman von Scott B. Smith basierte: Drei Männer finden in einem abgestürzten Sportflugzeug irgendwo in der Provinz über 4 Millionen Dollar, doch der unverhoffte Reichtum bringt ihnen kein Glück. Auch Maren (Rosalie Thomass) wird sich am Ende wünschen, sie hätte nie in die Tasche geschaut.
Der sparsame Titel „Jackpot“ trifft die Lakonie, mit der Emily Atef Hambaleks Geschichte umgesetzt hat, auf den Punkt). Das Thrillergenre ist für die Regisseurin ebenso ungewohnt wie für ihre Hauptdarstellerin, die sich hier von einer ganz anderen Seite zeigen darf. In ihren Filmen seziert Atef („3 Tage in Quiberon“) gern das Innenleben der Figuren. „Jackpot“ ist dagegen das, was man früher einen „schmutzigen kleinen Film“ nannte: wenig Aufwand, aber großes Kino, weil es für Maren und ihren verbitterten Freund (Friedrich Mücke) um alles geht. Die raffinierte Musik (Christoph M. Kaiser, Julian Maas), vordergründig ein entspannter Jazz, aber im Hintergrund temporeich, sorgt dafür, dass der Film auch in Momenten trügerischen Friedens nicht zur Ruhe kommt.
Buch und Regie verzichten auf jede Einführung. Zu Beginn folgt ein Mann einem anderen in dessen Wohnung, es kommt zum Schusswechsel, den der andere nicht überlebt. Zur gleichen Zeit schleppt Maren das Auto ab, in dem sie kurz drauf die 600.000 Euro entdeckt. Woher das Geld stammt und wie es der nun tote Dieb geklaut hat, bleibt offen. Weil er nicht mehr verraten kann, wo sich die Tasche befindet, hält sich der von Thomas Loibl als finsterer Filmschurke verkörperte Mörder an die Freundin des Toten, und so landet er schließlich beim Abschleppunternehmen. Marens Chef und väterlicher Freund (Hilmar Eichhorn), mittlerweile in den Fund eingeweiht, hält jedoch dicht, was ihm nicht gut bekommt.
Natürlich liegen die Sympathien auf Seiten der weiblichen Hauptfigur, für die sich Hambalek zudem eine interessante Biografie ausgedacht hat. Die Details über Marens kriminelle Vergangenheit gibt der Film jedoch erst nach und nach preis. Auch die Erklärung, warum Dennis im Rollstuhl sitzt, folgt später. Sie ist gleichzeitig das Motiv für Marens Tat: Die Versicherung weigert sich, seine Behandlung zu bezahlen. Anschließend bliebe immer noch genug übrig, um das Abschleppunternehmen übernehmen; ein schöner Traum, der sich bald in einen tödlichen Albtraum verwandelt.
Während die liebenswürdige Maren im Verlauf der Handlung immer düsterere Seiten offenbart, ist es bei ihrem Gegenspieler genau andersrum: Eingeführt als eiskalter Killer, entpuppt sich der Henning, der Mörder, als liebevoller Familienvater. Auch er hat einen Traum: Er will sein bisheriges Dasien hinter sich lassen und in der griechischen Heimat seiner Frau (Artemis Chalkidou) ein neues Leben beginnen; das Geld in der Tasche sollte sein Startkapital sein. Hätte Hambalek - sein erstes verfilmtes Drehbuch war der stille Thriller „Der Polizist und das Mädchen“ (2018) - die Geschichte aus Hennings Sicht erzählt, wäre automatisch Maren zur Antagonistin geworden. tpg.