Netflix, Apple und Amazon sollen um den exklusiven Streaming-Start von „Keine Zeit zu sterben“ gestritten haben. Doch der Bond-Film kommt wie geplant ins Kino.
James Bond entspannt zu Hause schauen? Das geht zumindest am Sonntag, den 8. November ab 20:15 Uhr bei RTL in der Form von „Spectre“. Bis wir den nächsten Bond-Film entspannt zu Hause sehen können dauert es aber noch länger, denn: Eine weitere Hiobsbotschaft für die darbende Kinolandschaft auf der ganzen Welt und für die Kinobetreiber bleibt (vorerst) aus: „Keine Zeit zu sterben“ soll wie geplant ins Kino kommen und nicht exklusiv bei einem Streamingdienst starten.
In jüngster Zeit machten Gerüchte die Runde, dass Amazon, Netflix und Apple um den prestigeträchtigen Blockbuster mit gewaltigen Summen wetteiferten. Einer der ersten, der über Twitter darüber berichtete, war Filmjournalist Drew McWeeny:
„Ich kann es nicht fassen, dass wir James Bond womöglich auf Apple TV+ oder Netflix sehen werden. Die Zahlen, die ich in den letzten Tagen zu hören bekam, sind WAHNSINN…“
Auf die Anfrage eines Twitter-Nutzers deutete er an, dass sich diese Wahnsinnssumme jenseits von 500 Millionen US-Dollar befinden soll – und zwar aufwärts. Variety will indes erfahren haben, dass es sich dabei um genau 600 Millionen US-Dollar handeln soll, die das Produktionsstudio MGM verlangt hat. Genau daran sind die Verhandlungen letztlich aber wohl gescheitert, wie Deadline inzwischen berichtete.
So habe es zwar Ende September 2020 tatsächlich Gespräche über ein solches Szenario mit dem erwähnten Streamingdiensten gegeben. Die waren jedoch nicht einmal bereit, mehr als die Hälfte der aufgerufenen Summe zu bieten. Bei einem normalen Kinostart können die Verantwortlichen mit deutlich mehr Einnahmen rechnen. Schaut man sich das Einspielergebnis der letzten beiden Filme „Spectre“ und vor allem „Skyfall“ an, dann haben diese beiden Filme zusammen fast zwei Milliarden US-Dollar weltweit eingespielt.
Den bislang letzten Bond-Film, „Spectre“, gibt es auch hier im Stream zu sehen
Zwei weitere Faktoren spielen hier mit rein: Es soll Daniel Craigs Abschiedsvorstellung als Agent Ihrer Majestät sein und die Fans müssen nun schon bald sechs Jahre auf einen neuen Bond-Streifen warten. Das war zuletzt bei „Goldeneye“ der Fall, der erst sechs Jahre nach „Lizenz zum Töten“ in die Kinos kam. Im Kino wären – ohne die Corona-Pandemie – mit Sicherheit Einnahmen von mehr als einer Milliarde US-Dollar drin gewesen. Entsprechend viel verlangte das Produktionsstudio MGM für die Exklusivrechte.
Ob im Kino oder nun doch über Streaming: Das müsst ihr über den neuen Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ wissen:
Das Kinojahr 2021 ist ungewiss
Schon vor den Pandemie-bedingten Verschiebungen wurde die Produktion mehrfach verschoben. Der aktuelle Kinostart wäre eigentlich am 31. März 2021. Allerdings kämpft MGM seit vielen Jahren mit finanziellen Engpässen, musste 2009 sogar Insolvenz anmelden. Aktuell gehört es einem Konglomerat an. Im Gegensatz zu großen Studios wie Disney kann sich das Studio dieses Terminkarussell also wohl eher nicht über längere Zeit leisten. Je weiter „Keine Zeit zu sterben“ nach hinten verschoben werden muss, desto knapper wird es in der Kasse von MGM. Und aufgrund der sich aktuell rapide verschlechternden weltweiten Situation ist ungewiss, wie sich das erste Halbjahr 2021 entwickeln wird. Es bleibt zu befürchten, dass die Maßnahmen noch weit in das Jahr hineinreichen werden.
Und selbst wenn doch, bleibt die ständige Angst im Nacken, dass „Keine Zeit zu sterben“ dasselbe Schicksal ereilt wie Christopher Nolans „Tenet“. Obwohl der Film zu einer vergleichsweise milden Coronazeit in die Kinos kam, hat „Tenet“ bislang nur etwas mehr als 300 Millionen US-Dollar eingespielt. Sollten Apple, Netflix oder Amazon ihr Angebot in ein paar Monaten aufbessern, könnte MGM verleitet sein, dem zuzustimmen. Je länger die Pandemie andauert, desto dringender muss MGM aber womöglich auch ein Angebot annehmen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Streamingdienste genau darauf spekulieren.
Und für den Sieger bei diesem Bieterwettstreit wäre der neue Bond-Film eine Quasi-Garantie für neue Abonnent*innen. Allerdings müsste sich der potenzielle Käufer mit gleich mehreren Parteien einigen, nicht nur mit MGM: Auch Eon Productions, Annapurna Pictures und Universal Pictures werden ihr Stück vom Kuchen haben wollen.
Gegenüber Bloomberg ließ MGM auf Nachfrage wissen, dass man den Film bis April 2021 verschoben habe, um das Kinoerlebnis für das Publikum aufrechtzuerhalten. Der Film stehe nicht zum Verkauf. Auch die Streamingdienste hielten sich bedeckt. Das kann jedoch auch rein taktischer Natur sein.
Interessante Randnotiz: Bereits Anfang 2020 gab es ein Tauziehen zwischen Medien-Unternehmen, darunter auch Apple und Netflix, um eine Akquisition von MGM. Dabei ging es zu Beginn lediglich um die reichhaltige Bibliothek mit zahlreichen Klassikern und Filmreihen. Diese wiederum dürfte im Kampf um die Streaming-Hoheit von großem Interesse für die unterschiedlichen Dienste sein.
Neben „Keine Zeit zu sterben“ wurden zahlreiche weitere Filme weit nach hinten verschoben:
Darum geht’s in „Keine Zeit zu sterben“
Eigentlich ist James Bond (Daniel Craig) im Ruhestand. Doch aus dem schönen Leben mit seiner Madeleine Swann (Léa Seydoux) auf Jamaika wird leider nichts: Denn sein alter CIA-Freund Felix Leiter (Jeffrey Wright) spürt ihn auf und bittet ihn darum, ihm bei der Rettung eines Wissenschaftlers zu helfen. Dieser hat eine neue Technologie entwickelt, die der mysteriöse Safin (Rami Malek) dazu missbrauchen will, die Welt ins Chaos zu stürzen.
Dieses Bond-Quiz ist so exquisit wie eine Tasse feinsten englischen Tees: