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Ist „Joker 2“ wirklich so schlecht, wie die Fans behaupten?

Ist „Joker 2“ wirklich so schlecht, wie die Fans behaupten?
© IMAGO / Landmark Media / Warner Bros.

Nach dem Kinostart steht fest: Fans scheinen die DC-Fortsetzung „Joker: Folie á Deux“ zu hassen. Aber ist der Film wirklich so schlecht wie sein Ruf oder steckt eventuell doch mehr dahinter?

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„Joker: Folie á Deux“ ist endlich in den Kinos gestartet. Die heißersehnte Fortsetzung stößt beim Publikum allerdings ganz offensichtlich auf sehr wenig Gegenliebe. Vor allem Fans des ersten Teils scheinen mit dem Film und seinem Ende mehr als unzufrieden zu sein. Doch ist diese Ablehnung gerechtfertigt oder wurde das Publikum von Regisseur Todd Phillips vielleicht absichtlich an der Nase herumgeführt?

Genau das nehmen wir im folgenden Video einmal genauer unter die Lupe und warnen euch an dieser Stelle ausdrücklich vor Spoilern!

– Achtung: Dieser Artikel spiegelt nur die Meinung des Autoren wider. Es folgen Spoiler zu „Joker: Folie á Deux“. –

„Joker 2“-Regisseur Todd Philipps hält Fans den Spiegel vor

Schon im ersten Teil ging es im Kern der Handlung eigentlich nicht um den Aufbau des berüchtigten Comic-Bösewichts Joker. Regisseur Todd Phillips wollte mit seinem Film vielmehr auf verschiedene zusammenhängende Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam machen, die grauenhafte Konsequenzen nach sich ziehen können. Schon damals bediente er sich dabei eines genialen Tricks, indem er seinen Film, genauso wie Arthur (Joaquin Phoenix), im Kostüm des Jokers verkleidete, um wahrgenommen zu werden und auf diese Weise ein großes Publikum zu erreichen. Nicht nur der Mob am Ende des Films, sondern auch viele Zuschauer*innen im Kino feierten den Joker hinterher als eine Art Märtyrer oder Antihelden, der sich gegen das System auflehnte. Genau diese Fans forderten jetzt wohl eine Fortsetzung, in der Arthur seine Verwandlung zum ikonischen Batman-Bösewicht vollendet und als Joker Angst und Schrecken in Gotham City verbreitet. 

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Hätte Todd Phillips mit „Joker 2“ jetzt Fanservice betrieben und dem Verlangen dieser Zuschauer*innen nachgegeben, hätte er die Aussagen seines ersten Films definitiv entwertet. Stattdessen nutzte er die Fortsetzung, um seinen damaligen Standpunkt ein weiteres Mal zu bekräftigen, was einen regelrechten Shitstorm nach sich zog. Denn indem er die Erwartungen der „Joker“-Fans komplett untergräbt und sich strikt weigert, das von Arthur entfachte Chaos noch weiter zu steigern, holt er diese Fans zurück auf den Boden der Tatsachen und hält ihnen gewissermaßen einen Spiegel vor. 

Harley Quinn als Symbol toxischer Fankultur

Für diesen Spiegel nutzt er unter anderem die Figur der Harley Quinn (Lady Gaga), die hier als Fan-Girl des Jokers etabliert wird und Arthur für seine Taten bewundert. Im Verlauf des kompletten Films versucht sie, Arthur zu manipulieren, um die Persona Joker wieder aus ihm herauszukitzeln – genauso wie seine Fans da draußen. Arthur driftet dabei gemeinsam mit Harley in eine musikalische Fantasiewelt ab, in der er immer mehr darin bestärkt wird, seine wahre Identität hinter sich zu lassen, um endlich wieder zum Joker zu werden. 

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Auch im Gerichtsprozess wird dies deutlich gemacht, wenn das dortige Publikum rund um Harley die Kinozuschauer*innen symbolisiert, die hier durch die Schilderungen im Zeugenstand den ersten Teil erneut durchleben und eigentlich wieder nur darauf warten, dass bei Arthur endlich die Sicherungen durchbrennen und er zum Joker wird. Doch schon kurz nachdem das passiert, wird die Euphorie der Fans gebremst: Denn Arthur erkennt nach seiner erneuten Verwandlung relativ schnell, dass er mit seiner Kunstfigur viel mehr Schaden anrichtet, als ihm lieb ist und entscheidet sich deshalb am Ende gegen ein Dasein als Joker. Dies wird zudem in einer Szene verdeutlicht, in der Arthur vor seinen eigenen Fans davonrennt, nachdem sie ihn befreien.

Stattdessen akzeptiert er sein wahres Ich als Arthur Fleck und übernimmt Verantwortung für seine Taten, was bei seinen Anhänger*innen für eine große Enttäuschung sorgt. Harley, die im ganzen Film quasi als eine Art Personifizierung der toxischen Fankultur fungiert hat, gibt Arthur deshalb am Ende den Laufpass und wendet sich von ihm ab. Denn für sie als Fan ist er nicht mehr der Joker, den sie in ihm sehen wollte. Dieser eine Moment im Film wirkt fast so, als hätte Todd Phillips die negativen Reaktionen auf seine Fortsetzung bereits erahnt. Gleichzeitig unterstreicht er damit auf tragische Weise die Aussage seines ersten Films: Arthur und sein Leid interessieren die Fans des Jokers nicht, denn sie wollen lieber den psychopathischen Clown sehen, der die Welt terrorisiert. Und weil Arthur sich schließlich dagegen entscheidet, zum ikonischen Bösewicht zu werden, wird er von einem enttäuschten Fan erstochen, der sich daraufhin offenbar selbst als der wahre Joker entpuppt. Arthur stirbt am Ende allein und das muss man erst einmal sacken lassen.

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Niemand schert sich um Arthur Fleck, alle wollen nur den Joker

Dass ein großer Teil des Publikums bei „Joker 2“ offenbar eine Steigerung des Wahnsinns und der Verbrechen des Jokers sehen wollte und jetzt darüber klagt, dass Todd Phillips stattdessen die tragische Geschichte von Arthur Fleck zu Ende erzählt, ist gewissermaßen ein Beleg dafür, dass sie dem Film komplett auf den Leim gegangen sind. Denn schon der erste Teil war in erster Linie ein psychologisches Drama, das sich durch die Figur des Jokers lediglich Gehör verschaffen wollte, genauso wie es Arthur auch selbst in der Handlung tut. Statt auf die Fans des Jokers zu hören, die nach mehr Eskalation schreien, weil sie genau das von der Figur erwarten, bleibt Phillips allerdings seinen Motiven treu und bringt die Geschichte zu einem konsequenten Abschluss, indem er den Antihelden-Mythos rund um den Joker nicht nur dekonstruiert, sondern mit Arthur auch seine Hauptfigur selbst von seinem Alter Ego abschwören lässt.

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Bei genauerer Betrachtung kann man Todd Phillips also nur schwer vorwerfen, dass er zu wenig Hirnschmalz in seine Fortsetzung gepackt hätte. Ob das alles „Joker: Folie á Deux“ aber auch tatsächlich zu einem guten Film macht, in dem Phillips die Handlung komplett auf der Metaebene stattfinden lässt, ist am Ende natürlich reine Geschmackssache. Mit seinem Ansatz hat der Regisseur aber auf jeden Fall eine Menge Mut und Kreativität bewiesen, wodurch sich der Verdacht aufdrängt, dass der Film aktuell vor allem aus den falschen Gründen kritisiert wird. Denn die negativen Reaktionen auf „Joker 2“ spiegeln gewissermaßen genau die Problematik wider, die Phillips hier aufzeigen wollte. Es wirkt fast so, als wolle der Filmemacher den Fans die Frage stellen, wieso sie eine Fortsetzung über einen Psychopathen sehen möchten, in der dieser zu einem noch größeren Psychopathen wird.

Die Antwort darauf liefert der Film nicht nur selbst, sondern auch die negativen Reaktionen des Publikums: Unsere Gesellschaft scheint süchtig nach der Sensation zu sein und ist gleichzeitig enttäuscht, wenn sie ausbleibt. Man könnte „Joker: Folie á Deux“ somit auch als einen Witz des Jokers verstehen, der auf Kosten seines eigenen Publikums geht. Dieser Witz stammt allerdings nicht von Arthur Fleck. Denn Arthur war nicht witzig – und er war auch nicht der Joker.

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