Lange weiß man nicht, wohin die schwarze Komödie "Kill Me Please" von Olias Barco will. Das ist die Krux dieses Films, der eine Komödie ohne Komik ist und sich permanent über die Grenze des Tabus bewegt, nur um - ja, warum eigentlich?
Kruger will den Suizid human gestalten, nicht schmutzig, nicht aggressiv, nicht blutig - dafür aber als letzte Erfahrung des freien Willens. Dabei legt er strenge Maßstäbe an: wer nur traurig ist, weil die Frau ihn verlassen hat, und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen sich um einen Tod in der Klinik bewirbt wie ein Patient zu Anfang des Films, dessen Giftdosis wird abgelehnt. Auf der Selbstmordwarteliste dagegen: Die Diva, die ihre Sangeskunst verloren hat, Virgile, der schon als Kind seinen ersten Selbstmordversuch hinter sich hatte, Vidale, der alles Geld und noch mehr beim Pokern verloren hat und schließlich die junge, schöne Patientin mit ihrer unheilbaren Krankheit, die schon zehntausende Spritzen in ihrem Leben bekommen hat.
Kruger ist ein sanftmütiger, freundlicher Mann mit feinen Gesichtszügen und vertrauenserweckendem Charisma und mit einer Vision, das Sterben als letzten Gestus des Menschlichen zu etablieren. Er muss zusehen, wie alles den Bach runtergeht - die Gegner des organisierten Sterbens sind viel mordlustiger als die ganze Klinik, und das Massaker durch Scharfschützen passt genau in die Fantasien einiger Patienten - ganz gegen das eigentliche Konzept des guten Sterbedoktors.
Der belgisch-französische Regisseur und Mitautor Olias Barco sieht in seinem Film vor allem das Ziel, die normalen Verhältnisse umzukehren. Das ist ehrenwert und vielleicht auch originell, bedeutet aber noch keine Qualität an sich. Episodisch erzählt er von den verschiedenen Patienten, lässt langsam ihre Motivationen erkennen, doch wirklich nahe kommt uns dabei keiner. Er baut eine Beamtin des Finanzdezernats in seinen Film ein, die die vielen Erbschaften untersuchen soll, die Krugers Klinik von seinen Sterbekandidaten überschrieben bekommt - ein Handlungszweig, den er abrupt enden lässt, ohne das Potential voll auszuschöpfen. Zwar gibt es überraschende Momente, mit einer Feuerkatastrophe in der Nacht und mit plötzlichen Erschießungen aus dem Nichts - doch wirkliche Handlung oder auch nur einen dramaturgischen Spannungsbogen ergibt sich nicht.
Interessant wird es im letzten Drittel des Films, wenn das große Sterben anfängt und unter den Patienten wie auch beim Zuschauer Verunsicherung herrscht: Sind das nur die realisierten Fantasien der Patienten, der letzte Wunsch eines actionreichen Todes? Wer hat hier was vor und gegen wen? Die Schießerei und die Attacke auf die Klinik erzeugt unwillkürlich einen Flucht- und Schutzreflex bei den Sterbewilligen, dabei sind sie doch ihrem Ziel so nahe wie nie.
Was aber im Ganzen geschieht, ist nicht komisch, allerhöchstens skurril. Der Film beruht auf dem beständigen Tabubruch der ins Groteske weist, doch auch das Groteske sollte einen inneren künstlerischen Willen aufweisen. Doch der fehlt in diesem Konglomerat aus Figurencharakterisierungen und Handlungsfetzen. So etwas wie eine Satire möchte der Film sein, doch vor allem zeugt er von den morbiden Faszination des Suizid an sich - makaber, ohne Humor und ohne Mehrwert für den Zuschauer.
Fazit: "Kill Me Please" ist ein schwarze Komödie über das organisierte Sterben, die gewollt jeden Witz vermeidet und ungewollt in ihrem allzu episodischen Ansatz uninteressant ist.