Regisseur Jon Favreau hat einen Film über einen Sternekoch gedreht, der nach mehr strebt als dem Restaurant-Einheitsbrei und sich nicht mit dem Gedanken abfinden möchte, dass kreativ-ausgefallene Küche und der buchstäbliche Massengeschmack nicht kombinierbar sind. Ein Schelm, wer dabei an den Werdegang des Filmemachers denkt, denn nach Blockbustern wie Iron Man und Iron Man 2 hatte Favreau den Ruf des Bombast-Regisseurs, was es ihm bisweilen schwer machte, den Studiozuspruch für kleinere Projekte zu erhalten. Da ist es kein Wunder, das sein im Original simpel Chef betitelter Film Kiss the Cook nicht bloß der erwartete Genre-Befreiungsschlag für den Filmemacher ist, sondern zugleich auch eine Ansammlung an Kritiker-Seitenhieben. John Favreau lässt kaum ein gutes Haar an den vermeintlich professionellen Bewertern von Kunst und Kultur. Dabei hält er sämtlichen Skeptikern seines Schaffens jedoch so charmant den Spiegel vor, dass Kiss the Cook keine reine Abrechnung ist. Favreaus kulinarischer Sommerfilm ist das, was man im neudeutschen Volksmund zuweilen Food Porn nennt ein Fest für die Sinne, das mit viel Witz und Charme ein Plädoyer für die Leidenschaft am Kochen, vor allem aber für die Liebe zum Leben hält.
Jon Favreau hat es sich nicht nehmen lassen, neben der Regie auch direkt die Hauptrolle seines Filmes zu übernehmen. Der Hollywood-Tausendsassa fühlt sich sichtlich wohl in der Rolle des Sternekochs, der sich nach einer Twitter-Rangelei mit einem Restaurantkritiker sämtlichen klassischen Karrierewegen entsagt und via Food-Truck kurzerhand sein eigenes Ding durchzieht. Favreau verleiht seiner Rolle etwas Zerbrechliches; sein Carl Casper ist ein Mann voller Tatendrang, steht über den Dingen und nimmt sich die Worte der ihn verachtenden Rezensenten dennoch zu Herzen. Dabei will er kein Mitleid: Carl möchte mit seinen Taten überzeugen, appelliert aber an den Respekt der Umstehenden. So behält Kiss the Cook einen beschwingten Grundton bei, auch wenn der Film zugleich eine ganze Berufsgruppe an den Pranger stellt. Favreau, der auch das Drehbuch schrieb, fragt offen: Was für ein Recht nehmen sich Kritiker heraus, über die Werke anderer zu urteilen, wenn sie es selbst doch nicht besser können? Doch Kiss the Cook ist kein Birdman vielmehr erinnert der Umgang mit dem Thema an das Pixar-Meisterwerk Ratatouille, denn Favreau lässt beide Seiten zu Wort kommen und zeigt ehrliches Interesse, anstatt zu verurteilen. So ist Kiss the Cook zwischen den Zeilen eine hochinteressante Charakterstudie, doch auch an der Oberfläche kann man sich der Faszination dieses Feel-Good-Trips nur schwer entziehen.
Favreau lernte wochenlang bei echten Food-Truck-Köchen, um sich die Atmosphäre in diesen faszinierenden Mini-Küchen anzueignen. Dieses Produktions-Engagement ist kaum zu übersehen: Kiss the Cook ist nicht nur visuell voll von leidenschaftlicher Brillanz, sondern trumpft obendrein mit einer Authentizität auf, die sich gewaschen hat. Kameramann Kramer Morgenthau (Thor The Dark Kingdom) taucht seine Bilder in ein exotisches Feeling, das die pulsierende Stimmung des Films direkt auf den Zuschauer überträgt. Die stark gecasteten Darsteller, die allesamt aus Favreaus privatem Bekanntenkreis stammen, werden da fast zur Nebensache. Scarlett Johansson (Lucy) verzaubert in einer zuckersüßen Nebenrolle, Sofia Vergara (Wild Card) darf die charismatische Latina heraushängen lassen und Robert Downey Jr. (Iron Man) kann zwar nicht ganz von seiner Macho-Attitüde lassen, vereinbart diese jedoch ganz hervorragend in seiner kleinen aber feinen Mini-Rolle.
Fazit: Ein kulinarisches Feel-Good-Erlebnis: Kiss the Cook ist ein charmanter Road-Trip mit viel Gefühl, fein komponierten Bildern und einem exzellenten Cast. So schmeckt das Kino!