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"Star Wars" killed the Avantgarde: Musik in Science-Fiction-Filmen

"Star Wars" killed the Avantgarde: Musik in Science-Fiction-Filmen
© IMAGO / ZUMA Wire

Die aberwitzige Opern-Arie aus dem „Fünften Element“, die Lounge-Tänze aus „Raumpatrouille Orion“, Alien-Noise aus „Star Trek“: Wenn Science-Fiction-Filme versuchen, die Musik der Zukunft vorherzusagen, liegen sie eigentlich immer daneben. Daher haben sich aktuelle Soundtracks darauf zurückgezogen, den Klang des 19. Jahrhunderts zu recyceln. Eine Zeitreise.

Wie klingt die Zukunft? Die Frage sprengt im Grunde zu jedem Zeitpunkt die Vorstellungskraft. In den 50ern hätte sich niemand Heavy Metal oder Punkrock vorstellen können, in den 60ern war HipHop in weiter Ferne, und die elektronische Musikrevolution mit Techno, House und Drum’n’Bass konnte keiner auch nur 10 Jahre vorher voraussehen, geschweige denn eine solche Musik in der (damaligen) Gegenwart produzieren.

Daher sind Science-Fiction-Filme und -Serien in ihren Versuchen, eine Zukunftsprognose für Musik zu stellen oder zumindest ungewohnte Klänge zu präsentieren (und das oft für mehrere hundert Jahre im Voraus oder auf fremden Planeten), grundsätzlich zum Scheitern verurteilt. Auf dem Weg der Filmgeschichte sind trotzdem einige unterhaltsame Versuche zusammengekommen.

Die Pop-Musik der Zukunft

Dabei ist zu bemerken, dass die vermeintlich futuristische Musik immer ein Abbild der Zeit war, in der ein Film gedreht wurde (genau wie Science-Fiction-Literatur und -Filme an sich). Die (Pop-)Musik, die sich Regisseure und Filmkomponisten für die Zukunft vorstellten, erweiterte die damals aktuelle Musikmode um einige elektronische Blimps und Bleeps, Synthieflächen oder fremd erscheinende Dissonanzen. Im Untergenre Alien-Musik begegnete einem fast immer eine zufällige oder „unmusikalische“ Zusammenstellung von Tönen und Rhythmen, zu denen nie getanzt werden konnte – oder eine Form von dissonanter Oper (die klingonische Ausprägung ist wahrscheinlich die Bekannteste).

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Der Weltraum klang in den 60ern nach Lounge, in den 70ern nach Synthesizer-Experimenten und Disco, in den 80ern auch mal nach Heavy Metal und danach nach Techno. Schon wenige Jahre später konnte man einige Filme deswegen schon kaum noch sehen oder nur noch belächeln – hier ein paar Beispiele, bevor wir zu den Sci-Fi-Soundtracks der Gegenwart kommen.

Raumpatrouille Orion (1966)

Die siebenteilige deutsche Sci-Fi-Serie lief sogar noch vor Star Trek an – und ist eine wahre Fundgrube für abgefahrene Tänze. Denn im „Starlight Casino“ sind die Leute ununterbrochen am Schwofen. Die Musik dazu: Ziemlich zeitgebundener 60s-Lounge.

Buck Rogers (1979)

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So klingt also Musik im 25. Jahrhundert: Aus der Serie Buck Rogers kommt die großartige Band Andromeda, mit ihrem Synthie-Disco-Style. Der Track ist von Johnny Harris und heißt „Odyssey“ (und kommt übrigens auch in GTA: San Andreas vor).

Auch in dem Buck-Rogers-Kinofilm kommt immer wieder „futuristische“ Musik vor – hier eine Art höfischer Tanz zu Synthesizer-Flächen, die auch schon ziemlich nach 70er-„Popcorn“ klingen. Als Buck Rogers den DJ fragt, ob er nicht Rock spielen könnte, geht der Disco-Funk ab…

Star Wars – Cantina Band (1977)

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Für die Bar in Mos Eisley stellte sich George Lucas eine Art Swing-Musik vor – oder besser: wie Lebewesen in einer fernen Zukunft eine eigene Version von Benny Goodman spielen. John Williams komponierte daraufhin den Cantina Band Song, verfremdete die Blasinstrumente leicht und unterlegte einen Synthesizer-Bass. Er wollte, dass die Musik gleichzeitig bekannt und fremd klingt. An dieser Stelle ist die Vorhersage auf den Sound der Zukunft also ein Rückgriff auf noch ältere Musik.

 

Return of the Jedi (1983)

In Jabbas Palast läuft eine etwas krude Funk-Fusion-Mischung namens „Lapti Nek“, die ziemlich deutlich nach den 80ern klingt. (In der Version von 1997 ersetzt George Lucas die Musik des blauen Elefanten-Aliens durch eine andere Musik – die wiederum eindeutig nach 1997 klingt.)

Star Trek: TNG (1987-94)

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Die talarische Musikrichtung Alba Ra ist eher dissonant und noisig – wie überhaupt die meisten Alien-Musik-Arten.

Auch der klingonischen Oper wird nicht viel Struktur und Harmonie zugeschrieben:

Das fünfte Element (1997)

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Die Arie aus der Donizetti-Oper „Lucia di Lammermoor“ geht in ein Elektro-Spektakel über, das vielleicht als einziger Track dieser Liste immer noch einigermaßen unerhört klingt – als könnte die Musik da über die Gegenwart hinauswachsen.

Matrix Reloaded (2003)

In der etwas unvermittelten Szene im zweiten Matrix-Teil gibt es diesen Höhlen-Rave – die Musik dazu ist eher konventioneller tribaler Dancefloor-Stuff, im Jahre 2199 hören die Leute, die nicht in der Matrix sind, also immer noch den Sound der frühen 00er… Der Track „Zion“ (eigentlich: „Another Kind of Blues“) stammt von Fluke.

Children of Men (2006)

Im Jahr 2027 angesiedelt, wird hier zeitgenössische Zen-Musik angespielt – im Original der Track „Omgyjya Switch7″ von Aphex Twin von 2001.

Das Ende der Neuen Musik

Aber auch abgesehen von der Musik, die in der Zeitebene der Filme selbst vorkommt, haben schon frühe Science-Fiction-Filme versucht, auch im Soundtrack den Kinobesuchern ein futuristisches oder fremdes Gefühl zu vermitteln. Als Pionier für Sci-Fi-Klänge gilt Bernard Herrmann, der im Soundtrack zu „The Day the Earth Stood Still“ (1951) Theremine verwendete (und später u.a. für „Fahrenheit 451″ und „Psycho“ verantwortlich war).

Den ersten nahezu vollständig elektronisch erzeugten Score enthielt dann „Forbidden Planet“ (1956), komponiert von Louis und Bebe Barron. Im Trailer dazu sieht man auch, woher George Lucas die Idee für die Star-Wars-Anfangssequenz hatte:

Das Komponisten-Ehepaar schraubte und lötete damals ihre Oszillatoren und Synthesizer selbst zusammen, da sich weltweit nur eine Handvoll Leute mit dieser Art von Musik beschäftigten. Die Gewerkschaft der Filmmusiker erkannte den Soundtrack allerdings nicht als Musik an, sondern nur als „elektronische Tonalitäten“, daher wurden die beiden nie für einen Oscar nominiert.

In „2001 – Odyssee im Weltall“ (1968) wurden Stücke von dem zeitgenössischen Komponisten György Ligeti verwendet (neben dem allseits bekannten „Zarathustra“ von Strauß), und noch für „Der Wüstenplanet“ war ursprünglich in den 70ern Karlheinz Stockhausen im Gespräch – aber genau wie in der öffentlichen Wahrnehmung verschwand dann auch die Neue Musik, also die Entwicklungslinie der komponierten klassischen Musik, aus den Filmen. Die Sci-Fi-Filme der 60er, 70er und 80er waren dann über weite Strecken dominiert von der Pop-Musik ihrer Zeit (siehe oben, genau wie bei kompletten Filmscores von Vangelis („Blade Runner“), Queen („Flash Gordon“), Toto („Dune“) etc.). Einen deutlichen Wendepunkt markierte dann John Williams 1977 mit dem orchestralen Star-Wars-Soundtrack – und startete eine Entwicklung, die bis heute anhält.

Die Soundtracks der Sci-Fi-Gegenwart - eigentlich 150 Jahre alt

Denn inzwischen hat sich zumindest im Blockbuster-Kino die Klassik als quasi zeitlose Filmmusik durchgesetzt. Oder genauer gesagt: die Romantik, denn die Filmkomponisten greifen auf das Instrumentarium und die Harmonik des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zurück. Wer einmal die Suite „The Planets“ vom britischen Komponisten Gustav Holst von 1914 gehört hat, findet darin die Blaupause für den „Imperial March“ und einige andere Stücke von John Williams.

Die Idee des „Leitmotivs“, also dass bestimmte Filmfiguren eigene musikalische Themen haben, die immer wieder auftauchen, wenn die Figur auf der Leinwand erscheint, übernahmen die Filmkomponisten ebenfalls von (Opern-)Komponisten des 19. Jahrhunderts wie Carl Maria von Weber oder Richard Wagner.

Bis auf wenige Ausnahmen wie Trent Reznor oder Daft Punk („TRON Legacy“) verlangt der aktuelle epische (Science-Fiction-)Film offenbar nach einem epischen orchestralen Score. Neben John Williams gelten Hans Zimmer („Dune“, „Inception“, „The Dark Knight/Rises“…) und James Horner („Avatar“, „Aliens“, „Amazing Spider-Man“…) als Meister ihres Fachs. Überhaupt kommt nahezu keiner der Zukunftsfilme der letzten Jahre ohne einen romantizistischen Soundtrack aus – beispielsweise „Prometheus“ und „Total Recall“ (beide komponiert von Harry Gregson-Williams), „Planet der Affen: Prevolution“ (Patrick Doyle), die „Avengers“-Filme (Alan Silvestri) oder „Predators“ (John Debney).

Wenn man den Soundtracks aktueller Science-Fiction-Filme folgt, ist die Musik der Zukunft also die Musik des späten 19. Jahrhunderts. Und damit verwirklicht sich (wenn auch auf eine andere Art) sogar der Begriff „Zukunftsmusik“, von dem bei Richard Wagner, Liszt und Berlioz vor 150 Jahren die Rede war.

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