Lehrer kann jeder: Gute-Laune-Komödie mit Christoph Maria Herbst als arbeitsloser Mathematiker, der als Quereinsteiger einen Lehrerjob annimmt.
Gute-Laune-Komödie mit Christoph Maria Herbst als arbeitsloser Mathematiker, der als Quereinsteiger einen Lehrerjob annimmt.
Was gibt es nicht alles an Vorurteilen über diesen Beruf. Nur ein Spruch von vielen: „Lehrer haben morgens Recht und nachmittags frei“; von den ständigen Ferien ganz zu schweigen. Andererseits ist die Burn-out-Quote besorgniserregend hoch. Wie sehr dieser Job an die Substanz gehen kann, hat viele Jahre lang die RTL-Serie „Der Lehrer“ gezeigt: Die Verpackung war zwar heiter, doch die Herausforderungen für die Hauptfigur hatten es in sich. Ganz ähnlich funktioniert die ZDF-Komödie „Lehrer kann jeder!“. Der Ansatz ist allerdings ein anderer: Richard Glossat, arbeitsloser Mathematiker, fühlt sich keineswegs dazu berufen, jungen Menschen den Weg ins Leben zu ebnen. Während des Studiums hatte er für all‘ jene, die sich aufs Lehramt vorbereiteten, bloß Verachtung übrig. Trotzdem ist es nicht bloß eine Laune des Schicksals, die ihn eines Tages mit einer zehnten Klasse konfrontiert.
Vordergründig erzählt Marc Terjung, Schöpfer der modernen Serienklassiker „Edel & Starck“ sowie „
Danni Lowinski“ (beide Sat.1), eine romantische Komödie. Mit seinem Quereinstieg ergreift Richard (Christoph Maria Herbst) einen letzten Strohhalm: Seine Frau (Brigitte Zeh) will sich scheiden lassen, er musste das gemeinsame Haus bereits verlassen. Weil die Rektorin (Ramona Kunze-Libnow) der Schule seiner Tochter am Elternsprechtag über den eklatanten Personalmangel klagt, fasst er einen folgenschweren Entschluss: Gattin Anke ist an eben dieser Schule Französischlehrerin. Als Kollege, hofft Richard, gelingt es ihm womöglich, sie zurückzugewinnen. Allerdings hat er die Rechnung ohne Sportlehrer Geiger (Kai Lentrodt) gemacht, denn der liebt Anke ebenfalls; die beiden sind längst ein heimliches Paar.
Schon der ironische Titel deutet an, dass Terjung auch mit ein paar Vorurteilen aufräumen wollte; das tut er allerdings mit der gebotenen Zurückhaltung. Entsprechend beiläufig vollzieht sich Richards Sinneswandel. Der promovierte Mathematiker ist überzeugt, den Schulalltag ohne größeren Aufwand bewältigen zu können. Die entsprechende Arroganz verfliegt bereits nach den ersten Minuten: Die Klasse besteht aus einer Horde ganz normaler Teenager, die sich für alles Mögliche, aber nicht für Richards Unterricht interessieren. Das Kollegium ist keinen Deut besser, auch hier wird die Stimmung ständig durch kleine und große Animositäten vergiftet. Im Lehrerzimmer tummeln sich ohnehin einige Klischeefiguren: Ein reformresistenter älterer Kollege (Alexander Hörbe) verkörpert Zucht und Ordnung, die jungen Frauen mit sichtbarem Migrationshintergrund (Banafshe Hourmazdi, Thi Le-Thanh Ho) sind gender-sensibel. Die Mitwirkenden sorgen allerdings nicht zuletzt dank der Führung durch Ingo Rasper dafür, dass sich ihre Figuren alsbald von den Stereotypen emanzipieren. Gerade die jugendlichen Mitwirkenden (Tua El-Fawwal, Florian Appelius, Riccardo Campione, Marlene Becker) hat der Regisseur ausnahmslos ausgezeichnet geführt.
Abgerundet wird das Ensemble durch Virginia Leithäuser in ihrer ersten Rolle als Richards 15jährige Tochter, die ihrem Vater vorhält, er sei „wie ein Geist, der nicht ins Jenseits findet“, weil er nicht loslassen kann, und macht das formidabel. Michael Hanemann schließlich spielt einen pensionierten Lehrer, der für Richards Supervision zuständig ist, dessen Abhängigkeit von seinem Urteil jedoch missbraucht, um ihn zur Sklavenarbeit im Garten zu zwingen. Raspers Komödien, zuletzt meist im Auftrag der ARD-Tochter Degeto entstanden, sind ohnehin stets sehenswert. Bei „Lehrer kann jeder!“ sorgt schon der Einstieg für gute Laune, als Richard ein Malheur nach dem anderen unterläuft. Herbst, ein Meister des ungesprochenen Worts, obwohl er nie eine Schauspielschule besucht hat, setzt das in bester Clown-Tradition um, indem er die Missgeschicke stoisch über sich ergehen lässt: Das Drumherum ist witzig genug; zusätzliche mimische Komik würde die Szenen bloß übertrieben wirken lassen.
Tilmann P. Gangloff.