Les salauds: Düsterer Krimi über den Triumph des Bösen und die Abgründe der menschlichen Seele.
Handlung und Hintergrund
Marco Silvestri muss vom Schiff nach Paris eilen, um seiner Schwester zu helfen, deren Mann sich umgebracht hat - wahrscheinlich wegen Geldsorgen. Als Übeltäter machen sie den skrupellosen Geschäftsmann Laporte aus. Silvestri mietet sich in das Haus ein, in dem dessen Geliebte mit Sohn lebt. Er verführt sie, um mehr über den Feind zu erfahren und seinen Racheplan durchzuziehen. Aber Sex und Liebe sind nicht immer zu trennen, was die Recherchen kompliziert.
Besetzung und Crew
Regisseur
Produzent
- Vincent Maraval,
- Laurence Clerc,
- Olivier Théry-Lapiney,
- Brahim Chioua
Darsteller
- Vincent Lindon,
- Chiara Mastroianni,
- Alex Descas,
- Julie Bataille,
- Michel Subor,
- Lola Créton,
- Grégoire Colin,
- Florence Loiret-Caille,
- Christophe Miossec,
- Hélène Fillières,
- Eric Dupont-Moretti,
- Sharunas Bartas,
- Nicole Dogué,
- Claire Tran,
- Elise Lhomeau,
- Yann Antoine Bizette,
- Jeanne Disson,
- Laurent Grévill
Drehbuch
- Claire Denis,
- Jean-Pol Fargeau
Musik
Kamera
Schnitt
Kritikerrezensionen
Cinefacts.de
Eine Reihe verstörender Szenen leitet Claire Denis düsteren Thriller "Les Salauds - Dreckskerle" vor dem Erscheinen des Titels ein, mit denen eine irreale Atmosphäre aus Bedrohung und Haltlosigkeit etabliert wird: Ein verzweifelter Mann liegt bald tot auf der nächtlichen Straße, und ein junges Mädchen stöckelt nackt durch eine menschenleere Gegend.
Auf ungewohntem Terrain bleibt sich die Spezialistin für unbequeme Themen ("Ich kann nicht schlafen", "Trouble Every Day") inhaltlich mit widerborstigen Porträts von Außenseitern, Driftern und Ausgestoßenen und formal mit einer bewusst spröden Inszenierung treu.
Während man ihren Charakteren häufig eher distanziert gegenüber stand, zieht "Les Salauds" den Zuschauer dank einer enigmatischen Inszenierung, die häufig nur Bruchstücke der Zusammenhänge preis gibt, und dem so zurück genommenen wie dichten Score der britischen Band "Tindersticks" schnell in den Bann. Bevorzugt Claire Denis sonst einen eher ruhigen Inszenierungsstil, greift sie hier zu einer elliptischen Erzählweise mit steten Handlungssprüngen. Einige der Zusammenhänge offenbaren sich erst gegen Ende, andere bleiben bewusst offen. Diesem Stilprinzip schließt sich Kamerafrau Agnès Godard an, indem sie ihren Blick in dunklen Farben teils auf Details und Großaufnahmen, teils auf observierende Totale richtet.
Auch der Protagonist, der sich in seiner Aufopferungsbereitschaft und seinen Obsessionen verheddert, läuft lange der Wahrheit hinterher. Es sind besonders die Frauen, die den von seiner Familie getrennt lebenden Seemann manipulieren. Marcos Schwester unterschrieb in blindem Gehorsam alle Verbindlichkeiten ihres untreuen Gatten und sucht nun die Schuld bei ihrem stets abwesendem Bruder. Ihre Tochter mit dem bezeichnendem Namen Justine begibt sich freiwillig in eine Abhängigkeit aus Drogen und Prostitution. Von ihrem Onkel Marco will sie sich nicht helfen lassen. Auch seine heimliche Geliebte Raphaelle wehrt sich gegen das Bild einer möglichen Opferrolle. Der finanziellen Sicherheit ihres Sohns zuliebe kettet sie sich offen an den Finanzmagnaten Laporte, den Vater ihres Kindes.
Mit dem Blick auf die Schattenseiten des Großkapitals schufen Claire Denis und ihr Co-Autor Jean-Pol Fargeau ein düsteres Geflecht aus menschlichen Abgründen, kriminellen Geschäften und fatalen Neigungen. Besonders der Titel mag von Akira Kursosawas Politthriller "Die Bösen schlafen gut" ("Les salauds dorment en paix") inspiriert sein. Mehr noch erinnert die nihilistische Stimmung an die düsteren Romane von Noir-Autor David Goodis wie etwa "Street of no Return" - einst eher mäßig adaptiert von Altmeister Sam Fuller.
Im Nachspann dankt die Regisseurin Olivier Assayas und Leos Carax, was sich besonders auf die Besetzung bezieht. Von Assayas übernahm sie die aufstrebende Lola Créton als Lolita auf dem Höllenpfad, von Carax zwei Nebendarstellerinnen und ihren Arthaus-Kollegen Sharunas Bartas als osteuropäischer Schiffseigner. Dagegen zählen Grégoire Colin als Zuhälter und Alex Descas als Arzt zu ihrer Stammcrew. Für die Rolle des verlorenen Protagonisten erscheint Co-Produzent Vincent Lindon eigentlich schon zu etwas alt, doch der Star mit dem melancholischen Blick besitzt noch immer die Präsenz, physisch zupackende Charaktere überzeugend zu verkörpern, denen man auch zutraut, eine Attacke erfolgreich aufzuwehren. Der glaubwürdigen Besetzung ist es ebenfalls zuzuschreiben, dass der kompromisslose Krimi "Les Salauds", mitproduziert von der deutschen Pandora Film, zu Claire Denis besten Arbeiten zählt.
Fazit: Mit dem düsteren Noir-Thriller "Les Salauds Dreckskerle" glückte Claire Denis eine dichte Abrechnung mit den Abgründen der Finanzwelt, wobei die soghafte Kraft durch bewusst angelegte Brüche und Leerstellen der Inszenierung erreicht wird.
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Les salauds - Dreckskerle Kritik
Les salauds - Dreckskerle: Düsterer Krimi über den Triumph des Bösen und die Abgründe der menschlichen Seele.
Düsterer Krimi über den Triumph des Bösen und die Abgründe der menschlichen Seele.
Wer ist ein Dreckskerl? Eine schwierige Frage und ein Feld für persönliche Interpretationen. Darum geht es in Claire Denis‘ trostlosem Krimi, in dem jeder ein Dreckskerl ist, nur der eine mehr und der andere weniger, aber auch die Frauen keine Engel sind. Es geht ihr nicht um das traditionelle Schema Täter, Opfer, Zeuge und auch nicht um die Frage der Schuld. Denn schuldig sind alle Beteiligten.
Der Frachtschiffkapitän Marco Silvestri muss eilig nach Paris zurückkehren, weil der Mann seiner Schwester wahrscheinlich wegen Geldschwierigkeiten Selbstmord begangen hat, offensichtlich in den Tod getrieben vom Geschäftsmann Laporte. Um mehr über ihn in Erfahrung zu bringen, mietet sich Marco eine Wohnung im Haus von Laportes Geliebter (Chiara Matroianni), die er geschickt verführt, um seinen Racheplan zu vollenden. Bald realisiert er, Sex und Liebe sind nicht immer zu trennen.
Denis versucht eine sehr freie Adaption von Akira Kurosawas „Die Bösen schlafen gut“ aus dem Jahre 1960 und zieht den Bogen zur Gegenwart. So könnte man Verbindungen oder Ähnlichkeiten zwischen Laporte (Michel Subor) und dem französischen Politiker Dominique Strauss-Kahn ziehen, dessen Karriere wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs in New York abrupt endete. Niemand ist bei diesem schonungslosem Blick in eine verrottete und amoralische Gesellschaft unschuldig - vielleicht nur Silvestris Nichte, die nackt, blutend und nur mit High Heels „bekleidet“ eines Nachts die Straße entlang taumelt und wohl nicht umsonst den Namen Justine trägt. Denis zeichnet ihre Protagonisten unsympathisch, als Zeitgenossen, die man weder in Wirklichkeit noch auf der Leinwand treffen möchte und für die man keine Empathie empfindet. Ein blutiger Maiskolben als Zeichen einer Vergewaltigung verstört. Kamerafrau Agnès Godard taucht die dunkle Geschichte in entsprechende, düstere Bilder, die melancholische Originalmusik der britischen Band Tindersticks unterstreicht die unselige Atmosphäre, aber die Regie wirkt unentschlossen, manchmal - vielleicht auch wegen Zeitmangels beim Dreh - fast wie hingeschludert. Gerettet wird der Mix aus sexueller Obsession, versteckten Familiengeheimnissen und Gier nach Macht und Geld durch einen formidablen Vincent Lindon als gebrochener Held, der die Wahrheit sucht und nur kaputte Seelen findet. mk.
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