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Amour: Cannes-Sieger 2012 von Michael Haneke um ein altes Paar, das durch einen Schlaganfall an die Grenzen einer lebenslangen Liebe gelangt - und vielleicht darüberhinaus...

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Handlung und Hintergrund

Anne und Georges sind seit Ewigkeiten ein Paar, ihre Tochter führt längst ihr eigenes Leben. Immer noch sind sich die beiden in aufrechter Liebe verbunden. Ihr perfekt eingespielter Alltag wird jäh unterbrochen, als Anne nach einem ersten Schlaganfall von heute auf morgen ein Pflegefall wird. Den Eheleuten wird schnell bewusst, dass es der Anfang vom Ende ist, dass sich Annes Zustand fortan nur noch verschlechtern wird. Weiterhin pflegt Georges seine große Liebe aufopferungsvoll, bis auch er an seine Grenzen geführt wird.

Das Pariser Ehepaar Anne und George ist seit Jahrzehnten verheiratet und wird unversehens mit seiner Sterblichkeit konfrontiert. Ein kleiner Film über das Sterben, der ein großer über die Liebe ist - meisterhaftes Drama von Michael Haneke.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Michael Haneke
Produzent
  • Uwe Schott,
  • Margaret Ménégoz,
  • Michael Katz,
  • Prof. Dr. Veit Heiduschka,
  • Stefan Arndt
Darsteller
  • Jean-Louis Trintignant,
  • Emmanuelle Riva,
  • Isabelle Huppert,
  • Alexandre Tharaud,
  • William Shimell,
  • Ramón Agirre,
  • Rita Blanco,
  • Carole Franck,
  • Dinara Drukarowa,
  • Laurent Capelluto,
  • Jean-Michel Monroc,
  • Suzanne Schmidt,
  • Damien Jouillerot,
  • Walid Afkir
Drehbuch
  • Michael Haneke
Kamera
  • Darius Khondji
Schnitt
  • Monika Willi,
  • Nadine Muse
Casting
  • Kris Portier de Bellair

Kritikerrezensionen

    1. Das Altwerden ist für das Kino ein noch relativ neues Thema, vielleicht hat Michael Hanekes Studie einer Zweisamkeit bis zur bitteren Neige auch deswegen die Goldene Palme von Cannes 2012 gewonnen. Dabei hätten ebenso die Darstellungen von Jean-Louis Trintignant und Emmanuelle Riva den Hauptpreis verdient, denn in den langen Einstellungen des beinahe komplett in einer Pariser Wohnung spielenden Films "Liebe" lastet die Verantwortung für Gefühl und Lebendigkeit fast nur auf ihren Schultern. Die beiden Schauspieler leisten Unglaubliches, und sie reichern Hanekes kühlen, dokumentarisch-sezierenden Realismus mit einer tiefen menschlichen Wärme an.

      Sollen sich alte Menschen diesen Film antun? Auch Anne und Georges weigern sich ja, solange es nur geht, die Tragik ihrer Lage anzuerkennen. Am Anfang besuchen sie noch gänzlich unbeschwert ein Konzert und ihre Dialoge nach der Heimkehr sind von einer heiteren, kultivierten Höflichkeit. So wie dieses Paar möchte man auch alt werden, denkt man, und verfolgt bewundernd, wie es dann das Schlimme in seinen Alltag zu integrieren versucht: die halb gelähmten Trippelschritte Annes, wenn sie mit einem Arm an Georges´ Hals hängt, um vom Rollstuhl auf die Toilette gesetzt zu werden. Anne freut sich über den überraschenden Besuch ihres einstigen Klavierschülers Alexandre Tharaud, der jetzt ein berühmter Pianist ist. Aber als Tharaud, der sich selbst in seiner ersten Filmrolle spielt, danach schreibt, das Treffen sei traurig gewesen, vergeht Anne abrupt die Freude an seiner mitgeschickten Klavier-CD, als bedeute ihre Lähmung den Ausschluss aus der Gesellschaft.

      Georges kämpft einen aussichtslosen Kampf gegen das Loslassen, und deshalb ist er der Richtige an der Seite von Anne, und nicht etwa eine Pflegerin wie jene, die ihr Haar bürstet, als sei es ein Widersacher. Aber wegen seiner Liebe leidet Georges ungeschützt. Er hat einen nächtlichen Albtraum, in dem er ins Treppenhaus geht und sieht, dass der Lift versperrt ist und offenbar niemand mehr auf der verwahrlosten Etage wohnt. Haneke führt das Paar in die Klaustrophobie, in eine Isolation, die das Tageslicht nicht lindern kann. Zwar kommt Tochter Eva (Isabelle Huppert) gelegentlich aus London vorbei, besorgt auch um den Vater. Doch der lässt sich die Verantwortung nicht abnehmen.

      Der französischsprachige Film ist in zwei atmosphärisch unterschiedliche Teile gegliedert, wobei die krude Verzweiflung im zweiten ohne die Geborgenheit, die der erste ausstrahlt, eine Zumutung wäre, die man zurückweisen müsste. Die Wohnung spiegelt den intellektuellen und künstlerisch interessierten Lebensstil des Paares, mit ihren Leseecken, Bücherwänden, gemütlichen Fauteuils und dem Klavier. Man kann sich kaum sattsehen an der gediegenen Einrichtung, richtet sich in der Fantasie dort mit ein, setzt sich ans Bett des Ehepaars und stellt sich vor, wie es wäre, die Lesebrille wie Anne ebenfalls nur mit einer Hand greifen zu können, mit der Hand, die auch das Buch aufschlagen muss.

      Die Zeit verändert ihre Ausdehnung in diesen langen Einstellungen, wird relativ, scheint sich dem Alter anzupassen. Aber dabei ist sie nur indifferent, verweigert Halt und Orientierung. Bis der Film zu Ende ist, ist man dieser Wohnung gründlich überdrüssig geworden, sie sieht grau, verlebt und trostlos aus.

      Fazit: In Michael Hanekes Drama „Liebe“ begleitet ein alter Mann seine Frau vorbehaltlos durch alle Phasen ihres Verfalls.
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    2. Liebe: Cannes-Sieger 2012 von Michael Haneke um ein altes Paar, das durch einen Schlaganfall an die Grenzen einer lebenslangen Liebe gelangt - und vielleicht darüberhinaus...

      Verdiente zweite Goldene Palme für Michael Haneke: Ein kleiner Film über das Sterben, der ein großer über die Liebe ist.

      Drei Jahre nach dem Gewinn der Goldenen Palme für „Das weiße Band“ kehrte Michael Haneke an den Ort seines Triumphes zurückgekehrt, mit einem Film, der all jene verblüffen wird, die den Österreicher eher als unbarmherzigen Chronisten der Grausamkeit des Menschen abgespeichert haben. Tatsächlich könnte „Liebe“, eine französisch-deutsch-österreichische Koproduktion (deutscher Koproduktionspartner: X Filme), nicht weiter entfernt sein von den kompromisslosen Mysterienspielen wie „Das weiße Band“ und „Caché“, die ihn endgültig an die Spitze der Elite des Kunstkinos geführt haben: Gewiss ist die Betrachtung der letzten Belastungsprobe eines erfüllten Ehelebens der zärtlichste Film in der Karriere Hanekes.

      Der Film ist klug besetzt mit den beiden französischen Schauspielikonen Emmanuelle Riva und Jean Louis Trintignant, die ihren internationalen Ruf vor fünf Jahrzehnten auch mit Filmen begründet haben, in denen die Liebe eher mit Aufbruch und Leidenschaft in Verbindung gebracht wird, als etwas hell Loderndes und heiß Brennendes - sie mit „Hiroshima Mon Amour“, er mit „Ein Mann und eine Frau“. Als Eheleute Anne und Georges haben sie das lange hinter sich gelassen: Ihre Liebe ist geprägt durch Zuneigung, Verständnis und Gewissheit - und wird auf die Probe gestellt, als Anne nach zwei Schlaganfällen dem Tod immer näher kommt. Wie Andreas Dresens „Halt auf halber Strecke“ ist auch „Amour“ ein Film über das Sterben, daran lässt schon die erste Szene des Films keinen Zweifel, in der die Polizei in die Wohnung der beiden eindringt und im Schlafzimmer ihre aufgebahrte Leiche findet. Aber anders als Dresens Deutscher Filmpreis-Gewinner, der in Cannes 2011 die Nebenreihe Un certain régard gewann, ist Hanekes Film keine dokumentarisch geprägte Chronik einer Familie am Abgrund, sondern ein messerscharfer, unsentimentaler Blick darauf, was man gerade im Angesicht des Endes bereit ist, aus Liebe zu tun.

      Die Monate von den letzten unbeschwerten gemeinsamen Tagen hin zu dem beschriebenen Moment ganz zu Beginn sind Inhalt von „Amour“, der sich mit Ausnahme einer Szene ausschließlich in der Wohnung der beiden Protagonisten abspielt, dabei aber nie eng oder limitiert wirkt. Und auch, wenn Haneke seinem Publikum einfach aufgrund der Unausweichlichkeit seiner Geschichte Einiges abverlangt, weil man Zeuge des zunehmenden Verfalls von Anne und der unerträglichen Belastung für Georges wird, ist es ein in seiner Präzision immer faszinierender Film, der es sich am Schluss doch nicht verkneifen kann, sein Publikum mit ein paar dringlichen Fragen zu entlassen, mit einem Rätsel und einem potenziellen Aufreger: Denn was „Liebe“ in seinen entscheidenden Momenten als etwas völlig Logisches, gar Unausweichliches zeigt, dieser letzte Akt aus Liebe ist eben auch ein Kapitalverbrechen. Bei seiner Weltpremiere im Grand Théâtre Lumière wurde der Film mit minutenlangen stehenden Ovationen regelrecht gefeiert: Michael Haneke ist endgültig auf der Höhe seiner Meisterschaft angekommen. ts.
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