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Lieber Thomas: Herausragendes und originelles Drama, das der Persönlichkeit und dem Werk des aus der DDR stammenden rebellischen Autoren Thomas Brasch ein Denkmal setzt.

Handlung und Hintergrund

Die DDR ist noch jung, doch schon da lehnt sich Thomas Brasch (Albrecht Schuch) gegen sie auf. Während sein Vater Horst (Jörg Schüttauf) Systemtreue beweist und den jungen Staat mit aufbaut, entpuppt sich der älteste Sohn schon frühzeitig als Revolutionär. Als Träumer und Poet befasst er sich lieber mit seinen Stücken, wird jedoch Zeuge, wie sein erstes Werk direkt verboten wird und er schließlich von der Filmhochschule fliegt.

Bei einer Protestaktionen 1968, bei denen er Flugblätter mit anderen Studierenden auf den Straßen Berlins verteilt, landet er schließlich hinter Gittern – ausgerechnet sein Vater hat ihn verraten. Auf Bewährung entlassen und in einer Fabrik angestellt, gilt seine große Liebe der Schreibkunst. Gemeinsam mit Katharina (Jella Haase) verlässt er schließlich seine Heimat und siedelt in den Westen um. Anfangs bejubelt, bekommt er dank Filmen wie „Domino“ endlich das Gehör, auf das er Zeit seines Lebens gewartet hat. Auch nach dem Fall der Mauer wird der gealterte Thomas Brasch (Peter Kremer) in Ost-Berlin für eine Revolte auf dem Papier und in seinen Stücken sorgen.

„Lieber Thomas“ – Hintergründe, Besetzung

Das Biopic „Lieber Thomas“ über den Schriftsteller und Regisseur Thomas Brasch (1945-2001) widmet sich nicht nur seinem Leben, sondern auch seinem Werk. In schwarz-weißen Aufnahmen lässt Regisseur Andreas Kleinert („Freischwimmer“) Werk und Leben miteinander verschmelzen und inszeniert so ein Denkmal für die Ewigkeit.

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In der Hauptrolle schlüpft Albrecht Schuch („Systemsprenger“) in den Charakter des unangepassten Brasch, der gealterte Brasch wird von Theaterdarsteller Peter Kremer verkörpert. Weitere wichtige Rollen werden von Jörg Schüttauf, Jella Haase und Joel Basman übernommen.

„Lieber Thomas“ – Kinostart

Ab dem 11. November 2021 sieht man das Biopic „Lieber Thomas“ in den deutschen Kinos.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Andreas Kleinert
Produzent
  • Michael Souvignier,
  • Till Derenbach
Darsteller
  • Albrecht Schuch,
  • Peter Kremer,
  • Jörg Schüttauf,
  • Jella Haase,
  • Anja Schneider,
  • Ioana Jacob,
  • Joel Basman,
  • Christian Granderath
Drehbuch
  • Thomas Wendrich
Kamera
  • Johann Feindt
Schnitt
  • Gisela Zick

Kritikerrezensionen

    1. FBW-Pressetext:

      Eine intensiv-eindrückliche Künstlerbiografie - mit großer dynamischer Wucht erzählt und gespielt.

      Das Biopic erzählt die Geschichte des Schriftstellers und Künstlers Thomas Brasch, der in den 1970er Jahren den Zwängen der DDR durch den Aufbruch in den Westen entflieht, jedoch auch dort keine Erfüllung findet. Die ausdrucksstarke Bildsprache und das phänomenale Ensemble mit einem wie entfesselt aufspielenden Albrecht Schuch in der Titelrolle machen diese Künstlerbiografie zu einem filmischen Glanzstück.

      Der Film in der Regie von Andreas Kleinert (Drehbuch: Thomas Wendrich) lässt die Zuschauer*innen tief eintauchen in das Erleben und Empfinden des Künstlers Thomas Brasch. Dabei vermischen sich reale Ereignisse mit Traumwelten und ganz im Sinne eines unzuverlässigen Erzählers kann man sich nie sicher sein, was Thomas Brasch wirklich erlebt hat und welche Momente überhöht sind. Erzählerisch spannt der Film einen langen Bogen, angefangen mit der Zeit in der DDR, die von politischen Restriktionen bestimmt ist, gegen welche sich Brasch auflehnt. Dem Film gelingt es, mit klaren Einstellungen in schwarz-weiß, die lebendig statt trist wirken, sowie mit einer exzellenten Ausstattung, das Leben in der DDR greifbar zu machen, ohne es zu dämonisieren. Immer betten Archivbilder die Handlung authentisch in die wahre Geschichte ein. Als Brasch mit seiner Lebensgefährtin, der Schauspielerin Katarina, die Chance ergreifen kann, in den Westen zu fliehen, nutzt er sie. Doch der Film zeichnet Brasch klar auch in dieser Phase als einen ewig Getriebenen, der im Westen nicht die Erfüllung finden kann, die er sucht. Die Kamera von Johann Feindt ist dynamisch, immer ganz nah, vor allem an dem Hauptdarsteller Albrecht Schuch, der einmal mehr unter Beweis stellt, warum an ihm schauspielerisch momentan kein Vorbeikommen ist. Schuch interpretiert Brasch als einen rastlos Suchenden, in seinem weit aufgerissenen Blick mischt sich kindlich naive Unschuld mit einer fast schon verbissenen Sehnsucht nach etwas Neuem, etwas Anderem. So verleiht er Braschs Gedichtauszügen, die die Filmhandlung wie Kapitel einrahmen und in denen jede Zeile mit einem „aber…“ endet, ein Gefühl. Neben Schuch agiert ein großartiges Ensemble, allen voran Jella Haase als Katarina und Jörg Schüttauf als Braschs Vater, der als DDR-Funktionär seinen eigenen Sohn als Staatsfeind überführt und selbst gefangen ist in einem System, in dem er funktionieren muss. Mit LIEBER THOMAS ist Andreas Kleinert eine präzise Studie eines großen Künstlerlebens gelungen. Und darüber hinaus ein erhellender Einblick in die deutsch-deutsche Geschichte.

      FBW-Jury-Begründung:

      Andreas Kleinerts Film über den Dramatiker, Lyriker und Filmemacher Thomas Brasch ist ein auf allen Ebenen gelungenes Beispiel eines Biopics, das sich mit Bildern, Atmosphären und Metaebenen seinem Protagonisten annähert und nicht über die bloße Aneinanderreihung von Lebensstationen. Als besonders gelungen empfand die Jury die Charakterisierung des Protagonisten in all seiner Ambivalenz, der Angst vor der eigenen Courage, den scheinbaren Widersprüchen und der Zerrissenheit. Zum Einstieg erzählt uns der Film mit einer wie ein Prolog erscheinenden Internatsszene, wie Thomas Brasch nicht richtig mitmacht, wie er sich nicht anpasst. Diese Einstellung begleitet ihn den gesamten Film über, immer wieder eckt er damit an, vor allem in der DDR, aber auch im Westen. Der Film macht es sich dabei keineswegs leicht, sondern erzählt Braschs stete Konfrontationen als komplexes Geflecht aus den direkten Auswirkungen des realsozialistischen Systems, seiner Beziehung zum Vater sowie seiner ausschweifenden Persönlichkeit. In keinem Moment moralisiert der Film oder wertet die Handlungen seiner Figuren - auch nicht die seines linientreuen Vaters. Das dergestalt zuhöchst differenziert gestaltete Bild nicht nur der Charaktere, sondern des Lebens in der DDR ganz allgemein, stellt eines der Höhepunkte dieses außergewöhnlichen Films dar, der sich mit diesen exakten Studien vom Gros der aktuellen filmischen Erzählperspektiven auf die DDR wohltuend absetzt.
      Zu dieser komplexen Figurenzeichnung gesellt sich auf der inszenatorischen Ebene die fantastische Umsetzung der Fantasie- und Traumebenen Braschs, die mit der „realen“ Handlung so brillant verknüpft werden, dass sich auf äußerst organische Weise weitere Perspektiven eröffnen. Darüber hinaus bindet Andreas Kleinert immer wieder auch Found Footage ein, das atmosphärisch eine Menge dazu beiträgt, uns in Handlungszeit und Milieu zurecht zu finden. Für das überzeugende Gefühl der Authentizität tragen hier außerdem die Ausstattung und die Wahl der Drehorte ganz besonders bei - vielleicht gerade, weil sie vergleichsweise dezent und reduziert ausfallen. Dadurch, dass es eher um die passende Stimmung als um eine detailgetreue faktische Korrektheit geht, fühlen sich die Bilder nicht an wie Kreationen aus einem Heimatmuseum, sondern strahlen wahres Leben aus. Auch Einfälle wie der, Braschs Wohnungen in Ost- und Westdeutschland fast gleich erscheinen zu lassen, tragen aufs Überzeugendste zur Tiefe des Erzählten bei. Dass dieses stimmige erzählerische und visuelle Konzept funktioniert, resultiert auch maßgeblich aus der Entscheidung, in Schwarzweiß zu drehen. Das dadurch in der herausragenden Bildgestaltung entstandene ambivalente Amalgam aus Abstraktion, Lebendigkeit, Tiefe und Historizität bildet mit dem Erzählten eine perfekte Einheit. Die von Bläsern bestimmte ungewöhnliche Musik und ein durchweg umwerfend aufspielendes Ensemble komplettieren den Film zu einem großartigen Erlebnis.

      Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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    2. Lieber Thomas: Herausragendes und originelles Drama, das der Persönlichkeit und dem Werk des aus der DDR stammenden rebellischen Autoren Thomas Brasch ein Denkmal setzt.

      Herausragendes und originelles Drama, das der Persönlichkeit und dem Werk des aus der DDR stammenden Autoren und Rebells Thomas Brasch ein Denkmal setzt, indem es beide verschmelzt.

      Erste Szenen des Films hatten bereits bei der Tradeshow beeindruckt, nun löst er das damals gegebene Versprechen in seiner vollen Länge von zweienhalb Stunden ein. „Lieber Thomas“, das Porträt des aus der DDR stammenden Autoren und Rebellen Thomas Brasch, ist wunderschön, wild und mitreißend geworden. Für Regisseur Andreas Kleinert und Drehbuchautor Thomas Wendrich, die wie Brasch in der DDR aufgewachsen sind, die Produzenten von Zeitsprung, Michael Souvignier und Till Derenbach, sowie NDR-Fernsehfilmchef Christian Granderath ist „Lieber Thomas“ ein Herzensprojekt, das sie nach zehn Jahren endlich umsetzen konnten. Sie wollten kein klassisches Biopic realisieren und sich an historischen Fakten entlang hangeln, sondern einen persönlichen Film über den Menschen, Künstler und Denker realisieren, der versucht Braschs Persönlichkeit und Gedankenwelt gerecht zu werden, die auch heute noch fasziniert und inspiriert.

      Und das ist ihnen gelungen - und wie! Bereits die ersten Bilder begeistern, wenn Brasch den nackten Körper einer Frau beschreibt (wortwörtlich), wenn er später der Dozentin der Hochschule vorwirft, von ihr könne er nichts mehr lernen, wenn er einen Raum betritt und die Frau, auf die seine Aufmerksamkeit fällt, die anderen Anwesenden und mit ihnen die Zuschauer*innen auf Anhieb mit seinem Charisma betört. Brasch ist hier ein Womanizer, es wird nicht nur erzählt. Und er ist ein ein scharfsinniger Denker, Idealist und Revoluzzer, der seinem Gegenüber scharfzüngig Kontra gibt, auch seinem Vater, einem Funktionär der DDR, und für seine Protestaktion gegen den Einmarsch der Russen in Prag später im Gefängnis landet. Denn die Szenen sind unglaublich gut und präzise inszeniert, geschrieben und gespielt. Albrecht Schuch liefert in der Titelrolle erneut eine Wahnsinnsperformance, für die man ihm nach „Systemsprenger“ und „Berlin Alexanderplatz“ sofort die nächste Lola verleihen könnte.

      Wendrich und Kleinert nutzen die Texte Braschs, er schrieb Lyrik, Prosa, Theaterstücke und Drehbücher für Kapitelüberschriften, Dialoge und ganze, von ihnen inspirierte Szenen - die, und das ist die vielleicht originellste Entscheidung der Macher, nahtlos in die anderen fließen. Darin agiert Brasch in einem raffinierten Spiel mit mehreren fiktionalen Ebenen ähnlich wie die Hauptfiguren seiner Werke, die aufrealen Personen basieren, Gangster Werner Gladow aus seinem Film „Engel aus Eisen“ oder Karl Brunke aus einem kurzen Band und einem unvollendeten Mammutwerk, und stürzt sich in eine Schießerei, hilft zwei Schwestern beim Selbstmord. Brasch wie Kleinert schätzen und nutzen das künstlerische Mittel der Übertreibung. So erzählt „Lieber Thomas“ Melodrama und Heldengeschichte sinnlich, rasant, auch mit Humor. Und Brasch, in den Siebzigern und Achtzigern, ein Star, wird von Kleinert und seiner Crew wie ein Kinostar inszeniert. Er zitiert auch mal direkt Godards „Außer Atem“, lässt Braschs Freundin wie Jean Seberg die Zeitung verteilen (die Originalszene sieht das Paar im Kino).

      „Lieber Thomas“ ist großes Kino, auch eine Liebeserklärung an eine vielschichtige Künstlerpersönlichkeit, zu deren Facetten Ehrgeiz, Egoismus und Verzweiflung genauso wie Leidenschaft gehören und dessen Widerspruchsgeist und scharfer und kritischer Blick auf die Gesellschaft heute noch aktuell ist. Kleinert und Wendrich knüpfen mit dem von allen Gewerken und dem durch die Bank hervorragenden Ensemble exquisit umgesetzten Film nicht zuletzt lose an ihre erste Zusammenarbeit „Wege in die Nacht“ aus dem Jahr 1999 an, einem Drama in Schwarz-Weiß, das eindrücklich deutsch-deutsche Geschichte erzählt.

      hai.
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