Am 18. April 2019 startete der neue Horrorfilm „Lloronas Fluch“ vom Produzenten und Mastermind hinter der „Conjuring“-Reihe James Wan in den deutschen Kinos. Der Film greift die lateinamerikanische Legende um La Llorona, die Weinende Frau, auf und lässt diese im Los Angeles der 1970er Jahre ihr Unwesen treiben. Was es mit der schaurigen Legende auf sich hat und warum sie perfekt für den sechsten Teil des „Conjuring“-Universums geeignet ist, erzählen wir euch hier.
„Lloronas Fluch“ beginnt 1673
Der Film beginnt im Mexiko des Jahres 1673. Die Zuschauer sehen, wie die Titelheldin ihre Kinder ermordet, bevor die Geschichte 300 Jahre nach vorne schwenkt. In Los Angeles wird die Sozialarbeiterin und allein erziehende Witwe Anna Tate-Garcia (Linda Cardellini) in einen mysteriösen Fall von Kindesmissbrauch verstrickt. Bei ihrer Auseinandersetzung mit dem Fall stößt sie auf die Legende von La Llorona und versucht, mithilfe des Priesters Father Perez (Tony Amendola) und des Exorzisten Rafael Olvera (Raymond Cruz), ihre eigenen Kinder vor der Dämonin zu retten.
Lateinamerikanische Folklore
Die Legende um La Llorona (spanisch für „Die Weinende“) ist weit verbreitet in Südamerika, vor allem aber in Mexiko, wo auch der Film beginnt. Der Sage nach war Llorona eine junge Frau aus armen Verhältnissen, die wegen ihrer Schönheit einen wohlhabenden Mann heiraten konnte und mit ihm zwei Kinder bekam. Mit der Zeit aber wandte sich ihr Mann von ihr ab und wollte schließlich eine neue, reichere Frau heiraten. Aus Wut brachte Llorona ihre Kinder zum Fluss und ertränkte sie dort. Als sie begriff, was sie getan hatte, war es bereits zu spät und der Fluss hatte ihre Kinder davongetragen. Tage später wurde Llorona tot aufgefunden und von den Dorfbewohnern begraben.
Auf Ewigkeit verdammt
Seither ist der klagende Geist der reuigen Kindsmörderin als La Llorona bekannt, denn anders als Medea, die Kindsmörderin aus der griechischen Mythologie, weint Llorona um ihre Kinder. Der Eintritt in den Himmel wurde ihr verwehrt, bis sie die Seelen ihrer Kinder findet, und so ist sie dazu verdammt, im Diesseits nach ihren Kindern zu suchen. Es heißt, sie sei in der Umgebung von Flüssen und anderen Gewässern aufzufinden, wo sie Kindern auflauert, um diese zu ertränken und als ihre eigenen auszugeben. Lloronas Klageruf gilt als Vorbote von Unheil und Tod, ähnlich der keltischen Banshee. Die Legende dient heutzutage vor allem, um Kindern das Fürchten zu lehren, damit sie sich nachts nicht draußen herumtreiben.
Verbindungen zur spanischen Invasion durch Cortés
Einen eindeutigen historischen Ursprung hat das Volksmärchen nicht, jedoch gibt es Erzählungen, in denen eine Verbindung von La Llorona und La Malinche, der Dolmetscherin von Hernán Cortés im 16. Jahrhundert, hergestellt wird. So soll Malinche, eine Einheimische, die Mätresse von Cortés geworden sein und ihm ein Kind geboren haben. Nachdem dieser sie verließ, soll sie aufgrund ihres verletzten aztekischen Stolzes Kindesmord begangen haben. Historische Beweise gibt es dafür aber nicht. Malinche wird jedoch im Zusammenhang mit dem Aussterben der indigenen Kultur durch die spanische Invasion Mexikos in Verbindung gebracht, was ihre Rolle in der mexikanischen Folklore erklärt.
Der klagende Geist als Vorbote des Todes
Die Legende von Llorona ist auch im restlichen lateinamerikanischen Raum verbreitet und hat Ableger bis in den Süden der USA, wo sie wahrscheinlich durch mexikanische Einwanderer Verbreitung fand. Eine Abwandlung der Legende besagt, dass Llorona eine Prostituierte war, die alle ihre unehelich gezeugten Kinder abgetrieben und in einen Fluss geworfen hat. Gott befahl ihr nach ihrem Tod, dass sie ihm all ihre Kinder bringen muss, bevor sie ins Jenseits darf. In El Salvador soll Llorona in Häuser eindringen und weinende Kinder aufsuchen, um ihre Seelen als die ihrer eigenen Kinder auszugeben. In Chile ist die Weinende Frau noch stärker mit dem Tod verbunden und soll nur von jenen gesehen werden, die dem Tod nahe sind oder übernatürliche Fähigkeiten besitzen. In allen Versionen erscheint jedoch der klagende Geist in einem weißen Kleid.
Beliebter Dämon in mexikanischen Filmen
Vor allem in Mexiko gab es schon einige Verfilmungen mit der dämonischen Kindesmörderin. Bereits 1933 verfilmte Ramón Peón die Legende in „La Llorona“ und brachte die ursprüngliche Geschichte der Llorona sowie die Sage um Malinche und Cortés mit einem unheimlichen Fall in der Gegenwart unter einen Hut. In der gleichnamigen Verfilmung von René Cardona von 1960 wird der Bogen wieder von Lloronas Ursprüngen bis in die Gegenwart gespannt, nur dass hier Llorona einen Fluch auf die Familie ihres Mannes legt, bevor sie die gemeinsamen Kinder umbringt. So sollen alle seine erstgeborenen Nachkommen auf grausame Weise ermordet werden. In Rafael Baledóns klassischem Gruselfilm „La maldición de la Llorona“ („Der Fluch der weinenden Frau“, 1961) soll Lloronas Geist wieder zum Leben erweckt werden.
„The Curse of La Llorona“
Zuletzt kam 2007 unter dem Titel „J-ok’el“ („Weinende Frau“ in Tzotzil-Sprache) ein mexikanischer Thriller von Benjamin Williams heraus, sowie im gleichen Jahr in den USA der negativ bewertete „Curse of La Llorona“ von Terrence Williams. Gemessen an der fehlenden Popularität dieser Verfilmungen ist es kein Wunder, dass die Kollegen von Bloody Disgusting sich wundern, warum es so lange gedauert hat, die berühmte Legende um die mörderische Llorona auf die große Leinwand zu bringen. Mit „Lloronas Fluch“ ist dies nun gelungen, nicht zuletzt weil das Filmdebüt von Regisseur Michael Chaves Teil des Conjuring-Universums ist.
Trailer zu „Lloronas Fluch“
Hier könnt ihr euch den Trailer zu „Lloronas Fluch“ anschauen.