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„Logan Lucky“ Kritik: Zwei Brüder mit drei Armen gegen die USA

„Logan Lucky“ Kritik: Zwei Brüder mit drei Armen gegen die USA
© Studiocanal

Steven Soderbergh hatte dem Film abgeschworen. TV-Serien waren seine Zukunft, dann landete das Drehbuch von „Logan Lucky“ auf seinem Schreibtisch. Eigentlich sollte er für den Stoff lediglich einen passenden Regisseur vorschlagen, der wurde er letztlich selbst – und sorgte so für die (bislang) beste Komödie des Jahres.

Täter kehren eben immer an den Ort des Verbrechens zurück. Sogenannte Heist-Filme, in denen ein Einbruch begangen wird, sind Steven Soderbergh durchaus vertraut; immerhin ist er der Regisseur der „Ocean’s“-Trilogie. Wirft man einen Blick auf die Handlung der Gaunerkomödie „Logan Lucky“, wird einem sofort klar, warum Soderbergh hier nicht widerstehen konnte.

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Die Brüder Jimmy (Channing Tatum) und Clyde Logan (Adam Driver) sind vom Pech verfolgt, angeblich lastet sogar ein Familienfluch auf ihnen. Die beiden sind prototypische Verlierer. Jimmy wurde die scheinbar unvermeidliche Football-Karriere verwehrt, er schleppt sich trotz Knieproblemen zum Job, nur um für seinen Einsatz mit einer Kündigung belohnt zu werden.

Clyde wiederum verlor seinen Arm beim Dienst für das Vaterland, als Dank erntet er als Einarmiger Barkeeper Hohn und Spott. Die kleinen, enttäuschten Männer von der Straße wollen endlich zurückschlagen und deswegen mit ihrer Schwester Mellie (Riley Keough) das größte NASCAR-Rennen in North Carolina ausrauben. Zuvor müssen sie aber noch Sprengstoffexperte Joe Bang (Daniel Craig) aus dem Gefängnis holen, der jedoch mit seinen beiden Brüdern zusammen selbst eine tickende Zeitbombe zu sein scheint.

Den schmissigen deutschen Trailer zum Film könnt ihr euch hier ansehen

Das größte Mysterium um „Logan Lucky“

Drehbuchdebütantin Rebecca Blunt suchte für ihr Erstlingswerk „Logan Lucky“ einen Regisseur und fragte deswegen Soderbergh um Rat, der sich am Ende selbst des Stoffes annahm. So lautet zumindest die offizielle Version. Denn bei Blunt soll es sich um ein Pseudonym handeln, manche vermuten dahinter sogar Soderberghs Frau Jules Asner.

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Ob Rebecca Blunt nun echt ist oder nicht: Ihr gelang ein grandioses Debüt. Natürlich schafft es Soderbergh, die üblichen Heist-Elemente von „Logan Lucky“ unterhaltsam darzustellen. Taktieren und Planen werden bei ihm zu kurzweiligen Passagen, vieles erinnert an die schmissige Aufmachung der „Ocean’s“-Trilogie, nur dass statt modernster Technik diesmal bemalte Kakerlaken und Gummibärchen als Sprengstoffersatz zum Einsatz kommen. Dass „Logan Lucky“ ein derart erfrischendes Erlebnis ist, liegt jedoch größtenteils am Drehbuch.

Denn auch wenn Soderbergh bei der Vorbereitung des Einbruchs und dem Verbrechen selbst zur Höchstform aufläuft, die einprägsamsten Momente zelebriert „Logan Lucky“ an anderer Stelle. Die Komödie bietet einen Humor der Extreme, wie er in den USA von Comedians á la Louis C.K. bereits seit Jahren performt wird. Auch wenn der Film nicht derart unter die Gürtellinie geht, sieht er das Absurde in menschlichem Verhalten, überspitzt dies gekonnt und rudert nicht zurück, sobald der Irrsinn erst einmal ins Rollen kommt.

Witzigkeit kennt keine Grenzen

Nahezu alle Charaktere sind hoffnungslos überzeichnet, allen voran Joe Bang und seine Brüder, die als wiedergeborene Christen mit moralischer Ambivalenz für einige Glanzstücke sorgen. „Logan Lucky“ gelingt es aber mit Charme den Zuschauer trotzdem nicht zu verlieren. Man merkt allen Schauspieler an, wie viel Spaß sie mit dem Film hatten. Daniel Craig befreit sich als wasserstoffblonder Verbrecher von seinem Bond-Image und Adam Driver („Star Wars 7: Das Erwachen der Macht“) beweist dank einer hingebungsvollen Darbietung, dass man sich von ihm in Zukunft noch einiges erwarten darf.

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Die größte Leistung von „Logan Lucky“ ist aber vermutlich nicht der gelungene Humor an sich. Vielmehr meistert die Komödie eine wunderbare und leider seltene Balance: Man kann diesen Film problemlos als lockere Unterhaltung genießen, gleichzeitig hat er aber auch mehr zu bieten, wenn man tiefergraben will.

Treffende Kritik, eingehüllt in Witzen

Allein schon bei der Ausgangslage wird die Sozialkritik offensichtlich. Jimmy und Clyde engagieren sich und wollen ihren Beitrag leisten, werden aber zurückgewiesen und verhöhnt. „Logan Lucky“ macht allerdings nicht den Fehler, dem weißen, enttäuschten Amerikaner einen Blankoscheck auszustellen, als Gegenargument dazu dienen die beiden Hinterwälder-Brüder von Joe Bang. Vielmehr will der Film ein Plädoyer für Authentizität und gegen das Künstliche sein.

Nicht ohne Grund ist das NASCAR-Rennen das Ziel ihres Diebstahls, was als Sinnbild für die USA, primär das überzogene Showbusiness dient. Dieses will zwar das Geld der einfachen Leute, sich aber sonst bewusst abkapseln. Rennfahrer Dayton White (Sebastian Stan) wird zwar von allen geliebt, aber aufgrund seines durchgeplanten Sportlerlebens ist er selbst nicht mehr menschlich. Sein Sponsor Max Chiblain (Seth McFarlane) wiederum ist ein Promi, sich dessen aber zu bewusst und deswegen ein unbestreitbares Ekel.

„Logan Lucky“ sammelt viele Augenblicke, in denen echte menschliche Interaktionen als lohnens- und wünschenswert dargestellt werden. Die kitschigsten und gerade deswegen ehrlichsten finden in der Familie statt, allen voran zwischen Jimmy und seiner Tochter, die bei einem Talentwettbewerb gewinnen will und dabei die wichtigste Lektion des Films lernt.

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Fazit: Steven Soderbergh gelingt mit „Logan Lucky“ ein eindrucksvolles Comeback, das den Kinobesuch definitiv wert ist. Der Film hat das Herz am rechten Fleck, überzeugt mit grandiosem Humor und beinhaltet zusätzlich eine stimmige Botschaft. Auch wenn zum Ende hin die Luft etwas ausgeht, ist „Logan Lucky“ einer der besten Filme, die 2017 in Kinos zu sehen sind.

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