Mateo ist 16 Jahre alt und lebt mit seiner Mutter, dem kleinen Bruder und seinem Großvater in dem Dorf Santa Ana del Valle im Süden Mexikos. Sein Vater ist vor Jahren nach Amerika gegangen, um in Los Angeles Geld zu verdienen und der Familie zuhause ein besseres Leben zu ermöglichen. Doch seit Ewigkeiten hat der Vater nichts mehr von sich hören lassen. Und so soll nun Mateo über die Grenze gehen und Geld für die Familie verdienen. Aus Angst, dort der Bandengewalt ausgeliefert zu sein, schließt er sich im Dorf einer Gang an. Von ihr erhofft er sich Schutz, wenn er nach Amerika geht. Doch als Danny, der Chef der Gang, von ihm verlangt, einen Menschen zu töten, weiß Mateo nicht, ob es das wert ist, um ins „gelobte Land“ Amerika zu gelangen. Regisseur Damian John Harper hat an der HFF in München Regie studiert. Davor verbrachte er einige Zeit in genau dem Dorf, dessen Leben er in seinem Debütfilm beschreibt. Gedreht hat Harper ausschließlich mit Laiendarstellern, mit Einwohnern des Dorfes. Nur so entsteht dieser unglaublich authentische Eindruck, der sich beim Zuschauer eindrucksvoll und nachhaltig einprägt. Die Handkamera ist nah bei den Protagonisten, folgt ihnen in ihrem Alltag, in ihre Problem- und Konfliktsituationen. Alles fühlt sich echt an, nachvollziehbar, realistisch, fast dokumentarisch. Das große Vertrauen der Darsteller zur Regie zeigt sich an ihrem realistischen ungezwungenen Spiel. Der Zuschauer fühlt mit Mateo und den anderen Figuren mit, ohne dass Harper mit Musik oder zu großer Dramatik Emotionen evozieren muss. Dies ist auch nicht nötig, denn die Geschichte eines jungen Mannes, der von einer Gang zu kriminellen Machenschaften gezwungen wird, ist erschütternd und mitreißend genug. Am Ende des Films trifft Mateo eine mutige Entscheidung. Die Konsequenzen für sein Handeln lässt der Film bewusst offen. Doch es ist ein Ende nicht ohne Hoffnung, dass zumindest einmal alles besser werden kann. Ein erstaunlich reifer, bewegender und authentischer Debütfilm eines großen Talents.
Gutachten
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Ein Dorf im Süden Mexikos. Das Leben der Familien wird bestimmt durch die Abwesenheit von Männern, die in den USA arbeiten. Los Angeles ist die Stadt, wo sie Arbeit finden und gleichzeitig ein Ort der Hoffnung und des Verderbens. Leidtragende sind die Frauen, die Mütter. Sie müssen arbeiten, sie müssen die Familie ernähren. Sie sind der starke Mittelpunkt des Dorflebens und sorgen für den Zusammenhalt der Gesellschaft.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht der 16jährige Mateo, dessen Vater ebenfalls in die USA ging, aber nicht mehr zurückkehrte. So gerne würde Mateo glauben, dass dies nicht wahr wäre. Viel realistischer denken die Mutter und der Großvater: Beide wissen, dass Mateo nach Los Angeles gehen muss, um das notwendige Geld für die Familie in der Heimat zu verdienen. Im Glauben, dass er dort Schutz braucht, steigt Mateo bei der hiesigen Dorf- Gang mit den entsprechenden Verbindungen „über die Grenze“ ein, was ihn letztlich in einen Teufelskreis von Gewalt und Verbrechen führen wird.
Damian John Harper lebte selbst eine Zeit lang in diesem mexikanischen Ort und konnte aus eigenen Verbindungen und Erlebnissen die Grundlage für ein Drehbuch zu diesem Film finden. Einen Film, den er schließlich vor Ort und nur mit Laiendarstellern inszenierte. Durchgehend mit einer Handkamera gefilmt, offenbaren sich Dorf- und Familienleben, Arbeit und gemeinsames Essen, Feste und anbahnende Liebesgeschichten so unmittelbar und authentisch, dass man sich weitgehend in einem Dokumentarfilm zu finden glaubt. Faszinierend, zu welch großartigen Leistungen der Regisseur die Laiendarsteller führte. Schon die Auswahl der Charaktere verdient ein großes Lob.
Ist die Stimmung des Films am Ende doch überwiegend fatalistisch geprägt, so vermittelt uns der Blick auf Mateo und eine Dorf-Mutter im Fond des Reisebusses auf dem Weg zur Grenze eine Spur von Hoffnung.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)