Ein Coming-Out in einer süditalienischen Familie, in der es von Originalen nur so wimmelt: Der türkische Regisseur Ferzan Ozpetek, der in Italien lebt und dreht, hat eine launige Wohlfühlkomödie geschaffen, in der es um Fluch und Segen des Familienzusammenhalts geht. Die Geschichte spielt zwar mit den Klischees über Homosexuelle, aber die Komik erstreckt sich auch auf andere Bereiche, ist geistreich genug um authentisch zu wirken, und der versöhnliche Ton plädiert für ein tolerantes Miteinander.
Tommaso hatte sich seinen Plan so schön zurechtgelegt: Weil er ahnte, dass sein Vater Vincenzo ihn deswegen verstoßen würde, wollte er der versammelten Familie seine Homosexualität beichten um dann ohne die Pastafabrik im Nacken in Rom als Schriftsteller glücklich zu werden. Doch dann nutzt an seiner Stelle sein Bruder Antonio die Gelegenheit, rausgeschmissen zu werden. Der Vater Vincenzo ist fassungslos und fragt Tommaso noch Tage später, wieso sie von Antonios Homosexualität nichts gemerkt hätten. Er habe eben keine typischen Gesten gemacht. Auf Tommaso lastet fortan eine doppelte Bürde: Er darf nun keinesfalls bekennen, dass auch er schwul ist, denn das würde den alten Vater umbringen, und er muss die Pastafabrik führen, während in Rom sein Freund Marco auf seine Rückkehr wartet.
Schon früh kreuzt eine geheimnisvolle junge Frau Tommasos Wege in Lecce: Sie scheucht mit ihrem roten Cabrio Passanten von der Straße, zerkratzt ein parkendes Auto, wechselt ständig die Schuhe und wird Tommaso als Geschäftspartnerin der Fabrik vorgestellt. Künftig verbringt Tommaso also seine Tage an der Seite Albas, die sich in ihn verliebt. Und auch Tommaso schließt die Außenseiterin in sein Herz, als gute Freundin. Alba, gespielt von Nicole Grimaudo, ist in der Geschichte eine dauernde Irritation, weil sie ja scheinbar so schlecht dazupasst, zum Beispiel zu den schwulen Freunden Tommasos, mit denen sie einmal ausgelassen im Meer herumplanscht. Durch Alba erweitert sich der Horizont, wird Interesse für das Unbekannte geschürt, fällt das Anderssein wegen Homosexualität nicht mehr so sehr auf.
Tommaso, gespielt von Riccardo Scamarcio, entwickelt sich im Laufe des Films zum tonangebenden Betrachter. Mit seinem tiefsinnigen Blick ist er mehr ein Urteilender als ein Akteur. Dabei wirkt er wie eine heimliche Ordnungsmacht, eine moralische Instanz. Die Geduld, die er den Eltern zuliebe aufbringt, wird die ganze Familie bereichern. Hier gibt es lauter Typen, die für Dialogwitz sorgen: den um sein Image in der Stadt besorgten Machovater, die Mutter, die die Dienstboten schikaniert, die trinkfreudige und liebeshungrige Tante, den tollpatschigen Schwager aus Neapel und schließlich die eigenwillige Großmutter, deren Vergangenheit sich in Rückblenden voller romantischer Spannung in das Geschehen drängt.
Der lustige Besuch der schwulen Freunde aus Rom, die genussvollen Szenen bei Tisch und die stilvolle alte Stadtarchitektur bieten der Kamera schöne Motive. Wie bei einem Reigen dreht sie sich in den Tischszenen von einer Person zur nächsten, vollendet Kreis um Kreis in der Bewegung, die sanft in den Gesichtern forscht. In der Schlussszene wird die Zeit außer Kraft gesetzt und Gestalten aus verschiedenen Generationen begegnen sich, um die geheimen Bande zwischen ihnen, die es in jeder Familie gibt, zu offenbaren. Hier kulminiert auch das Loblied auf die Heimat, die diese hübsche Komödie ebenfalls singt mit einer türkischen Interpretin, als wollte Ozpetek damit seine Zuneigung für seine italienische Wahlheimat demonstrieren.
Fazit: Schwuler italienischer Sohn muss mit dem Coming-Out warten, denn sein Bruder hat die Eltern schon tief schockiert: Hübsche und vielseitige Komödie, die für Familie und Toleranz plädiert.