Männer ticken, Frauen anders: Wer Kollegen hat, braucht keine Feinde: Rolf Silber erzählt einen Wirtschaftskrimi als romantische Komödie.
So hübsch der verspielte Titel auch ist: Dieser Film ist nicht zu vergleichen mit den Beziehungskomödien, die Jahr für Jahr ins Kino kommen. Es geht zwar auch um die üblichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern und sowieso um die daraus resultierenden Konflikte, aber im Grunde erzählt „Männer ticken, Frauen anders“ eine Geschichte über Wirtschaftskriminalität; selbst wenn er sie mitunter zur Unkenntlichkeit verpackt hat.
Zentrale Figur ist Alice (Julia Koschitz), Chefanalystin einer Rating-Agentur. Ihre Firma prüft und bewertet Unternehmen, die an die Börse wollen oder zum Verkauf stehen. Rolf Silber (Buch und Regie) führt seine Protagonistin mit dem größten Fehler ihrer Karriere ein, als sie gerade eine Nacht mit einem Klienten hinter sich hat. Prompt folgt gleich die nächste Hiobsbotschaft: Den Posten der Geschäftsführerin so gut wie sicher, muss sie plötzlich mit einem Mitbewerber klar kommen. Der neue Kollege Michael von Marck (Tim Bergmann) ist nicht bloß ein Meister seines Fachs, er sieht auch noch verdammt gut aus.
Mit großer Freude am boshaften Detail erzählt Silber nun, wie die beiden Konkurrenten mit allen Tricks versuchen, sich auszustechen; die gegenseitige Bespitzelung gehört dabei quasi zum Handwerkszeug. Aber Alice scheint die Nase beim Wettlauf zum Chefsessel dank weiblicher Unterstützung vorn zu haben: Freundin Elfie (Floriane Daniel) installiert auf dem Männerklo eine Wanze, Halbschwester Lan (Minh-Khai Phan-Thi) lässt sich als Sekretärin engagieren und verfolgt mit wachsender Begeisterung die Männergespräche. Rolf Silber, durch dessen Komödie „Echte Kerle“ Tim Bergmann vor 15 Jahren bekannt wurde, ist zum Glück nicht für platte Gags bekannt. Deshalb geht es auf der Firmentoilette nicht deftig, sondern entlarvend zu: Dank des Lauschangriffs erfährt Alice, dass ihr feiner Kollege Lukas (Andreas Pietschmann) ein Komplott gegen sie plant; und Lan, dass der etwas schüchterne Robert (Michael Kessler) ihrem fernöstlichen Charme erlegen ist.
Schon der Karrierekleinkrieg ist wunderbar ausgedacht und noch besser gespielt, aber ein besonderer Film wird „Männer ticken, Frauen anders“ durch die Vielschichtigkeit. Denn während die beiden Hauptfiguren nach Kräften die Erkenntnis bestätigen, wer Kollegen habe, brauche keine Feinde, kommen sie unabhängig voneinander einem ausgewachsenen Fall von Wirtschaftskriminalität auf die Spur. Silber gelingt auf diese Weise ein Werk, das sich durchaus mit vergleichbaren Hollywood-Komödien messen kann; und das nicht allein, weil die Damen regelmäßig auf Lans Bowlingbahn Kriegsrat halten. Immer wieder sorgt die ohnehin beschwingte Bildgestaltung mit schwindelerregenden Kamerafahrten für originelle Perspektiven, zumal Kameramann Stephan Wagner die glitzernde Fassade Frankfurts hemmungslos als Weltstadt-Skyline verkauft. Und da Silber seinen Film auch in den weiteren Rollen (Dietrich Hollinderbäumer als Chef, Heio von Stetten als Alice‘ Ausrutscher, Johanna Gastdorf als eine Art Lady Macbeth) großartig und treffend besetzt hat, ist „Männer ticken, Frauen anders“ ein äußerst unterhaltsamer, höchst professionell gemachter Fernsehfilm geworden; selbst wenn der Titel möglicherweise falsche Erwartungen weckt. tpg.