Beim Zahnarzt im Wartezimmer liegen gerne Zeitschriften rum mit den ganz seichten Themen, die leichten Konsum garantieren: Bunte, oder Bild der Frau, oder Focus. Da kann man sich nochmal verlustieren und den Schmerz vergessen, der ein paar Türen weiter lauert.
Und vierlagiges Klopapier, feucht, fühlt sich auch ganz sanft an und macht einen vergessen, dass es auf dem Örtchen ziemlich stinkt.
Sowas ähnliches ist Mario Barth, der seine kleinen Anektdötchen aus dem ganz ganz wahren Leben erzählt und damit zum erfolgreichsten Lustigmann der Nation geworden ist. Und der damit so schön rausführt aus dem wirklichen tatsächlichen echten Leben, das außerhalb seiner Show existiert.
In diesem seinem ersten Kinofilm findet einer der ersten Gags in Barth-Spezial-Richtung auf dem Klo statt: ein Damen-Rasierer tut dem Mann höllisch weh, wenn er auf empfindliche Stellen trifft. Der Mann und die Frau: das ist der Untergrund dieses Filmes, was denn sonst. Und wie sonst könnte man dieses prekäre Verhältnis besser auf den Punkt bringen, als wenn man eine echte Männerfreundschaft der Liebe zu einer Frau gegenüberstellt?
So ist der Film in gewisser Weise eine Selbstoffenbarung Mario Barths, verpackt in eine Allerweltsgeschichte von Freundschaft versus Liebe, Karriere versus Freundschaft, Sohn versus Papa. Auf der Ebene von Handlung und Dramaturgie also Vorhersehbares, Ausgewaschenes, und es ist ziemlich offensichtlich, dass vieles einfach nur reingekloppt ist, um irgendwie vorwärtszukommen. Die Russenmafia zum Beispiel oder ein One-Night-Stand, der vielleicht keiner war.
Nein: es geht weniger um die Figuren von Paul und Hotte als um Mario Barth, Darsteller, Co-Autor, Co-Regisseur, Mitproduzent. Um wen denn sonst.
Barth zeigt hier, transferiert in eine übliche Komödienhandlung, wie er funktioniert. Freundschaft ist für Paul ein Geben und Nehmen: Hotte gibt, Paul nimmt. Comedy ist für Paul zunächst das platte Erzählen von Witzen: Kommt ein Cowboy aus dem Friseursalon, ist sein Pony weg. Und später dann kommt der Erfolg: mit der Authentizität, mit der wirklichen Welt, mit dem Beziehungsstress von Kumpel Hotte, den er ins Komische transferiert mit seinem simplen Berliner-Schnauze-Habitus, der sowohl Echtheit suggeriert als auch das Herunterbrechen von tiefen Wahrheiten auf das einfache Plaudern aus dem Nähkästchen.
Was natürlich alles inszeniert ist, künstlich in Form gegossen, eine Masche für den Erfolg. Doch immer wieder treffen sich Paul und Barth fast deckungsgleich, wenn die Figur im Film in Halbsätzen aus seinem Leben erzählt. Da ist schon sehr viel Autobiografisches drin. Wenn uns die Fans von der Bühne kennen, können sie uns jetzt von einer ganz neuen Seite erleben. Da sehen sie zwar Mario Barth und Dieter Tappert, aber wir liefern jetzt noch einen Tick mehr Informationen. Alles, was die Leute über uns wissen wollen, beantworten wir in diesem Film! Sagt Mario Barth. Und spielt auch mit dieser Aussage fröhlich auf dem schmalen Grat zwischen Wahrhaftigkeit und Künstlichkeit. Und dieser Tanz ist ja das Rückgrat seiner Komik.
Neckisch kokettiert Barth in der Darstellung seiner Paul-Figur mit seinem eigenen Leben; wie viel echter Mario steckt im fiktionalen Paul? Und zugleich ist die ganze Zeit klar, dass alles im Film total künstlich ist. So künstlich wie die Masken, die Barth in seinen anderen kleinen Rollen trägt, als Oma oder als Pole zum Beispiel.
Barths Weltsicht, ganz aus männlicher Perspektive, beschwört einerseits die Freundschaft; andererseits versucht der Film ständig Witze daraus zu ziehen, wie Paul alle anderen abzieht und ausnutzt, und wenns nicht klappt, eine kleine Baby-Trotz-Szene hinlegt. Nicht nur Hotte wird immer wieder übern Tisch gezogen. Auch ein Radfahrer wird als Running Gag immer wieder übern Haufen gefahren und dann auch noch böse beschimpft dafür. Det is Balin, wa! Die schnoddrige Berliner Selbstbezogenheit jedenfalls hat Barth aufs Beste für sich kultiviert. Will heißen: er benimmt sich wie ein Arschloch, genießt es, und hat auch noch die Lacher auf seiner Seite. Seinen eigenen Lacher und die Lacher der Außenstehenden, aber natürlich nicht der Betroffenen. Und dabei schmeißt sein Paul halt auch für einen Witz die 20 Jahre währende, mit einem glühenden 5-Mark-Stück besiegelte Freundschaft auf den Müll. Da will dann irgendwie der Funke nicht so ganz rüberspringen.#
Interessant andererseits, wie Barth in seinem Film immer wieder auf die Klassiker zurückkommt; Jerry Lewis wird explizit als Pauls Vorbild genannt, und den flotten, leichten Jazz-Soundtrack besorgte Paulchen Kuhn.
Es ist aber auch nicht so, dass Barth in Männersache einfach nur und ausschließlich mit seinem Image spielt. Sowas kann gut gehen (bei Woody Allen oder Helge Schneider immer wieder) oder auch nicht (Til Schweiger kann die Selbstironie einfach überhaupt nicht, weil immer wieder seine Egozentrik durchschimmert). Aber immerhin wäre es der straighte Versuch einer durchinszenierten Selbstverortung. Naja: Männersache konzentriert sich allerdings nicht darauf, sondern will auch noch so was wie Tiefgründigkeit erreichen, wenn er zum Freundschaftskonflikt und zur abfälligen Behandlung von Frauenspleens noch einen Papakonflikt einbaut, der so tragisch ist. Und versucht, eine Fallhöhe aufzubauen zwischen der greifbar nahen Komikerkarriere und der bodenständigen Männerfreundschaft mit Bier, Schweigen und Furzen.
Genau hier wirkt dann der Film doch unauthentisch; weil versucht wird, auf der Filmkomödienschiene inkl. Botschaft zu fahren; das Karussell, das sich immer um Mario dreht, gerät dann ins Schlingern. Und es ist halt unehrlich, Mario aus dem Bild zu rücken, wenn Mario sichtlich immer im Bild sein will. Hat er ja auch Recht damit: ist ja sein Film. Und was sonst sollten seine Fans sehen wollen?
Fazit: Der Film bietet Witze mit Barth; kann man lustig finden, oder auch selbstironisch, oder gar autobiographisch. Muss man aber nicht.