Seit seiner Kindheit ist Quentin in das Nachbarsmädchen Margo verliebt. Damals waren beide befreundet, doch nun, kurz vor Ende der High School, scheint den schüchternen Jungen und die impulsive geheimnisvolle Schönheit nichts mehr zu verbinden. Bis eines Nachts Margo bei Quentin im Zimmer steht und ihn bittet, bei einem Rachefeldzug ihr Begleiter zu sein. Einen Tag später ist Margo verschwunden. Doch sie hat kleine Hinweise hinterlassen. Quentin ahnt, dass diese Hinweise für ihn gedacht sind. Und er entscheidet sich, Margos Spuren zu folgen. Nach DAS SCHICKSAL IST EIN MIESER VERRÄTER ist MARGOS SPUREN die zweite Verfilmung eines Romans des erfolgreichen Autors John Green. Mit federnder Leichtigkeit gelingt es Regisseur Jake Schreier sowie den Drehbuchautoren Scott Neustadter und Michael H. Weber, den Charme der Vorlage auf die Leinwand zu zaubern. Und dabei das Lebensgefühl von jungen Menschen auf der Schwelle von der Jugend hin zum Erwachsenwerden sensibel und hautnah zu beschreiben. Die Dialoge wirken natürlich und spritzig und der Indie-Soundtrack vermittelt eine lässig unbeschwerte Atmosphäre, wie gemacht für einen Roadtrip entlang der Ostküste Amerikas. Als Sympathieträger und Identifikationsfigur dient Quentin, den Nat Wolff unverbraucht und unschuldig naiv spielt. Sein Gegenpart ist Clara Delevingne als die mysteriöse und unabhängig denkende Margo. Von ihr geht eine Kraft und eine Ausstrahlung aus, die den Zuschauer in den Bann zieht und verstehen lässt, wie sehr Quentin von ihr angezogen wird. Ein besonderer Trumpf sind die Nebendarsteller, die ihre Rollen als Ben und Radar, die besten Freunde von Quentin, wunderbar glaubhaft verkörpern. Denn im Film geht es nicht nur um Liebe, sondern auch und vor allem um Freundschaft. Denn sowohl Quentin als auch Ben und Radar müssen mit einer bittersüßen Mischung aus Aufbruchsstimmung und Wehmut Abschied von der High School und damit auch voneinander nehmen. Der gemeinsame Road Trip auf Margos Spuren wird zu einer Abschiedstour, bei der alle ein wenig erwachsener werden, aber auch erkennen, dass keiner vorhersehen kann, was passieren wird. Vielleicht aber ist das genau der Schlüssel zum Erwachsenwerden. Und Quentin dabei zuzusehen, wie er dieses Rätsel löst, macht das Besondere dieses herrlich unprätentiösen und zauberhaft gespielten Coming of Age Films aus.
Jurybegründung:
Jake Schreiers Verfilmung des Romans von John Green ist eine gelungene Variation des Coming of Age-Genres. Geschickt wird die Suche nach der eigenen Identität der jugendlichen Protagonisten mit dem dramaturgischen Element der Suche verbunden. Dabei ist die titelgebende Margo antreibende Figur und zugleich die Projektionsfläche für die Wünsche und Träume sowohl des männlichen Protagonisten und Erzählers Quentin Jacobsen als auch für das jugendliche Publikum. Typische Genre-Elemente (Freundschaft, Liebe, Schule) werden mit den Elementen der Suche und des Rätsels angereichert, wodurch der Zuschauer quasi am Geschehen partizipieren kann. Die Suche geht in ein Road Movie über, als Margo plötzlich verschwindet, nachdem Quentin das von ihr hinterlassene Rätsel gelöst hat. Interessant ist, wie der Film mit Walt Whitmans „Grashalme“ eines der bekanntesten Werke der US-amerikanischen Literatur in diese Rätselstruktur einbezieht, wodurch jugendlichen Zuschauern fast beiläufig gezeigt wird, dass es sich lohnt, zu lesen.
Man kann MARGOS SPUREN vorwerfen, dass er gefällig und brav in der Thematisierung des Erwachsenwerdens bleibt. In seinem Rahmen jedoch funktioniert der Film sehr gut. Er ist spannend, temporeich inszeniert, gelungen in der Dialogführung, die Schauspieler spielen überzeugend und die Settings sind gut gewählt. Es finden sich natürlich typische Elemente der Teenie-Komödie, die man als Erwachsener nicht mehr so komisch findet, so etwa, wenn einer der beiden engsten Freunde von Quentin im Auto in eine Dose pinkelt, weil er es nicht mehr aushält, ein Stopp aber auch nicht in Frage kommt, weil das Unterwegssein eng getaktet ist. Es finden sich aber auch überaus originelle Ideen, so etwa wenn die drei Jungs im Zuge des von Margo hinterlassenen Rätsels in einem verlassenen Fabrikgebäude ihre Angst dadurch zu bekämpfen versuchen, dass sie den Pokémon-Song anstimmen. Auf diese Weise wird die Schwelle zum Erwachsenenalter der Hautfiguren mit einem hübschen Augenzwinkern in Szene gesetzt. Der Weg nach vorn in eine ungewisse und spannende Zukunft muss nicht notwendigerweise auf die Strategien der Kindheit verzichten. Das Kind bleibt eben in uns allen bis zum Ende des Lebens erhalten.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)