Das Hochhaus im Frankfurter Bankenviertel steht seit sechs Jahren leer. Einige Stühle und Tische befinden sich noch in den leeren Räumen, die Panorama-Fenster zeigen den Blick auf neue und alte Türme im Herzen des deutschen Finanzwesens. Und im Raum sitzt ein Mann und erzählt. Sein Name ist Rainer Voss und er berichtet offen und ohne zu beschönigen von seinem zurückliegenden Leben als Investmentbanker. Denn er war dabei, als die Spekulationsgeschäfte losgingen, als die Exzesse der Großbanken immer größer und unkontrollierbarer wurden und alles auf die riesige Katastrophe zusteuerte, die die Finanzwelt 2008 erlebte. Der Filmemacher Marc Bauder lässt seinem charismatischen Protagonisten Voss viel Raum für seinen Bericht. An richtigen und wichtigen Stellen hakt er nach, ansonsten überlässt er Voss ganz allein die Bühne. Untermalt werden seine Erinnerungen von ungeheuer beeindruckenden Bildern der Hochhauslandschaft in der Frankfurter City. Wie eine zusätzliche Erklärung für das Gesagte zeigen sie gewichtige Bauten als Zeichen für einen Gigantismus, der ins Bodenlose fallen musste. Rainer Voss ist mittlerweile raus aus dem Finanzzirkus. Er führt ein Leben fern von Börsenspekulationen. Die aber, so Voss, werden weitergehen. Weil der Schock noch nicht genug war. Ein bemerkenswerter Film über ein aktuelles globales Krisenthema.
Jurybegründung:
Ein Banker redet. Der Filmemacher hat ihn in einem verlassenen Frankfurter Bankgebäude vor seine Kamera gestellt und nun beschreibt er präzise sein Metier: Wie die Sozialisation der höheren Bankangestellten funktioniert, wie sie in einer luxuriösen Parallelwelt existieren und kaum eine Vorstellung vom Leben außerhalb dieser Blase haben, wie das Finanzsystem immer mehr zu einem geschlossenen System mit immer mehr Macht wird, wie die Finanzwirtschaft inzwischen die Realwirtschaft bestimmt, wie Finanzkrisen entstehen und wie die Banken letztlich auch daraus noch Profit schlagen, wie durch die riesigen Kapitalmengen inzwischen auch Staaten angreifbar sind und wie dieses System immer zerstörerischer wird. Der Banker erzählt all das in einer glasklaren Sprache. Man hört ihm gerne zu und dass macht es noch schlimmer. Seine Analyse wird immer frostiger und wie eine Antwort darauf sieht man durch die Bürofenster, dass es in den Straßenschluchten schneit. Das verlassene Gebäude ist der zweite Protagonist des Films und Marc Bauder war so klug, seinen minimalistischen Ansatz konsequent durchzuhalten.
Es gibt ein paar Fernsehbilder, die durch Bildschirme in den Büros gerahmt sind, doch davon abgesehen sieht man nur diesen Mann in leeren Räumen reden. Grandios, wie hier Architektur zugleich sinnbildlich und sehr atmosphärisch in Szene gesetzt wurde. Ein paar Mal harkt der Gesprächspartner hinter der Kamera nach - nur wenn es persönlich wird, denn dann weicht der Banker aus und weigert sich schließlich, weiter über dieses Thema zu sprechen. Und dies sagt vielleicht mehr über ihn aus, als es eine Antwort getan hätte. MASTER OF THE UNIVERSE ist ein formal kühn gestalteter Dokumentarfilm, bei dem die Stilisierung aber nie vom Inhalt ablenkt. Und die Botschaft ist beängstigend.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)