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„Mord im Orient Express“-Filmkritik: Noch ein Zug, der zu spät kommt?

„Mord im Orient Express“-Filmkritik: Noch ein Zug, der zu spät kommt?

Kenneth Branagh legt eine Neuverfilmung des Agatha Christie-Klassikers „Mord im Orientexpress“ vor. Der Film trumpft dabei mit einem echten Star-Ensemble auf. Doch lohnt sich ein Blick sowohl für Fans von Agatha Christie als auch für Freunde moderner Krimis?

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„Mord im Orient Express“: Handlung

Eigentlich möchte sich der weltberühmte Detektiv Hercule Poirot bloß einen Urlaub gönnen. In Jerusalem hat er gerade den Religionsfrieden gerettet, indem er einen hochdelikaten Diebstahl aufgeklärt hat. Nun ist Poirot (Kenneth Branagh) erschöpft. Der nächste Fall ruft ihn jedoch schon nach London. Da lädt ihn der Eisenbahndirektor Bouc (Tom Bateman) ein, das Nützliche mit dem Bequemen zu verbinden: Im luxuriösen Orient Express könne Poirot drei Tage ausspannen, bevor er in London ankomme. Doch die Arbeit scheint ihn bis in den Zug zu verfolgen.

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Auf der Fahrt durch Jugoslawien wird die Bahnstrecke von einer Lawine versperrt. Der Orient Express bleibt liegen. Während vor den Fenstern ein Schneesturm tobt, erhitzt sich die Stimmung im Inneren. Der Kunsthändler Mr. Ratchett (Johnny Depp) bittet Poirot um Hilfe, er wird von Unbekannten bedroht. In der Nacht darauf wird Mr. Ratchett brutal ermordet. Der Mörder befindet sich noch unter den Fahrgästen. Potenziell ist jeder Mitfahrer verdächtig — stöhnend nimmt Poirot die Ermittlungen auf. Der Fall wird ihn an seine Grenzen bringen.

„Mord im Orient Express“: Alle Verdächtigen im Überblick

„Mord im Orient Express“-Filmkritik: Warum ihr den Film in jedem Fall sehen solltet (Teresa Otto)

Wenn Kenneth Branagh zur Fahrt im Orient Express einlädt, dann folgen die Stars in Scharen. Johnny Depp, Michelle Pfeiffer, Willem Dafoe, Penélope Cruz, Judi Dench sind in der Neuverfilmung dabei — um nur die Oscar-Anwärter vergangener Tage zu nennen. Hier versteht jeder sein Handwerk, egal ob jung oder alt, mit Preisen überschüttet oder noch neu im Geschäft. Das Kammerspiel-Szenario liefert dem Star-Ensemble genug Reibungspunkte, um gekonnt aufzuspielen. Ob Johnny Depp als schmieriger Mr. Ratchett, Olivia Colman als zurückhaltende Kammerzofe, Daisy Ridley als bodenständige Miss Debenham oder Michelle Pfeiffer als Mrs. Hubbard — die Darsteller zeigen sich in Höchstform und harmonieren gut miteinander.

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Sicher, die Geschichte hat vermutlich jeder einmal in einer früheren Verfilmung gesehen oder selbst gelesen. Doch nicht umsonst gehört der Roman von Agatha Christie aus dem Jahr 1934 zu einem ihrer berühmtesten. Die Auflösung ist auch heute noch einprägsam wie keine zweite und wird von Branagh mit Bravour inszeniert. Das letzte Verhör ist eine einzige Anspielung an ein berühmtes Bild von Da Vinci, der Mord selbst wird als intensive Schwarz-Weiß-Rückblende erzählt.

Der Regisseur und Hauptdarsteller liefert einen detailverliebten Film und lässt als Hercule Poirot seinen Witz, Charme und die Integrität der Rolle nicht zu kurz kommen. Schrullig wie man ihn sich vorstellt, geht er ans Werk und sorgt in der emotionalen wie schicksalsträchtigen Zugfahrt auch für komische Momente. Abgerundet wird das Ganze durch tolle Kamerafahrten, die den Verdächtigen sprichwörtlich den Ausweg versperren als auch den Zuschauer zum Miträtseln einladen.

Fazit: Für „Mord im Orient Express“ spricht vor allen der Cast, der nicht nur in Einzelverhörs seine Klasse unter Beweis stellt, sondern seinen Charme im Ensemble ausspielt. Der Kriminalstoff ist nicht umsonst als Klassiker in die Geschichte eingegangen, die Auflösung auch heute noch famos. Regisseur und Hauptdarsteller Kenneth Branagh präsentiert sich würdig in seiner Doppelrolle, vereint Spannung mit Unterhaltung und verkörpert den Meisterdetektiv mit der nötigen Finesse und Klasse.

„Mord im Orient Express“-Trailer

„Mord im Orient Express“-Filmkritik: Warum ihr den Film nicht sehen solltet (Johannes Spengler)

Moment, ist „Mord im Orient Express“ nicht dieser 1970er-Jahre Krimi, der an Feiertagen gerne mal im Fernsehen kommt? In einem Hollywood-Umfeld, in dem die meisten Filme langsam den zweistelligen Bereich der Titel-Nummern knacken oder sich als Reboot der Neuverfilmung eines Reboots herausstellen, ist es nicht sonderlich originell, den meistverfilmten AgathaChristie-Krimi noch einmal aufzuwärmen — immerhin gibt es bereits den Klassiker mit Albert Finney, Sean Connery und Ingrid Bergman, eine Fernsehverfilmung aus dem Jahr 2001, eine japanische Adaption sowie eine Langfolge der TV-Serie „Agatha Christie: Poirot“.

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Fragt sich also, wer ist das Publikum der Neuverfilmung? Fans von Agatha Christie haben bereits genug Filmmaterial um mindestens bis zum nächsten Weihnachten vollauf beschäftigt zu sein. Wer kein Fan ist, aber gerne Krimis schaut, darf von „Mord im Orient Express“ nichts Neues erwarten. Es handelt sich um einen ganz klassischen Zwei-Zeitebenen-Krimi, der Mord in der Vergangenheit wird von Poirot in der Gegenwart aufgedeckt und dem Publikum mit jedem Ermittlungsschritt in Schwarz-Weiß ein bisschen mehr präsentiert. Doch wer rätselt da eigentlich noch mit?

Mal abgesehen davon, dass „Mord im Orient Express“ eine Uraltgeschichte in hübscheren Gewändern ist, mag so gut wie gar keine Spannung aufkommen. Denn das Whodunit (dt.: Wer ist es gewesen) hat sich ausgespielt. Branagh verändert die Vorlage nur minimal, legt zwar einen klugen Fokus auf den zugegebenermaßen ziemlich charmanten und toll gespielten Poirot, kann aber das längst abgelaufene Verfallsdatum der Geschichte nicht zurückdrehen. Da spielt es gar nicht mal so eine große Rolle, dass einige Mörder-Kandidaten vom Film viel zu schnell abgehandelt werden, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

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Fazit: Gegen „Mord im Orient Express“ spricht, dass der tolle Cast teilweise zu hastig in die Geschichte geworfen wird. Gleichzeitig sind manche Einstellungen des Filmes so edel wie die Sterne-Menüs im Bordrestaurant. Doch wenn es sich dabei bloß um Aufgewärmtes vom Vortag handelt, schmeckt das Süppchen trotzdem etwas fad.

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